Übersicht über die wesentlichen Inhalte des Mindestlohngesetzes sowie die damit zusammenhängenden gesetzlichen Regelungen

trudy-talks.de  imagesSeit dem 01.01.2015 gibt es in Deutschland einen gesetzlichen, flächendeckenden und weitgehend branchenunabhängigen Mindestlohn für Arbeitnehmer. Danach haben grundsätzlich alle abhängig beschäftigten Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Entlohnung von wenigstens 8,50 EUR brutto je Arbeitsstunde. Hintergrund ist das sog. Mindestlohngesetz (MiLoG), welches wiederum Bestandteil des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie ist.

Unabhängig vom Mindestlohn verbleibt es bei der bisherigen Rechtsprechung zum sittenwidrig geringen Entgelt (§ 138 BGB), d. h. neben dem Mindestentgelt nach § 1 MiLoG bildet die Sittenwidrigkeit eine (weitere) Untergrenze der Vergütung.

Mit dem MiLoG wurde das MiArbG (Gesetz über die Festsetzung von Mindestarbeitsbedingungen) aufgehoben.

Der Mindestlohn ist unabdingbar, der Arbeitnehmer kann auf Mindestlohn nicht verzichten (§ 3 MiLoG). Alle Abreden die darauf hinauslaufen, den Mindestlohn freiwillig zu unterschreiten, werden demnach – von den noch zu besprechenden Ausnahmen abgesehen – keine Wirksamkeit erlangen können.

Die nachfolgende Übersicht mit dem Stand vom 06.01.2015 gibt auf über 20 aktuelle Fragen zum Mindestlohn umfangreiche Antworten und einen Überblick über die wesentlichen Inhalte des Mindestlohngesetzes sowie den damit zusammenhängenden gesetzlichen Regelungen.

Die Zusammenstellung wurde von den Arbeitsrechtlern der ETL European Tax & Law e. V., Verwaltung Berlin, Mauerstraße 86-88, 10117 Berlin, erarbeitet und hier mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt.

Zur Kenntnis nehmen sollte der Leser, dass so große Arbeitsrecht-Kanzleien ihr Geld natürlich mit den Ratschlägen für die Unternehmen verdienen. Hier wird das Thema von der anderen Seite her gedacht behandelt.

Aber gerade deshalb ist die Übersicht für Gewerkschafter, Betriebs- und Personalräte so interessant.

Achtung:

Einschätzung der Rechtslage durch die Autoren. An zahlreichen Stellen wird es auch zukünftig Unsicherheiten geben, die letztlich erst durch eine höchstrichterliche Entscheidung abschließend geklärt werden können. Zahlreiche Fragen sind ungeklärt. Unsere Ausführungen erheben nicht den Anspruch, dass sie in allen Punkten zutreffend sind bzw. sich zukünftig als zutreffend herausstellen werden. Das ist aufgrund der sehr unsicheren Rechtslage derzeit leider nicht möglich.

  1. Ab wann gilt das Gesetz?

Der Bundestag hat das Gesetz am 03.07.2014 verabschiedet. Der Bundesrat hat am 11.07.2014 zugestimmt. Das Gesetz ist am 16.08.2014 in Kraft treten. Der Mindestlohn von 8,50 EUR brutto ist ab 01.01.2015 zu gewähren.

  1. Wen betrifft das Gesetz?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geht davon aus, dass infolge der Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns mehrere Millionen Beschäftigte einen höheren Lohn erhalten werden. Aufgrund einiger Ausnahmeregelungen (siehe dazu nachfolgend Punkt 3.) ist die genaue Zahl der betroffenen Arbeitnehmer derzeit nicht sicher vorherzusagen.

  1. Gibt es Ausnahmen vom Mindestlohn?

Ja, es gibt Ausnahmen vom gesetzlichen Mindestlohn. Diese sind aber auf einige wenige Fallgruppen beschränkt. Die bedeutsamsten Ausnahmen lauten:

  • Kinder und Jugendliche im Sinne des Jugendarbeitsschutzgesetzes ohne Berufsabschluss (= Menschen unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung)
  • Auszubildende
  • Ehrenamtlich tätige Arbeitnehmer
  • Praktikantinnen und Praktikanten, die ein verpflichtendes Praktikum im Rahmen von Schule, Ausbildung oder Studium absolvieren oder ein Schnupper- bzw. Orientierungspraktikum für die Wahl einer Ausbildung machen; Gleiches gilt für freiwillige Praktika mit Ausbildungsbezug im Studium oder in der Ausbildung. Berufspraktische Phasen im Rahmen von Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung nach SGB III und im Rahmen von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach den SGB II fallen wahrscheinlich nicht unter das MiLoG, d. h. hier ist kein Mindestentgelt nach MiLoG zu bezahlen, denn es handelt sich hierbei nicht um Rechtsverhältnisse, die dem Arbeitsrecht im eigentlichen Sinne unterfallen (siehe auch Düwel, DB 2014, 2047, 2049). ACHTUNG 1: Einige Praktika unterfallen nur bis max. drei Monate nicht unter das MiLoG, bei anderen ist ggf. auch ein Zeitraum von mehr als drei Monaten vom MiLoG ausgenommen (siehe hierzu im Einzelnen § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG). Voraussetzung ist in jedem Fall, dass es sich um ein Praktikum im rechtlichen Sinne und nicht um ein verdecktes Arbeitsverhältnis handelt. Ist Letzteres der Fall, ist auch das Mindestentgelt von 8,50 EUR brutto/Stunde zu zahlen. Im Übrigen kann eine angemessene Vergütung geschuldet sein, siehe hierzu § 17 i.V.m. § 26 BBiG. ACHTUNG 2: Im Zuge des Mindestlohngesetzes hat der Gesetzgeber auch eine Änderung des Nachweisgesetzes veranlasst. Wer einen Praktikanten einstellt, hat unverzüglich nach Abschluss des Praktikumsvertrages, spätestens vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Praktikanten auszuhändigen. Diese Regelungen sind bereits seit 16.08.2014 in Kraft (siehe zu den Fragen nach den neuen Regeln für Praktikanten auch den Beitrag von Düwel in DB 2014, S. 2047 ff.).
  • Langzeitarbeitslose, die in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden sollen. Für sie gilt der Anspruch auf den Mindestlohn für die ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung nicht.
  • Saisonarbeiter: Für sie gilt das Mindestentgelt von 8,50 EUR brutto zwar ab 01.01.2015, allerdings sind sie für max. 70 Tage von der Sozialversicherungspflicht befreit.
  • Zeitungszusteller: Hier wird das Mindestentgelt von 8,50 EUR schrittweise eingeführt. Uneingeschränkt gilt es erst ab dem Jahr 2017. Verleger dürfen demnach für Mini-Jobber im ersten Jahr 25 Prozent unter 8,50 EUR/Stunde zahlen, im zweiten Jahr werden es noch 15 Prozent weniger sein. Von 2017 an gilt dann auch hier der Mindestlohn, dies unter Beachtung etwaig bis dahin beschlossener Anhebungen des Mindestentgelts.

ACHTUNG: Das Mindestentgelt von 8,50 EUR gilt nach dem Gesagten im Übrigen grundsätzlich unabhängig von der Qualifikation des Arbeitnehmers. Ein fehlender Berufsabschluss, ungenügende Sprachkenntnisse oder gar die Herkunft des Arbeitnehmers aus einem anderen Land rechtfertigen keine Ausnahme von der Verpflichtung zur Zahlung von 8,50 EUR brutto je Arbeitsstunde.

  1. Was bedeutet Arbeitszeit im Sinne des MiLoG? Was gilt für den Bereitschaftsdienst und die sog. Rufbereitschaft? Wie sind Wegezeiten zu vergüten? Welche Besonderheiten gelten für den Bereich der Pflege?

Das MiLoG sieht vor, das der Arbeitnehmer 8,50 EUR brutto je Stunde geleisteter Arbeit zu bekommen hat. Was unter den Begriff der Arbeitszeit fällt, ist schon häufiger Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen. Insoweit muss im Wesentlichen auf den aktuellen Stand der Rechtsprechung verwiesen werden.

Grundsätzlich fällt unter den Mindestlohn nach MiLoG sog. Vollarbeit, d. h. alle Zeiten, in denen bzw. während derer der Arbeitnehmer tatsächlich Arbeit verrichtet. Pausenzeiten sind grundsätzlich nicht zu vergüten

a) Bereitschaftsdienst / Rufbereitschaft / Wegezeiten

aa) Bereitschaftsdienst

Zeiten des sog. Bereitschaftsdienstes zählen nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) zur Arbeitszeit.

Bereitschaftsdienst leistet ein Arbeitnehmer dann, wenn er sich außerhalb seiner regulären Arbeitszeit an einem durch den Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten hat, um auf Anweisung des Arbeitgebers seine Arbeit unverzüglich aufnehmen zu können. Bereitschaftsdienst stellt somit eine Beschränkung des Aufenthalts dar, verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf tätig zu werden.

Solche Zeiten dürfen außerhalb des MiLoG grundsätzlich in einem angemessenen Umfange geringer vergütet werden als dies bei regulärer Arbeit der Fall ist (Einzelfallfrage!). Ob das ohne Besonderheiten auf Fragen des Mindestentgelts nach MiLoG zu übertragen, ist derzeit nicht abschließend geklärt. Allerdings deutet eine aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.11.2014 darauf hin, dass Bereitschaftsdienst ebenfalls mit wenigstens 8,50 EUR brutto zu vergüten ist (BAG, Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12).

ACHTUNG: Bereitschaftsdienstzeiten könnten etwa für die Taxibranche einen Einstieg in eine Vergütung unterhalb von 8,50 EUR brutto bieten. Gleiches mag auf Pizzaboten und vergleichbare Tätigkeiten gelten, bei denen in nennenswertem Umfang Bereitschaftsdienst anfällt. Die erwähnte Entscheidung des BAG lässt da aber wenig Hoffnung für Arbeitgeber aufkommen. Anderes gilt nur für die Pflegebranche (dazu mehr unter nachfolgend b)).

bb) Rufbereitschaft

Bereitschaftsdienst darf nicht mit Rufbereitschaft verwechselt werden! Letztere ist keine Arbeitszeit im Sinne des ArbZG. Bei der Rufbereitschaft ist eine Anwesenheit am oder in der Nähe des eigentlichen Arbeitsplatzes nicht gefordert (der Arbeitnehmer kann sich also ggf. auch zu Hause aufhalten); es genügt, dass der Arbeitnehmer erreichbar ist und innerhalb einer bestimmten Zeitspanne die Arbeit aufnehmen kann.

Wir gehen davon aus, dass die Unterschiede zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft beim Verständnis der öffentlich-rechtlich maßgeblichen Arbeitszeit nach dem ArbZG auch Bedeutung für die privatrechtliche Frage nach der ausreichenden Vergütung besitzen werden. Das wiederum hätte zur Folge, dass Rufbereitschaft nicht zwingend mit wenigstens 8,50 EUR brutto/Stunde zu vergüten wäre.

cc) Wegzeiten

Die Vergütung von Wegezeiten folgt nach unserer Auffassung grundsätzlich den allgemeinen arbeitsrechtlichen Regeln. Das bedeutet u. a., dass für die Fahrt von der Wohnung des Arbeitnehmers zum Arbeitsplatz grundsätzlich kein Arbeitsentgelt und mithin auch kein Mindestlohn nach MiLoG geschuldet werden. Fährt der Arbeitnehmer hingegen von Kunde A zu Kunde B, ist das prinzipiell Arbeitszeit und ist entsprechend mit wenigstens 8,50 EUR brutto/Stunde zu vergüten.

b) Besonderheiten in der Pflege

Das LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 28.11.2012 – 4 Sa 48/12) hat für den Bereich der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche, sog. Pflegearbeitsbedingungen­verordnung (PflegeArbbV), entschieden, dass Bereitschaftsdienst uneingeschränkt mit dem Mindestentgelt, welches für pflegerische Tätigkeiten zu entrichten ist, zu entlohnen ist. Die Regelung über das Mindestentgelt in der Pflegebranche differenziere nicht nach der Art der Tätigkeit. Deshalb seien im Bereitschaftsdienst erbrachte Arbeitsleistungen mit demselben Mindestentgeltsatz zu vergüten wie Arbeitsleistungen während der Vollarbeitszeit. Diese Auffassung bestätigt das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urt. v. 19.11.2014 – 5 AZR 1101/12). Das Mindestentgelt nach § 2 der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (PflegeArbbV) vom 15. Juli 2010 ist demnach nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für den Bereitschaftsdienst zu zahlen. Das dürfte dann auch für das MiLoG gelten!

ACHTUNG: Nunmehr, d. h. ab 01.01.2015, gelten für die Pflegebranche aufgrund der Zweiten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen (2. PflegeArbbV) vom 27.11.2014 zahlreiche Besonderheiten. Das betrifft unter anderem den Bereitschaftsdienst (siehe nachfolgend dd)). Die wesentlichen Regelungen der zweiten PflegeArbbV lauten:

aa) Geltungsbereich der 2. PflegeArbbV

Die Verordnung gilt für Pflegebetriebe. Dies sind Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen oder ambulante Krankenpflegeleistungen für Pflegebedürftige erbringen. Keine Pflegebetriebe in diesem Sinne sind Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker oder behinderter Menschen im Vordergrund des Zwecks der Einrichtung stehen, sowie Krankenhäuser.

Die Verordnung gilt für alle Arbeitnehmer. Sie gilt nicht für Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz sowie Pflegeschüler. Zudem gilt die 2. PflegeArbbV nicht für Arbeitnehmer der Pflegebetriebe in den Bereichen Verwaltung, Haustechnik, Küche, hauswirtschaftliche Versorgung, Gebäudereinigung, Empfangs- und Sicherheitsdienst, Garten- und Geländepflege, Wäscherei sowie Logistik.

Abweichend von vorstehendem Absatz gilt die Verordnung für Arbeitnehmer soweit sie im Rahmen der von ihnen auszuübenden Tätigkeiten in nicht unerheblichem Umfang gemeinsam mit Bewohnern tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig werden, insbesondere als Alltagsbegleiter, Betreuungskräfte von Menschen mit dementiellen Erkrankungen oder Assistenzkraft.

Für Betreuungskräfte von Menschen mit erheblichem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung (§ 87b SGB  XI) und für Arbeitnehmer nach vorstehendem Absatz ist die Verordnung ab dem 1. Oktober 2015 anzuwenden.

Die Verordnung findet für eine berufliche Orientierungsphase, die als Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist, für die Dauer von bis zu sechs Wochen keine Anwendung.

bb) Mindestvergütung in der Pflege

Das Mindestentgelt beträgt im Gebiet der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein

– ab 1. Januar 2015: 9,40 Euro je Stunde,

– ab dem 1. Januar 2016: 9,75 Euro je Stunde,

– ab dem 1. Januar 2017: 10,20 Euro je Stunde.

Das Mindestentgelt beträgt im Gebiet der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

– ab dem 1. Januar 2015: 8,65 Euro je Stunde,

– ab dem 1. Januar 2016: 9,00 Euro je Stunde,

– ab dem 1. Januar 2017: 9,50 Euro je Stunde.

cc) Wegezeiten in der Pflege

Die 2. PflegeArbbV sieht vor, dass das maßgebliche Mindestentgelt auch für Wegezeiten zwischen mehreren aufzusuchenden Patienten sowie gegebenenfalls zwischen diesen und den Geschäftsräumen des Pflegebetriebs zu zahlen ist.

dd) Bereitschaftsdienstzeiten in der Pflege

Bereitschaftsdienste im Sinne der 2. PflegeArbbV leisten Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens 75 Prozent beträgt. Sie sind im Dienstplan zu hinterlegen. Zum Zwecke der Entgeltberechnung kann die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit auf der Grundlage einer kollektivrechtlichen oder einer schriftlichen einzelvertraglichen Regelung mit mindestens 25 Prozent als Arbeitszeit bewertet werden. Leistet der Arbeitnehmer in einem Kalendermonat mehr als acht Bereitschaftsdienste, so ist die Zeit eines jeden über acht Bereitschaftsdienste hinausgehenden Bereitschaftsdienstes zusätzlich mit mindestens 15 Prozent als Arbeitszeit zu bewerten. Umfasst die Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes mehr als 25 Prozent, ist die darüber hinausgehende Arbeitsleistung zusätzlich mit dem Mindestentgelt zu vergüten.

ee) Rufbereitschaft in der Pflege

Von der 2. PflegeArbbV werden Zeiten der Rufbereitschaft nicht erfasst.

Rufbereitschaft im Sinne der Verordnung leisten Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen.

Das Vorliegen von Rufbereitschaft in diesem Sinne ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass Arbeitnehmer vom Arbeitgeber mit einem Mobiltelefon oder einem vergleichbaren technischen Hilfsmittel ausgestattet ist.

Im Falle einer Arbeitsaufnahme ist die geleistete Arbeitszeit mindestens in Höhe des für reguläre Arbeit maßgeblichen Mindestentgelts zu vergüten.

ff) Fälligkeit der Vergütung in der Pflege / Arbeitszeitkonto

Auch mit Blick auf die Fälligkeit der Vergütung gibt es in der 2. PflegeArbbV besondere Regelungen. Demnach wird das Mindestentgelt für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu zahlen ist.

Über die vertraglich vereinbarte Stundenzahl hinausgehende Arbeitsstunden können auf der Grundlage schriftlicher einzelvertraglicher oder kollektivrechtlicher Vereinbarungen bis zu einer Gesamthöhe von 225 Arbeitsstunden in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Im Falle einer Überschreitung der genannten Stundenobergrenze gilt für die Fälligkeit des Anspruchs auf Vergütung dieser Arbeitsstunden der 15. des Folgemonats als maßgebliches Datum. Der Ausgleich solcher Stunden kann durch Auszahlung des auf die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden entfallenden Entgelts oder durch bezahlte Freizeit erfolgen. Die Obergrenze von 225 Arbeitsstunden gilt nicht, wenn der Ausgleich der über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden zum Ende eines Ausgleichszeitraums mit einer Länge von höchstens 16 Monaten in der Arbeitszeitkontenvereinbarung vereinbart ist. Der Anspruch auf Vergütung von Arbeitsstunden, die in ein Arbeitszeitkonto eingestellt wurden und nicht innerhalb des vorgesehenen Ausgleichszeitraums ausgeglichen wurden, wird mit Ablauf des für diese Arbeitsstunden geltenden Ausgleichszeitraums fällig. Die Obergrenze von 225 Stunden gilt auch nicht für Wertguthaben auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes, der §§ 7b und 7e SGB IV oder einer im Hinblick auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbaren ausländischen Regelung.

Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen.

gg) Ausschlussfrist nach der 2. PflegeArbbV

Die Ansprüche auf das Mindestentgelt nach der 2. PflegeArbbV verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

  1. Wie steht es um die Vergütung von Ehegatten und sonstigen Familienangehörigen?

Wenn Eheleute miteinander einen Arbeitsvertrag vereinbart haben, so unterfällt auch dieser Vertrag den Regeln über den Mindestlohn. Eine Besonderheit gilt nur dort, wo ein Ehepartner zugunsten des anderen (unentgeltlich oder für ein sog. Taschengeld) Arbeiten verrichtet, zu denen er – der Tätige – unterhaltsrechtlich verpflichtet ist. Dann liegt schon kein Arbeitsverhältnis vor und folglich wird auch kein Mindestentgelt geschuldet. Nichts anderes gilt für sonstige Familienangehörige. Auch hier ist maßgeblich, ob es eine Unterhaltspflicht gibt und ob in deren Rahmen die Arbeit geleistet wird. Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, unterliegt dieses den Regeln über den Mindestlohn.

  1. Was ist mit Tarifentgelten?

Es gilt für einige wenige Mindestlohntarifverträge eine Übergangsfrist. In einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2016 sind tarifliche Abweichungen allein auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (wegen der Lohnuntergrenze bei Leiharbeit) erlaubt. Ab dem 1. Januar 2017 wird der allgemein verbindliche Mindestlohn ohne jede Einschränkung gelten, spätestens dann müssen immer wenigstens 8,50 EUR brutto gezahlt werden.

Rechtsgrundlage für die Unterschreitung des Mindestlohns aufgrund Tarifvertrages ist § 24 MiLoG. Die Bestimmung lautet:

(1) Bis zum 31. Dezember 2017 gehen abweichende Regelungen eines Tarifvertrages repräsentativer Tarifvertragsparteien dem Mindestlohn vor, wenn sie für alle unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages fallenden Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland sowie deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich gemacht worden sind; ab dem 1. Januar 2017 müssen abweichende Regelungen in diesem Sinne mindestens ein Entgelt von brutto 8,50 Euro je Zeitstunde vorsehen. Satz 1 gilt entsprechend für Rechtsverordnungen, die auf der Grundlage von § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes sowie § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassen worden sind.

(2) Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller haben ab dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf 75 Prozent und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 beträgt der Mindestlohn für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller im Sinne der Sätze 1 und 2 sind Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt.

Nach unserem Kenntnisstand sind folgende Branchen aktuell solche, bei denen legal unterhalb von brutto 8,50 EUR/Stunde vergütet werden darf:

  • Fleischindustrie (West und Ost): 8,00 EUR
  • Friseure (bis 07/2016): 8,00 EUR (West), 7,50 EUR (Ost)
  • Land- und Forstwirtschaft, Gartenbau: im Westen ab 01.01.2015 7,40 EUR, ab 01.01.2016 8,00 EUR, im Osten (einschließlich Berlin) ab 01.01.2015 7,20 EUR und ab 01.01.2016 7,90 EUR
  • Leiharbeit/Zeitarbeit (Ost, einschl. Berlin): 7,86 EUR (bis 04/2015)
  • Textil- und Bekleidungsindustrie (Ost): 7,.50 EUR (ab 01.01.2015), 8,25 EUR (ab 01.01.2016), 8,75 EUR (ab 01.11.2016)
  • Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft (Ost, einschl. Berlin): 8,00 EUR (bis 07/2016)
  • Zeitungszusteller (siehe dazu auch unsere Ausführungen unter oben Punkt 3.)

ACHTUNG: Die gemachten Angaben sind ohne Gewähr der Richtigkeit. Da sich die Dinge hier nahezu täglich ändern, informieren Sie sich bitte immer vor endgültiger Festlegung einer bestimmten Vergütung!

  1. Was ist mit Minijobbern (Aushilfen) und Rentnern? / Aufzeichnungspflichten nach § 17 MiLo

a Minijobber und Rentner

Auch Minijobber haben unter Beachtung der bereits erwähnten Ausnahmen einen Anspruch auf Mindestlohn. Dabei wird wahrscheinlich allein auf den konkreten (Netto-)Entgeltbetrag abgestellt werden müssen; eine Hochrechnung auf ein fiktives Bruttoentgelt wird von der derzeit maßgeblichen, herrschenden Meinung abgelehnt.

Das bedeutet: Für Minijobber ist grundsätzlich das ausbezahlte Entgelt (bis zu 450 EUR/Monat) durch die Zahl gearbeiteten Stunden zu teilen. Dabei muss sich ein Mindestentgelt von 8,50 EUR ergeben.

Beispiel: Bei einer Arbeitszeit von 60 Stunden monatlich und einer Vergütung von 450,00 EUR ergibt sich ein Stundenentgelt von 7,50 EUR; hier wird der Mindestlohn um einen EUR/Stunde unterschritten!

ACHTUNG: Minijobber sind grundsätzlich rentenversicherungspflichtig, wenn nicht der Minijobber dies ausdrücklich abwählt. Ohne Abwahl wird natürlich eine geringere Vergütung als 450,00 EUR an den Minijobber ausgezahlt werden, mithin ist dann die Formel 450,00 brutto = 450,00 EUR netto zu korrigieren.

Für Rentner gilt das Gesetz ebenso wie für alle anderen Arbeitnehmer. Allein das Erreichen oder Überschreiten einer bestimmten Lebensaltersgrenze rechtfertigt nicht die Unterschreitung des Mindestentgelts von 8,50 EUR brutto je Arbeitsstunde.

b) Aufzeichnungspflichten nach § 17 MiLoG

Für Minijobber bzw. geringfügig Beschäftigte ist zudem § 17 MiLoG (Aufzeichnungspflichten) zu beachten. Dort heißt es in den Absätzen 1 und 2 ausschnittsweise:

(1) Ein Arbeitgeber, der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 8 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (…) beschäftigt, ist verpflichtet, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt aufzubewahren. (…). Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsverhältnisse nach § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch.

(2) Arbeitgeber im Sinne des Absatzes 1 haben die für die Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtungen nach § 20 in Verbindung mit § 2 erforderlichen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache für die gesamte Dauer der tatsächlichen Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Geltungsbereich dieses Gesetzes, mindestens für die Dauer der gesamten Werk- oder Dienstleistung, insgesamt jedoch nicht länger als zwei Jahre, bereitzuhalten. Auf Verlangen der Prüfbehörde sind die Unterlagen auch am Ort der Beschäftigung bereitzuhalten.

Zu den Aufzeichnungspflichten im Übrigen siehe nachfolgend Ziffer 14 g).

  1. Und was ist mit freien Mitarbeitern?

Freie Mitarbeiter unterfallen nicht dem gesetzlichen Mindestlohn. Es muss aber immer gesichert sein, dass es sich wirklich um einen selbständig Beschäftigten und nicht um einen Arbeitnehmer handelt. Maßgeblich wird wahrscheinlich der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff und nicht der im Sozialrecht bedeutsame Begriff des abhängig Beschäftigten sein. Im Zweifelsfall empfehlen wir die Einschaltung unserer Statusprüfstelle.

Auf gar keinen Fall sollte vorschnell aus einem Arbeitnehmer ein freier Mitarbeiter gemacht werden. Hier drohen betroffenen Arbeitgebern unter Umständen erhebliche finanzielle Schäden!

  1. Gibt es auch einen Mindestlohn oberhalb der 8,50 EUR?

Ja, es gibt in vielen Fällen einen Anspruch auf einen Mindestlohn, der mehr als 8,50 EUR beträgt! Ein branchenweiter und von der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft unabhängiger Anspruch auf einen Mindestlohn von mehr als 8,50 EUR kann sich durch einen nach § 5 Tarifvertragsgesetz (TVG) allgemeinverbindlichen oder durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aufgrund des Arbeitnehmerentsendegesetzes für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag ergeben.

Neben den genannten Möglichkeiten eines Anspruchs auf Mindestlohn gibt es indirekt einen Anspruch auf eine Art gesetzlichen Mindestlohn, ggf. auch oberhalb von 8,50 EUR. Grundlage ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu § 138 BGB (Sittenwidrigkeit). So hat das BAG etwa am 18.04.2012 – 5 AZR 630/10 – wie folgt entschieden:

Der objektive Tatbestand sowohl des Lohnwuchers (§ 138 Abs. 2 BGB) als auch des wucherähnlichen Geschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) setzt ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Dies ist der Fall, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines im betreffenden Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht.

  1. Was ist mit Arbeit an Sonntagen und Feiertagen? Was gilt für Nachtarbeit?

Nach dem Gesetz ist Arbeit an Sonn- und Feiertagen nicht zuschlagspflichtig zu vergüten. Das hat zur Folge, dass für Arbeiten an diesen Tagen das übliche Entgelt, zukünftig in der Regel wenigstens 8,50 EUR brutto gezahlt werden müssen. Sieht etwa ein Arbeitsvertrag oder ein Tarifvertrag einen Zuschlag für Arbeiten an Sonn- und Feiertagen vor, so wird seitens des Arbeitgebers natürlich auch der Zuschlag geschuldet. Das gilt zudem in allen Fällen, in denen aufgrund geübter Praxis eine sog. betriebliche Übung zugunsten des Arbeitnehmers entstanden ist; dann sind solche Zuschläge solange auch zukünftig zu gewähren, bis es zu einer hiervon abweichenden Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gekommen ist.

Für Nachtarbeit gilt Besonderes. Hier sieht das Gesetz ausdrücklich einen zusätzlichen, angemessenen Ausgleich vor. Nachtarbeit im Sinne des maßgeblichen Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien die Zeit von 22 bis 5 Uhr (§ 2 Abs. 3 ArbZG). Für Nachtarbeit gilt § 6 Abs. 5 ArbZG:

Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.

Vorstehend zitierte Regelung bedeutet in der Praxis für Fälle, in denen ein finanzieller Zuschlag gewährt wird, in der Regel einen Aufschlag von 25% auf das übliche Entgelt. Für das gesetzliche Mindestentgelt in Höhe von 8,50 ER heißt das eine Mindestvergütung von 8,50 EUR zzgl. (gerundet) 2,13 EUR = 10,63 EUR insgesamt.

Nach § 2 Abs. 4 ArbZG umfasst Nachtarbeit jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit umfasst.

ACHTUNG: Die 25% sind eine Art Faustformel. Im Einzelfall kann es zu anderen Ergebnissen kommen. Selbstverständlich können beispielweise Tarifverträge auch höhere Zuschläge vorsehen. Des Weiteren darf das Arbeitsrecht nicht mit dem Steuerrecht verwechselt werden. Für Letzteres ist v. a. § 3b EStG (Einkommensteuergesetz) maßgeblich. § 3b EStG lautet:

(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie 1. für Nachtarbeit 25 Prozent,

  1. vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent,
  2. vorbehaltlich der Nummer 4 für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen 125 Prozent,
  3. für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 Prozent

des Grundlohns nicht übersteigen.

(2) Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen. 2Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr. 3Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen Tages. 4Die gesetzlichen Feiertage werden durch die am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften bestimmt.

(3) Wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wird, gilt abweichend von den Absätzen 1 und 2 Folgendes:

  1. Für Nachtarbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr erhöht sich der Zuschlagssatz auf 40 Prozent,
  2. als Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit gilt auch die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr des auf den Sonntag oder Feiertag folgenden Tages.
  1. Was heißt das jetzt konkret?

Ab dem 01.01.2015 steht grundsätzlich allen abhängig Beschäftigten ein Anspruch auf eine Vergütung von wenigstens 8,50 EUR brutto je gearbeitete Stunde zu. Das führt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden wöchentlich zu einem monatlichen und durchschnittlichen Mindestentgeltanspruch in Höhe von 1.471,31 EUR brutto (8,50 EUR x 173,33 Stunden/Monat).

ACHTUNG: In starken Monaten kann es natürlich ohne weiteres zu einer weit höheren Mindestvergütung als die genannten 1.471,31 EUR brutto kommen! So beträgt das Mindestentgelt bei 23 Arbeitstagen in Vollzeit schon 1.564,00 EUR (23 Arbeitstage x 8 Stunden x 8,50 EUR). Eine Verrechnung mit schwachen Monaten mit z. B. nur 20 Arbeitstagen ist fraglich. Die strikte Festlegung des Gesetzgebers auf einen Mindeststundenlohn und die Fälligkeitsregelung in § 2 MiLoG sprechen eher gegen eine Möglichkeit der Verrechnung. Andererseits hat der Betriebsprüfdienst der DRV (= Rentenversicherung Bund) mitgeteilt, dass er eine verstetigte Bruttoentgeltzahlung akzeptieren wird, wenn denn nach der Formel

wöchentliche Arbeitszeit x 13 : 3

der Mindestlohn gezahlt wird. Ob das auch für eine Prüfung durch den Zoll gilt, ist derzeit offen. Die DRV spricht in diesem Zusammenhang übrigens von einem fiktiven Arbeitszeitkonto(!).

Ggf. kann es sich empfehlen, dass reguläre Arbeitszeitkonten geführt werden (siehe hierzu auch nachfolgend Punkt 14.).

  1. Was ist mit erfolgsabhängigen Entgeltbestandteilen und wie verhält es sich mit sog. Stücklohn?

Die Arbeitsvertragsparteien können unverändert kombiniert fixe und variable Vergütungselemente vereinbaren. Das ist den Erläuterungen des Gesetzgebers in der Gesetzesbegründung eindeutig zu entnehmen (Begründung zum Entwurf des Tarifautonomiestärkungsgesetzes vom 28.05.2014, BT-Drucks. 18/1558, S. 40 zu § 1 Abs. 2 MiLoG). Es gilt aber die Formel:

Durch normale Arbeit muss der Arbeitnehmer eine Vergütung von durchschnittlich 8,50 EUR je gearbeitete Stunde erlangen.

Damit scheidet eine Unterschreitung von 8,50 EUR aufgrund leistungsabhängiger Vergütung grundsätzlich aus (siehe dazu auch Schweibert/Leßmann, DB 2014, 1866 (1868)). Wenn der Arbeitnehmer Leistungsschwankungen aufweist, kann der Arbeitgeber nicht mit einer Herabsenkung der Vergütung je Stunde, sondern letztlich nur mit einer Kündigung reagieren (Schweibert/Leßmann, a.a.O.). Ob diese dann überhaupt wirksam ist, das vor allem mit Blick auf die Anforderungen des etwaig einschlägigen KSchG ist allerdings einzelfallabhängig und sicherlich in zahlreichen Fällen zweifelhaft.

Beim Stücklohn wird der Arbeitnehmer nicht abstrakt für die durch ihn geleisteten Arbeitsstunden vergütet. Er erhält vielmehr ein an den konkreten Ergebnissen seiner Arbeit orientiertes Entgelt (Beispiel: Der Zeitungsausträger bekommt 0,10 EUR je ausgeteiltes Zeitungsexemplar). Hier stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber durch strenge Anforderungen an den Stücklohn die Entgeltgrenze von 8,50 EUR unterlaufen kann. Wir glauben das nicht! Der Arbeitgeber wird zwar unter Geltung des Mindestlohngesetzes einen Stücklohn zahlen können. Es müssen sich jedoch die Vorgaben an die Vergütung je Stück daran orientieren, dass bei normaler Arbeit durch den Arbeitnehmer wenigstens 8,50 EUR brutto durch diesen verdient werden können.

  1. Wie sind Urlaub und Zeiten der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu bewerten?

Während des Urlaubs und während einer durch Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit gilt das sog. Entgeltausfallprinzip. Das hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer auch während dieser Zeiten einen ungekürzten Anspruch auf das übliche Entgelt besitzt. Das schließt natürlich variable Entgeltbestandteile (siehe oben Punkt 12.) grundsätzlich mit ein; eine Kürzung auf das fixe Entgelt ist mithin grundsätzlich nicht möglich. Für die Vergütung des Arbeitnehmers während urlaubsbedingter Abwesenheit ist vor allem § 11 des Bundesurlaubsgesetzes maßgeblich, für die Fälle einer zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung ist der Blick in erster Linie auf § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz zu richten.

  1. Was gilt bei variablen Arbeitszeiten? / Sind Arbeitszeitkonten eine Lösung? Gibt es Aufzeichnungspflichten auch außerhalb des Minijobs?

a) Monatlich schwankende Arbeitsstunden und MiLoG

Vereinbart ein Arbeitgeber mit seinem Arbeitnehmer eine 40-Stunden-Woche, so handelt es sich dabei nicht um eine variable, sondern um eine fixe wöchentliche Arbeitszeit. Allerdings schwankt in einem solchen Fall die monatliche Arbeitszeit. Das liegt an der unterschiedlich hohen Zahl an Arbeitstagen in den einzelnen Monaten. Im Juli werden bis zu 23 Arbeitstage anfallen können, im Februar eines jeden Jahres naturgemäß erheblich weniger. Wie sich das mit dem MiLoG vereinbaren lässt, ist nicht vollständig geklärt. Das gilt vor allem für die Fälle, in denen der Arbeitgeber mehr oder weniger exakt 8,50 EUR/Stunde vergüten möchte.

Beispiel: Im Monat Juli 2015 fallen 23 Arbeitstage an. Das macht bei 8,50 EUR/Stunde und einem 8-Stunden-Arbeitstag 1.564,00 EUR brutto (8,50 x 8 x 23). Würde der Arbeitgeber lediglich ein verstetigtes, d. h. regelmäßiges Entgelt von 1473,31 EUR brutto bezahlen, käme es jedenfalls im Monat Juli 2015 zu einer Unterschreitung des Mindestlohns. Eine Verrechnung mit schwachen Monaten verbietet sich an sich, da das MiLoG eine Fälligkeitsregelung vorsieht (siehe dazu § 2 Abs. 2 MiLoG), die eine monatsgenaue Abrechnung vorzugeben scheint.

b) Lösung 1: Stundenlohn statt monatliches Bruttogehalt

Eine mögliche Lösung der angesprochenen Problematik besteht darin, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer je geleistete Arbeitsstunde 8,50 EUR erhält, was dazu führt, dass monatlich die durch den Arbeitnehmer geleisteten Arbeitsstunden erfasst werden und sodann zur Grundlage der Verdienstabrechnung im jeweiligen Monat gemacht werden müssen. Dann erhält der Arbeitnehmer im Februar 2015 eine unterdurchschnittlich hohe und etwa im Juli 2015 eine überdurchschnittlich hohe Vergütung.

ACHTUNG 1: Soweit zwischen den Arbeitsvertragsparteien bislang ein monatliches Bruttogehalt vereinbart war, müssten die Parteien eine Änderungsvereinbarung mit dem Ziel der Umstellung auf Stundenlohn verabreden.

ACHTUNG 2: Es ist in diesem Zusammenhang keine Lösung, wenn im Arbeitsvertrag vollständig offen bleibt, in welchem Umfang der Arbeitnehmer zu arbeiten hat. Grundsätzlich bedarf jeder Arbeitsvertrag, auch der mit einem sog. Minijobber, einer Angabe, in welchem Umfange sich der Arbeitnehmer verpflichtet zu arbeiten. Das Nachweisgesetz (NachwG) ist da ganz eindeutig (siehe auch § 2 NachwG). Eine Ausnahme bildet die so genannte Abrufarbeit nach § 12 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz).

c) Lösung 2: Es wird das Maximum bezahlt

Die für den Arbeitgeber teuerste Lösung besteht darin, dass der Arbeitgeber der monatlichen Abrechnung das Maximum von 23 Arbeitstagen/Monat zugrunde legt. Dann werden bei einem 8-Stunden-Tag regelmäßig 1.564,00 EUR brutto im Monat zu bezahlen sein (8 x 8,50 x 23).

d) Lösung 3: Zuteilung eines festen monatlichen Stundenkontingents

Soweit es das konkrete Arbeitsverhältnis praktisch möglich macht, kann natürlich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch ein fixes Stundenkontingent von etwa 100 Stunden/Monat vereinbart werden. Dann werden in unserem Beispiel grundsätzlich regelmäßig monatlich 850,00 EUR brutto zu vergüten sein.

e) Lösung 4: Ein Arbeitszeitkonto

Große Unsicherheit gibt es im Hinblick auf die mögliche Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos. Hierzu heißt es im Gesetz (§ 2 MiLoG) unter der Überschrift „Fälligkeit des Mindestlohns“:

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer den Mindestlohn

  1. zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit,
  2. spätestens am letzten Bankarbeitstag (Frankfurt am Main) des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde,

zu zahlen. Für den Fall, dass keine Vereinbarung über die Fälligkeit getroffen worden ist, bleibt § 614 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden und auf einem schriftlich vereinbarten Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden spätestens innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung durch bezahlte Freizeitgewährung oder Zahlung des Mindestlohns auszugleichen, soweit der Anspruch auf den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden nach § 1 Absatz 1 nicht bereits durch Zahlung des verstetigten Arbeitsentgelts erfüllt ist. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen. Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Wertguthabenvereinbarungen im Sinne des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Satz 1 gilt entsprechend für eine im Hinblick auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbare ausländische Regelung.

Besondere Aufmerksamkeit verdient in dem hier angesprochenen Zusammenhang § 2 Abs. 2 MiLoG. Hiernach scheint es so, dass durch die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung eine regelmäßige Vergütung von beispielsweise 1473,31 EUR brutto (siehe dazu oben Punkt a)) gezahlt werden kann, ohne das dadurch gegen das MiLoG verstoßen wird. Das ist allerdings nicht so einfach, wie es sich anhört!

Beispiel: Die Parteien vereinbaren eine 40-Stunden-Woche und zugleich ein arbeitgeberseitig zu entrichtendes Monatentgelt von regelmäßig 1.473,31 EUR brutto.

In unserem Beispiel werden an sich keine über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Stunden geleistet, auch nicht im Juli, denn der Arbeitnehmer leistet ja seine 40 Stunden je Woche. Zahlt also der Arbeitgeber für den Juli bei an sich 23 Arbeitstagen nur 1.473,31 EUR, könnte ein Verstoß gegen das MiLoG vorliegen, denn nach § 2 Abs. 1 MiLoG sind spätestens Ende August 1.564,00 EUR fällig (siehe dazu auch unser Beispiel unter oben a)). Daran scheint die gesetzliche Regelung in § 2 Abs. 2 MiLoG nichts zu ändern. Denn dort geht es nach unserm Verständnis lediglich um echte Überstunden, die der Arbeitnehmer bei einer regelmäßigen 40-Stunden-Woche aber grundsätzlich nicht leistet!

ACHTUNG 1: Aus Prüfungen des Zolls im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern mit Blick auf Mindestentgelte in der Pflege wissen wir, dass dort vor allem der Monat Juli in das Visier der Prüfer geraten ist, das vor dem Hintergrund der in diesem Monat überdurchschnittlich hohen Zahl von Arbeitstagen! Wer sagt uns, dass das nach dem MiLoG anders gesehen wird?

ACHTUNG 2: Unabhängig von allen unseren Ausführungen raten wir Arbeitgebern, die Entgelte zahlen, die das Mindestentgelt von 8,50 EUR brutto/Stunde nicht oder nur geringfügig übersteigen, regelmäßig die jeweiligen Stände der Arbeitszeitkonten zu überprüfen!

Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich, dass die Vereinbarung eines Stundenkontos durchaus risikobehaftet ist. Wer dennoch eine solche Abrede sucht, kann ggf. im Arbeitsvertrag bzw. einer Änderungsvereinbarung im Hinblick auf die Arbeitszeit und die Vergütung des Arbeitnehmers bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von monatlich 173,33 Stunden etwa folgende Formulierungen verwenden:

Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt 173,33 Stunden, ausgehend von einer Arbeitszeit von acht Stunden und einer 5-Tage-Woche. Beginn und Ende der Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den Anordnungen des Arbeitgebers. (…)

Nicht zur Arbeitszeit zählt diejenige Zeit, die der Arbeitnehmer zur unmittelbaren Anfahrt vom Wohn- zum Einsatzort benötigt. Entsprechendes gilt für die Heimfahrt vom Einsatz- zum Wohnort. (…)

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Nacht-, Wechselschicht, Feiertags- und Sonntagsarbeit sowie Rufbereitschaft zu leisten, soweit dies aus betrieblichen Gründen erforderlich und gesetzlich zulässig ist. (…)

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Mehr- und Überarbeit zu leisten, soweit dies aus betrieblichen Gründen erforderlich und gesetzlich zulässig ist. Mehr- und Überarbeitsstunden sind die auf Anordnung oder auf nachträgliche Genehmigung des Arbeitgebers geleisteten Arbeitsstunden, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen. (…)

Der Arbeitnehmer ist nach entsprechender Anordnung des Arbeitgebers verpflichtet, die von ihm geleisteten Arbeitsstunden und Pausenzeiten unter Angabe des Arbeitsbeginns und des Arbeitsendes täglich separat aufzulisten und die von ihm einzeln gegengezeichneten Stundenzettel jeweils nach Abschluss einer Arbeitswoche, spätestens am ersten Tag der darauffolgenden Arbeitswoche, dem Arbeitgeber zu übergeben. (…)

Mehr- und Überarbeit werden grundsätzlich nicht vergütet, sondern über ein Arbeitszeitkonto durch Freizeit ausgeglichen. Der Arbeitnehmer ist mit der Einrichtung eines solchen Arbeitszeitkontos einverstanden. Im Arbeitszeitkonto werden Überschreitungen der vereinbarten monatlichen Arbeitszeit als Plus- und Unterschreitungen als Minusstunden erfasst. Weist das Arbeitszeitkonto Minusstunden zu Lasten des Arbeitnehmers aus, stellt das negative Zeitguthaben einen Gehaltsvorschuss des Arbeitgebers dar, welchen der Arbeitnehmer spätestens bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszugleichen hat. Dem Arbeitgeber ist es gestattet, bereits während des Arbeitsverhältnisses innerhalb der gesetzlichen Grenzen eine Verrechnung von Minusstunden mit den im Arbeitszeitkonto erfassten Plusstunden vornehmen. Zeitguthaben des Arbeitnehmers sind innerhalb von zwölf Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung, spätestens im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vergüten. (…).

Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 1.473,31 EUR. (…).

ACHTUNG: Ob diese Formulierungen wirklich zu 100% geeignet sind, den Anforderungen des MiLoG zu genügen, können wir derzeit (leider) nicht sagen.

g) MiLoG und Aufzeichnungspflichten

Im Übrigen treffen den Arbeitgeber nach § 17 MiLoG Aufzeichnungspflichten. Demnach muss der Arbeitgeber Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit für alle Beschäftigten in den in § 2a SchwarzArbG genannten Wirtschafsbereichen bzw. -zweigen und für alle geringfügig Beschäftigten im Sinne des § 8 SGB IV (mit Ausnahme der Beschäftigten in Privathaushalten nach § 8a SGB IV) spätestens bis zum Ablauf des siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertages aufzeichnen und die Aufzeichnungen wenigstens zwei Jahre – beginnend ab dem für die Aufzeichnung maßgeblichen Zeitpunkt – aufbewahren.

  • 2a SchwarzArbG betrifft
  • das Baugewerbe,
  • das Gaststätten- und Beherbungsgewerbe,
  • das Personenbeförderungsgewerbe, das Speditions-, Transport und das damit verbundene
  • Logistikgewerbe,
  • das Schaustellergewerbe,
  • die Gebäudereinigung,
  • die Forstwirtschaft,
  • die Fleischwirtschaft sowie
  • Unternehmen im Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen.

Im Übrigen bestehen schon bislang und unabhängig von den Pflichten zur Aufzeichnung nach MiLoG Aufzeichnungspflichten in den in § 4 AEntG genannten Branchen (zum Teil mit § 2a SchwarzArbG übereinstimmend). Diese Branchen sind

  • das Bauhauptgewerbe und das Baunebengewerbe im Sinne der Baubetriebe-Verordnung vom 28.10.1980 (BGBl. I S. 2033), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 26.04.2006 (BGBl. I S. 1085), in der jeweils geltenden Fassung, einschließlich der Erbringung von Montageleistungen auf Baustellen außerhalb des Betriebssitzes,
  • die Gebäudereinigung,
  • Briefdienstleistungen,
  • Sicherheitsdienstleistungen,
  • Bergbauspezialarbeiten auf Steinkohlebergwerken,
  • Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft,
  • Abfallwirtschaft einschließlich Straßenreinigung und Winterdienst,
  • Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach SGB II oder SGB III
  • Schlachten und Fleischverarbeitung.

Siehe im Übrigen auch § 19 AEntG.

ACHTUNG 1: Nach der Verordnung zur Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (Mindestlohnaufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV) wird die auf Grund des § 17 Absatz 4 MiLoG und des § 19 Abs. 4 AEntG bestehende Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung vereinfacht. Danach genügt ein Arbeitgeber,

  1. soweit er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten beschäftigt,
  2. diese keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) unterliegen und
  3. sich ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen,

seiner Aufzeichnungspflicht, wenn für diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nur die Dauer der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit aufgezeichnet wird.

Bei einer ausschließlich mobilen Tätigkeit handelt es sich um eine Tätigkeit, die nicht an Beschäftigungsorte gebunden ist. Eine ausschließlich mobile Tätigkeit liegt insbesondere bei der Zustellung von Briefen, Paketen und Druckerzeugnissen, der Abfallsammlung, der Straßenreinigung, dem Winterdienst, dem Gütertransport und der Personenbeförderung vor.

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterliegen keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit, wenn die Arbeit lediglich innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens geleistet werden muss, ohne dass die konkrete Lage (Beginn und Ende) der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber festgelegt wird.

Eine eigenverantwortliche Einteilung der Arbeitszeit liegt vor, wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer während ihrer täglichen Arbeitszeit regelmäßig nicht durch ihren Arbeitgeber oder Dritte Arbeitsaufträge entgegennehmen oder für entsprechende Arbeitsaufträge zur Verfügung stehen müssen. Die zeitliche Ausführung des täglichen Arbeitsauftrages muss in der Verantwortung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer liegen.

Die Verordnung ist am 1. Januar 2015 in Kraft getreten. Bis dahin sind bzw. waren auch bei mobilen Tätigkeiten die Aufzeichnungspflichten in vollem Umfang zu berücksichtigen.

ACHTUNG 2: Am 1. Januar 2015 ist zudem die Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung mit folgendem Inhalt in Kraft getreten. Dort heißt es:

„Die Pflicht zur Abgabe einer schriftlichen Anmeldung nach § 16 Absatz 1 oder 3 des Mindestlohngesetzes, die Pflicht zur Abgabe einer Versicherung nach § 16 Absatz 2 oder 4 des Mindestlohngesetzes sowie die Pflicht zum Erstellen und Bereithalten von Dokumenten nach § 17 Absatz 1 und 2 des Mindestlohngesetzes werden vorbehaltlich des Satzes 3 dahingehend eingeschränkt, dass sie nicht gelten für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt brutto 2.958,00 EUR überschreitet und für die der Arbeitgeber seine nach § 16 ArbZG bestehenden Verpflichtungen zur Aufzeichnung der Arbeitszeit und zur Aufbewahrung dieser Aufzeichnungen tatsächlich erfüllt. Für die Ermittlung des verstetigten Monatsentgelts sind ungeachtet ihrer Anrechenbarkeit auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach den §§ 1 und 20 des Mindestlohngesetzes sämtliche verstetigten monatlichen Zahlungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt sind. In Bezug auf die in Satz 1 genannten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hat deren Arbeitgeber diejenigen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache bereit zu halten, aus denen sich die Erfüllung der in Satz 1 genannten Voraussetzungen ergibt.“

MERKE: Ausreichend für das Entfallen der Pflichten gemäß §§ 16, 17 MiLoG ist allein der Nachweis, dass der Arbeitnehmer monatlich eine verstetigte Vergütung erhält, die den Betrag von 2.958,00 EUR erreicht oder überschreitet.

  1. Wie sieht es mit Weihnachtsgeld bzw. 13. Gehalt aus?

Streng genommen ist zwischen Weihnachtsgeld und 13. Gehalt zu unterscheiden. Weihnachtsgeld im eigentlichen Sinne stellt eine sog. Gratifikation dar, was bedeutet, dass dieses Entgelt keine Gegenleistung für die durch den Arbeitnehmer geleistete Arbeit darstellt. Das wiederum dürfte zur Folge haben, dass das Weihnachtsgeld so es denn überhaupt gezahlt wird nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden darf. Sicher ist das aber nicht. Die Frage, ob es darauf ankommt, ob (ggf. auch) Betriebestreue entlohnt werden soll, wird nicht einheitlich beantwortet (siehe dazu auch ErfK/Franzen, MiLoG, § 1, Rn. 15).

Das 13. Gehalt im eigentlichen Sinne bedeutet (zusätzliches) Entgelt für geleistete Arbeit. Das würde zur Folge haben, dass das 13. Gehalt bei der Frage, ob der Mindestlohn ausreichend beachtet wurde, berücksichtigt werden muss bzw. aus der Sicht des Arbeitgebers – berücksichtigt werden darf. Auch das ist aber derzeit nicht sicher. Wir halten das für eher zweifelhaft (so auch Schweibert/Leßmann, DB 2014, 1866 (1869) mit Blick auf § 2 Abs. 1 MiLoG). Franzen (ErfK, MiLoG, § 1, Rn. 16) ist der Meinung, dass zwischen der ordnungswidrigen Vorenthaltung des Mindestlohns und der etwaigen Zuwenigzahlung an den Arbeitnehmer unterschieden werden müsse; eine Ordnungswidrigkeit liege mit Blick auf § 2 MiLoG vor, eine Zuwenigzahlung an den Arbeitnehmer hingegen nicht.

  1. Was ist mit der Nettolohnmaximierung? Wie verhält sich in Fällen der Entgeltumwandlung im Sinne des BetrAVG? Was ist mit vermögenswirksamen Leistungen allgemein?

Elemente der Nettolohnmaximierung (z. B. Mankogeld, Diensthandy usw.) werden wahrscheinlich bei der Berechnung des Mindestlohns keine Berücksichtigung finden, müssen also zusätzlich gewährt werden. Bei bereits bindend vereinbarten Elementen der Nettolohnmaximierung ist eine Abänderung (z. B. durch Änderungsvereinbarung oder auch Änderungskündigung) einzelfallbezogen zu prüfen.

Zur Frage der Entgeltumwandlung nach Betriebsrentengesetz (BetrAVG) sagt der Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Seite 42 etwas im Zusammenhang mit § 3 des geplanten Mindestlohngesetzes. § 3 des Gesetzesentwurfs lautet:

Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann auf den Anspruch nach § 1 Absatz 1 nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten. Die Verwirkung des Anspruchs ist ausgeschlossen.

Zu dieser Bestimmung wiederum heißt es sodann in der Gesetzesbegründung wörtlich:

Satz 1 lässt eine Entgeltumwandlung nach dem Betriebsrentengesetz unberührt; sie bleibt weiterhin möglich. Vereinbarungen nach § 1a des Betriebsrentengesetzes sind keine Vereinbarungen, die zu einer Unterschreitung oder Beschränkung des Mindest­lohn­anspruchs führen.

Vorstehendes kann man nur so verstehen, dass das Mindestentgelt ohne Gesetzesverstoß durch Entgeltumwandlung unter 8,50 EUR brutto fallen kann.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich bereits im Jahr 2013 mit der Berechnung des Mindestlohnes im Bereich der Gebäudereinigung befasst (EuGH, Urt. v. 07.11.2013 – C 522/12). Danach sind Zulagen und vermögenswirksame Leistungen kein Bestandteil des Mindestlohnes. Nach der Entscheidung der Luxemburger Richter können pauschale Zahlungen des Arbeitgebers grundsätzlich Teil des Mindestlohnes sein. Hierzu zählten beispielsweise solche Zahlungen, die eine bevorstehende Lohnerhöhung lediglich vorweg nehmen. Hingegen seien vermögenswirksame Leistungen nicht Teil des Mindestlohnes, da diese dem Vermögensaufbau dienen sollen und nicht Lohn im eigentlichen Sinne darstellen.

Zusammengefasst: Zahlungen, die als Gegenleistung für eine sog. Normalarbeitsleistung entrichtet werden, fallen unter das ab 01.01.2015 zu beachtend Mindestentgelt. Sonstige Leistungen des Arbeitgebers zugunsten Arbeitnehmers dürften -wenn überhaupt – nur im Ausnahmefall beim Mindestlohn Berücksichtigung finden. Klar dürfte sein, dass demnach etwa der sog. Kita-Zuschuss oder auch ein Kleidergeld keine Berücksichtigung finden können (siehe auch Schweibert/Leßmann, DB 2014, 1866 (1869)).

  1. Was ist mit Arbeitnehmern, deren Arbeitsentgelt den durch den Arbeitgeber getragenen Aufwand von Kost und Logis abdeckt?

Hier dürfte es so sein, dass auch solche Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf ein Arbeitsentgelt in Höhe von 8,50 EUR haben. Allerdings kann der Arbeitgeber ungeachtet der Frage nach einer steuerlich günstigen Gestaltung einen angemessenen Abzug für Kost und Logis vornehmen.

In vielen Verlautbarungen wird – oft im Zusammenhang mit Saisonarbeitern – geschrieben, dass die Kosten für Kost und Logis vom Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) abgezogen werden dürfen. Dazu Frau Ministerin Nahles in ihrer Rede vor dem Deutschen Bundestag am 03.07.2014:

Hierzu habe ich auch in seriösen Medien in den letzten Tagen einen ziemlichen Quatsch gehört, nämlich, dass wir Kost und Logis auf den Lohn anrechnen würden. So etwas geht gar nicht. Es gibt keine Anrechnung von Kost und Logis auf den Lohn.

Beim Zoll ist unter folgendem Link zu dem Thema nachzulesen (Abruf am 28.12.2014, 09:35 Uhr):

http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Mindestarbeitsbedingungen/Mindestlohn-Mindestlohngesetz/mindestlohn-mindestlohngesetz_node.html

Für Saisonarbeiter wird die Anrechnung von Kost und Logis nach § 107 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) auf den gesetzlichen Mindestlohn zugelassen. Saisonarbeitnehmer sind Arbeitnehmer, die befristet bei einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber angestellt sind und Tätigkeiten ausüben, die aufgrund eines immer wiederkehrenden saisonbedingten Ereignisses oder einer immer wiederkehrenden Abfolge saisonbedingter Ereignisse an eine Jahreszeit gebunden sind, während der der Bedarf an Arbeitskräften den für gewöhnlich durchgeführte Tätigkeiten erforderlichen Bedarf in erheblichem Maße übersteigt. Dies sind insbesondere Beschäftigte

  • in der Land- und Forstwirtschaft sowie im Gartenbau insbesondere Erntehelfer in Sonderkulturbetrieben wie Obst-, Gemüse- und Weinanbau
  • im Tourismus, insb. in Gaststätten und Hotels (z. B. Kellner, Küchenpersonal und Zimmermädchen) und in Betrieben oder Teilen von Betrieben, die ihrer Natur nach nicht ganzjährig geöffnet sind (z. B. Biergärten, Skihütten) oder die während bestimmter befristeter Zeiträume Arbeitsspitzen und erhöhten Arbeitskräftebedarf abdecken müssen (z. B. Ausflugslokale).

ACHTUNG 1: Nach derzeitiger Auffassung des Zoll verlangt die Anrechnung von Kost und Logis stets eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (siehe auch § 2 Abs. 1 Nr. 6 NachwG). Im Übrigen müsse die Anrechnung von Kost und Logis dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entsprechen. Davon könne bei einem Saisonarbeitsverhältnis regelmäßig ausgegangen werden.

ACHTUNG 2: Die Anrechnung der Sachleistungen für Kost und Logis darf in allen Fällen die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen (§ 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, sog. Pfändungsfreigrenze). Für eine ledige, nicht unterhaltspflichtige Person beträgt der nach § 850c ZPO demnach unpfändbare Teil seines Verdienstes aktuell 1.045,04 EUR netto. Das hat zur Folge, dass durch die Anrechnung der Sachleistungen dem Arbeitnehmer zumindest 1.045,04 EUR netto verbleiben müssen.

ACHTUNG 3: Die Anrechnung von Kost und Logis ist bei sog. entsandten Arbeitnehmern ausgeschlossen. Aus Artikel 3 Absatz 7 Unterabsatz 2 der Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG, Amtsblatt Nr. L 018 vom 21.01.1997) folgt, dass der Arbeitgeber die Unterbringungs- und Verpflegungskosten zu tragen hat, wenn er Arbeitnehmer zur Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen aus dem Herkunftsstaat in ein anderes Land entsendet.

Für die in diesem Zusammenhang auftretenden steuerlichen und abgabenrechtlichen Fragen sollte ein Steuerberater um Rat gefragt werden. Wir empfehlen Steuerberater der ETL.

  1. Wie ist das mit verliehenen Arbeitnehmern?

Verliehene Arbeitnehmer sind grundsätzlich Arbeitnehmer des Verleihers. Dieser ist demzufolge verantwortlich für die ordnungsgemäße Vergütung. Dabei gilt der geplante Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR nur dann, wenn sich nicht eine andere Vergütung aus einem für das jeweilige Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag ergibt. Tarifentgelte unterhalb von 8,50 EUR brutto gelten bis längstens 31.12.2016.

  1. Was droht bei Unterschreitung des Mindestlohns?

a) Nachzahlung der Vergütungsdifferenz(en) / Verfall von Ansprüchen auf Mindestlohn

Der betroffene Arbeitnehmer kann die Entgeltdifferenz zwischen tatsächlich gezahltem Entgelt und Mindestlohn erfolgreich einklagen. Zur Frage des Verfalls ist § 3 MiLoG zu beachten. Demnach können Verfallsklauseln – mögen sie auch im Übrigen wirksam sein – nicht zu einem (vorzeitigen) Ausschluss von Ansprüchen auf Mindestlohn führen.

b) Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Die Sozialversicherungsträger werden grundsätzlich vom Mindestlohn ausgehen und entsprechende Nachforderungen erheben (Nachforderung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile mit der bekannten beschränkten Möglichkeit des Regresses des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer).

Die Sozialversicherungsträger orientieren sich bekanntermaßen am sog. Phantomlohn (hier: der Lohn, der nach MiLoG eigentlich hätte gezahlt werden müssen).

c) Bürgenhaftung und MiLoG: Beschränkung auf den Generalunternehmer?

Ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragt, haftet nach § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG (Arbeitnehmer-Entsendegesetz) für die Verpflichtungen dieses Unternehmers zur Zahlung des Mindestlohns wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat. § 13 MiLoG verweist auf § 14 AEntG.

  • 13 MiLoG ist mit den Worten Haftung des Auftraggebers überschrieben. Im Schrifttum wird geäußert, dass der Wortlaut Auftraggeberhaftung nicht als Haftung des Auftraggebers, sondern lediglich als Generalunternehmerhaftung zu verstehen sei (so u. a. Kühn/Reich in BB 2014, 2938 (2939 f.); im Ergebnis auch Bayreuther, NZA 2014, 865 (871)).). Dabei wird auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu § 1a AEntG verwiesen (z. B. BAG, Urt. v. 28.03.2007 – 10 AZR 76/06, NZA 2007, 613 und auch Urt. v. 16.05.2012 – 10 AZR 190/11, NZA 2012, 980). § 1a AEntG ist die auf die Baubranche begrenzte Vorgängerbestimmung zu § 14 AEntG.

Ob man der Beschränkung auf Generalunternehmer  wird zustimmen können, ist zweifelhaft. § 1a AEntG war eben eine auf die Baubranche zugeschnittene Bestimmung. § 13 MiLoG bzw. § 14 AEntG sind keine solchen Normen. So sprechen sich namhafte Stimmen im Schrifttum dafür aus, die Beschränkung auf den Generalunternehmer nicht zuzulassen (so z. B. ErfK/Schlachter, AEntG, § 14, Rn. 3 und ErfK/Franzen, MiLoG, § 13, Rn. 2). Allerdings wird man die Bürgenhaftung wahrscheinlich auf solche Fälle beschränken können, bei denen sich der Unternehmer zur Erfüllung eigener Pflichten gegenüber Dritten eines Nachunternehmers bedient. Damit würde die Haftung dort nicht eingreifen, wo Werk- oder Dienstleistungen in Auftrag gegeben werden, die lediglich der Befriedigung des betrieblichen Eigenbedarfs des Unternehmers dienen (so Franzen, a.a.O.).

d) Bußgeld und MiLoG

Ordnungswidrig handelt unter anderem, wer den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt oder einen Nachunternehmer einsetzt oder zulässt, dass ein Nachunternehmer tätig wird, der den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt. Diese Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro geahndet werden. Üblicherweise lautet die Formel:

Geldbuße = nicht gezahlter Mindestlohn x 2 + 30 %

(Beispiel: Nicht gezahlter Mindestlohn in Höhe von 10.000,00 EUR = 26.000,00 EUR Geldbuße). Bei nachgewiesenem Vorsatz verdoppelt sich der Betrag noch einmal (im Beispielsfall würde die Geldbuße also 52.000,00 EUR betragen!).

  1. Weitere Einzelfragen zum Mindestlohn

a) Erfasst der Mindestlohn ausländische Arbeitgeber?

Ja, der Mindestlohn umfasst nach § 20 MiLoG auch ausländische Arbeitgeber, die im Inland einen Arbeitnehmer beschäftigen (ErfK/Franzen, MiLoG, § 1, Rn. 11).

b) Können Überstunden und Überstundenzuschläge berücksichtigt werden?

Nein, aller Wahrscheinlichkeit nach kann beides beim Mindestlohn nicht berücksichtigt werden (siehe auch ErfK/Franzen, MiLoG, § 1, Rn. 13). Allerdings meint Franzen (a.a.O.), dass Arbeitsentgelt, welches für Überstunden gezahlt wird und innerhalb der zeitlichen Grenzen von ca. 42 Stunden wöchentlich und ca. 176 Stunden monatlich liegt, als mindestlohnwirksam angerechnet werden kann.

ACHTUNG: Des Weiteren ist zu beachten, dass der Arbeitgeber nach § 16 Abs. 2 ArbZG (Arbeitszeitgesetz) verpflichtet ist, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu führen, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 ArbZG eingewilligt haben. Die Nachweise sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren.

c) Was ist mit der Anrechenbarkeit von Erschwerniszulagen sowie Zuschlägen für Arbeit an Sonn- und Feiertagen sowie Nachtarbeit?

Siehe dazu schon unsere Ausführungen zu oben Punkt 10. Im Übrigen kann allgemein gesagt werden, dass Erschwerniszulagen – welcher Art auch immer – wahrscheinlich keine Anrechung auf den Mindestlohn finden können (so i. E. auch ErfK/Franzen, a.a.O., Rn. 14).

d) Was ist mit Schwerbehinderten und Menschen in Behindertenwerkstätten?

Das MiLoG enthält keine Hinweise auf den Mindestlohn für schwerbehinderte Arbeitnehmer. Daher ist u. E. davon auszugehen, dass der Mindestlohn auch für solche Arbeitnehmer zu zahlen ist. Auf das individuelle Leistungsvermögen eines Arbeitnehmers wird im Gesetz nicht abgestellt.

Nach Meinung vieler müsste demnach auch der Arbeitnehmer in einer Schwerbehindertenwerkstatt Mindestlohn erhalten.

Stehen allerdings bei der Beschäftigung eines Schwerbehinderten therapeutische bzw. medizinische Zwecke im Vordergrund, wird man wahrscheinlich eine Ausnahme vom MiLoG annehmen können. Gesetzlich ist das alles nicht geklärt.

Zudem ist § 138 SGB IX zu beachten, wo es in den Abs. 1 bis 3 heißt:

(1) Behinderte Menschen im Arbeitsbereich anerkannter Werkstätten stehen, wenn sie nicht Arbeitnehmer sind, zu den Werkstätten in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, soweit sich aus dem zugrunde liegenden Sozialleistungsverhältnis nichts anderes ergibt.

(2) Die Werkstätten zahlen aus ihrem Arbeitsergebnis an die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen ein Arbeitsentgelt, das sich aus einem Grundbetrag in Höhe des Ausbildungsgeldes, das die Bundesagentur für Arbeit nach den für sie geltenden Vorschriften behinderten Menschen im Berufsbildungsbereich zuletzt leistet, und einem leistungsangemessenen Steigerungsbetrag zusammensetzt. Der Steigerungsbetrag bemisst sich nach der individuellen Arbeitsleistung der behinderten Menschen, insbesondere unter Berücksichtigung von Arbeitsmenge und Arbeitsgüte.

(3) Der Inhalt des arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnisses wird unter Berücksichtigung des zwischen den behinderten Menschen und dem Rehabilitationsträger bestehenden Sozialleistungsverhältnisses durch Werkstattverträge zwischen den behinderten Menschen und dem Träger der Werkstatt näher geregelt.

e) Was ist mit dem entgeltwerten Vorteil im Zusammenhang mit der sog. 1%-Versteuerung des privat genutzten Dienst-Pkw?

Hier herrscht große Unklarheit! Steuerlich betrachtet, ist die Sache einfach. Der Pkw besitzt Entgeltcharakter und müsste demnach auch als Bestanteil des Mindestlohns betrachtet werden können. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die (steuerliche) Bewertung des Vorteils mit pauschal 1% vom Bruttolistenpreis des Pkw eine reine Vereinfachung der Besteuerung darstellt. Der wahre Wert des Sachbezugs ist in vielen Fällen ein anderer.

Im Übrigen ist § 107 GewO (Gewerbeordnung) zu beachten. Die Vorschrift lautet:

(1) Das Arbeitsentgelt ist in Euro zu berechnen und auszuzahlen.

(2) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts vereinbaren, wenn dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht. Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer keine Waren auf Kredit überlassen. Er darf ihm nach Vereinbarung Waren in Anrechnung auf das Arbeitsentgelt überlassen, wenn die Anrechnung zu den durchschnittlichen Selbstkosten erfolgt. Die geleisteten Gegenstände müssen mittlerer Art und Güte sein, soweit nicht ausdrücklich eine andere Vereinbarung getroffen worden ist. Der Wert der vereinbarten Sachbezüge oder die Anrechnung der überlassenen Waren auf das Arbeitsentgelt darf die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen.

(3) Die Zahlung eines regelmäßigen Arbeitsentgelts kann nicht für die Fälle ausgeschlossen werden, in denen der Arbeitnehmer für seine Tätigkeit von Dritten ein Trinkgeld erhält. Trinkgeld ist ein Geldbetrag, den ein Dritter ohne rechtliche Verpflichtung dem Arbeitnehmer zusätzlich zu einer dem Arbeitgeber geschuldeten Leistung zahlt.

Nach Auffassung der Rechtsprechung muss unter Beachtung von § 107 GewO der unpfändbare Teil des Arbeitseinkommens dem Arbeitnehmer zwingend in Geld ausgezahlt werden. Sind Nettovergütung in Geld und Sachbezug zusammen unpfändbar, ist die Anrechnung des Sachbezugs auf das Arbeitseinkommen wegen Verstoßes gegen § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO unwirksam. Daher kann u. E. in einem solchen Fall der Mindestlohn durch den Sachbezug nicht erfüllt werden.

f) Und was gilt für vermögenswirksame Leistungen?

Vermögenswirksame Leistungen werden mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Berücksichtigung finden. Das entspricht der Rechtsprechung des BAG in der Entscheidung vom 16.04.2014 – 4 AZR 802/11 zur Frage der Anrechnung von Leistungen auf einen Mindest­lohn­anspruch in der Abfallwirtschaft. Dort heißt es wörtlich, dass vom Arbeitgeber erbrachte vermögenswirksame Leistungen i. S. d. 5. VermBG nicht auf einen Mindest­lohn­anspruch angerechnet werden können, weil ihr Zweck der langfristigen Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand nicht funktional gleichwertig mit dem des Mindestlohns ist. Das wird man wahrscheinlich auf das MiLoG übertragen können.

g) Was ist mit Trinkgeld?

Trinkgeld ist nicht als Entlohnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber anzusehen. Schon deshalb dürfte Trinkgeld keine Anrechnung auf den Mindestlohn finden.

h) Gilt der Mindestlohn für Heimarbeiter?

Für den persönlichen Anwendungsbereich des MiLoG ist der allgemeine Arbeitnehmerbegriff maßgeblich (ErfK/Franzen, MiLoG, § 22, Rn. 1).  Da Heimarbeiter keine Arbeitnehmer sind, gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht für diesen Personenkreis (siehe auch Schiefer/Köster/Pöttering, DB 2014, 2891 (2892)).

i) Was ist mit Personen, die ein freiwilliges soziales Jahr ableisten?

Diese Personen werden gemeinhin nicht als Arbeitnehmer eingestuft. Damit unterfallen sie nicht dem MiLoG (siehe auch Schiefer/Köster/Pöttering, DB 2014, 2891 (2895)).

  1. Wo findet sich das Mindestlohngesetz?

Sie finden das Mindestlohngesetz 2015 unter http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/milog/gesamt.pdf

Quelle: ETL European Tax & Law e. V., Verwaltung Berlin, Mauerstraße 86-88, 10117 Berlin

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