Alte und neue Fälscher …

Von Wilma Ruth Albrecht

Wahrscheinlich haben auch Sie noch einige Bücher aus den sechziger oder siebziger Jahren in ihrem Bücherregal stehen – ganz hinten, schon lange vergessen – gleichwohl das eigene Denken mitprägend. Sollten Sie diese Bücher (bevor sie in die Papiertonne geworfen werden, denn Abnehmer finden sich nicht) tatsächlich noch einmal durchblättern und gar darin stöbern, werden Sie feststellen: Die in den geschmähten Alternativmedien oft benannten vielfältigen Geschichtsfälschungen sowie die mehr oder weniger geheimen Treffen mit Absprachen unter politischen und ökonomischen Eliten sind seit mindestens fünfzig Jahren bekannt, auch Diffamierungen im Zusammenhang wissenschaftlicher Erkenntnis- und Methodenstreits sind nicht neu.

Im Gegensatz zu heute waren Autoren, die sich solcher Themen aufklärerisch annahmen, vor Jahrzehnten öffentlich anerkannt und fanden auch ein breites Publikum.

Einer dieser populären Aufklärer war der promovierte Literaturwissenschaftler und Historiker Gerhard Prause (1926-2004), der Jahrzehnte lang journalistisch arbeitete, viele Sachbücher veröffentlichte und seit 1966 die Rätselseite der Wochenzeitung “Die Zeit” betitelt “Tratsche fragt: Wer war`s?” betreute.

1966 kam beim Econ-Verlag seine feuilletonistische Aufsatzsammlung “Niemand hat Kolumbus ausgelacht – Fälschungen und Legenden der Geschichte richtiggestellt” heraus. Auf 352 Seiten mit Quellenverweisen, Literaturverzeichnis und Register ausgestattet, werden vierzehn Fälschungen, Lügen und Legenden in der Geschichtserzählung aufgedeckt. Dabei zeigt sich: “der Kindermord zu Bethlehem ist eine literarische Erfindung, in Wirklichkeit ist die Bastille nicht erstürmt worden, Martin Luther hat seine Thesen nicht angeschlagen, im Galilei-Prozeß ist jenes vielzitierte Wort [sie bewegt sich doch] nie gefallen, niemand hat Kolumbus ob seiner Überzeugung [Seeweg nach Indien zu finden] ausgelacht, Richard E. Byrd ist nicht zum Nordpol geflogen, und die Potemkinschen Dörfer waren keineswegs Attrappen!” sondern beeindruckende Siedlungsprojekte von Neurussland, d. m. in der Ukraine und auf der Krim. Auch war Kaiser Tiberius (42 v.Chr. 37 n.Chr.) kein Orgien feiernder Wüstling sondern Opfer einer gemeinen Verleumdung, auf offensichtlichen Dokumentenfälschungen beruhen die Freiheitstitel der Stadt Hamburg, der Habsburger Erzherzogtitel und viele Ansprüche von Päpsten, besonders die “Konstantinische Schenkung” (315/317 n. Chr.) zur Legitimierung des päpstlichen Anspruchs auf Landesherrschaft in Oberitalien und auf das römische Primat über das Christentum. Auch haben anerkannte Wissenschaftler sich nicht nur täuschen lassen (z. B. Vinland-Karte von 1440 mit Eintrag von Amerika) sondern selbst bewusst getäuscht (Piltdown-Schädel von Charles Dawson, Würzburger Lügensteine von Prof. J. B. Beringer). Und keineswegs kann den “offiziellen Wahrheiten” zu den Mordfällen A. Lincoln (1809-1865) und J. F. Kennedy (1917-1963) naiv getraut werden.

Wieso sollte also gegenwärtig alles, was als bestätigt und wissenschaftlich richtig und wahr ausgegeben wird wie die „Coronaepidemie“ oder die „Klimakrise“  “sacro sanct” sein?

Wollte Gerhard Prause als Autor der damals liberaldemokratischen Wochenzeitung “Die Zeit” über historische Fälschungen aufklären, so Bernt Engelmann (1921-1994) aus sozialdemokratischer Sicht die dunkelbraunen Ecken der BRD ausleuchten und über die mit den ökonomischen Eliten Deutschland und den USA verbundenen Alt- und Jungpolitiker des westdeutschen Staates BRD berichten.

Engelmann, der 1955 im gewerkschaftlichen Bund-Verlag die Übersetzung von „White Collar. The American Middle Class“ des US-amerkanischen Herrschafts- und Elitenforscher C. W. Mills (1916-1962) herausgab und den Soziologen damit in Westdeutschland bekannt machte, veröffentlichte 1968 zwei Bände über die “Macht am Rhein”, in denen er Namen, Herkunft, Vermögen sowie wirtschaftlichen, politischen und sozialen Einfluss der “Geldgiganten” der BRD mit ihren gegenseitigen Verflechtungen beschreibt.

Dabei handelt es sich einmal um die alten Eliten aus der Feudalzeit wie die etwa 26 Adelsfamilien mit mehr als 280 000 ha Grundbesitz und ihren Schlössern. Hierzu zählten der Mehrfachmilliardär Johannes Thurn und Taxis, des Weiteren die Fürsten Fürstenberg, Hohenlohe, Henckel-Donnersmarck, Herzog Arensberg, Herzog v. Croy, die Grafen Donk zu Vischering, Graf und Fürst Fugger, Freiherr von und zu Guttenberg, Landgraf zu Hessen, Fürst Innhausen und Knyphausen, Fürst Löwenstein-Wertheim, Graf Neipperg, Fürst zu Öttingen, Fürst v. Quadt zu Wykradt und Isny, Graf Schönborn-Wiesentheid, um die reichsten und bekanntesten zu nennen, und heute ihre Nachkommen.

Diese alten Geschlechter stellten das Vorbild für Unternehmenaufsteiger der Alt-BRD, wie z. B. Hans Klenk (Hakle); Franz Burda (Verleger), Spießhofer/Braun (Triumph Internationale) Reinhard Mohn (Verleger), Josef Neckermann und Gustav Schickedanz (Versandhändler), Peter Klöckner und Günter Henle (Glöckner-Humboldt-Deutz) – heute umbenannt und in neue Eigentumsformen umgewandelt.

Selbstredend hatten (und haben) alte und neue Machteliten ihre direkten Vertreter in der Politik, in der Adenauer-Zeit z. B. Otto Fürst v. Bismarck (CDU), Karl-Theodor v. Guttenberg (CSU), Freiherr Knut v. Kühlmann-Stumm (FDP/CDU), Franz-Josef Würmeling (CDU/Werhahn-Gruppe), Wolfgang Pohle (CDU/CSU/Flick), Kurt Biedenkopf (CDU/Henkel; Bertelsmann), Rolf Dahlgrün (FDP/Phönix), Alexander Menne (FDP/Hoechst). Hinzu kamen (und kommen) persönliche Berater, bei Adenauer bekannterweise Hermann Josef Abs (kath. / Vorstandssprecher der Deutschen Bank), Robert Pferdmenges (ev. / Teilhaber der Oppenheim Bank), Freiherr Friedrich Carl Oppenheim, (Senior der Oppenheim Bank), Eduard von Schwartzkoppen (Frankfurter Bankier und Berliner Handelsgesellschaft), Wilhelm Werhahn (Großkaufmann, Werhahn-Gruppe und Bankier zu Neuß).

Um das Interessengeflecht Gesellschaft, Wirtschaft, Politik noch enger zu festigen wurden auch – wie seit alters her – familiäre Bande geknüpft: So war Bundeskanzler Konrad Adenauer über seine Nichte und später seine Tochter Lisbeth mit den Werhahns verbunden, dem Prälaten Paul Adenauer mit der katholischen Kirche und dem Stadtdirektor Max Adenauer mit der Kölner Kommunalverwaltung, weitere verwandtschaftliche Verknüpfungen bestanden mit dem US-Hohen Kommissar John Jay McCloy (dessen Ehefrau geb. Zinnser war Cousine von Adenauers 2. Ehefrau) und mit Lewis William Douglas, US-Botschafter in London, freundschaftlich-geschäftliche Kontakte gab es auch zwischen Konrad Adenauer und Otto Wolff von Amerongen, Baron Heinrich Thyssen-Bornemann sowie Fritz Thyssen.

Engelmann zeigte auf, dass es unmöglich ist, durch Sparsamkeit ein Millionen- oder gar Milliardenvermögen zusammen zu raffen, 1968 gelang es dem einfachen Bürger der BRD allenfalls durchschnittlich 18 100 DM pro Jahr zu sparen: „Rund achtzig Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung, nämlich alle zu den Haushalten der Arbeiter, Angestellten, Beamten und Rentner gehörenden Personen, sind je Haushalt mit durchschnittlich weniger als siebentausend Mark Vermögen ausgestattet, und bei diesem Vermögen zählen sogenannte ´langlebige Verbrauchsgüter´ wacker mit“, resumiert der Autor.

Zweifellos seien viele der sogenannten „Geldgiganten“ strebsam, arbeitsam und geschäftstüchtig, sie lebten jedoch unter sich, huldigten ihrem Luxus (mit mehreren Villen und Landhäusern, Luxusautomobilen, Flugzeugen und Jagden), nutzten eigene Banken bzw. befreundete Bankinstitute, über die sie ihre Geschäfte finanzieren und seien vielfältig über Aufsichtsratsposten verbunden und verquickt.

Gesellschaftliche, geschäftliche und politische Absprachen erfolgen in exklusiven Kreisen, Orten und Gemeinschaften, beim Adel waren das Familientreffen wie Hochzeiten oder Beerdigungen, seit der Renaissance wissenschaftliche und politische Geheimgesellschaften und in der Neuzeit NGOs (nichtstaatliche Interessensorganisationen) wie Council on Foreign Relations on Germany (1952) und Atlantikbrücke (1952), aber auch die Treffen elitärer Kreise im niederländischen Hotel Bilderberg (1954).

Über die „Bilderberger“ hat Bernt Engelmann schon in seinem 1977 veröffentlichten Tatsachenroman „Hotel Bilderberg“ populär aufklärerisch erzählt. Dabei ging es nicht nur um die korrupten Machenschaften im Zusammenhang mit dem Starfigther-Skandal F-104G des CSU-Verteidigungsministers F.-J. Strauß (1915-1988) und der BRD-Regierung  1959 sowie den folgenden Jahren; sondern auch darum, wie und mit welchen verbrecherischen Machenschaften die Familien von Brühl, von Battenberg, Nassau-Oranien, du Pont, Rothschild, Rockefeller zu Vermögen, Macht und Einfluss gelangten und welche politische Rolle H. J. Absn(1901-1994), J. Carter (1924-), H. Kissinger (1923-) oder Z. Brzezinski (1928-2017) in der Nachkriegsentwicklung spielten.

In den 60er und 70er Jahren waren die kritisch-aufklärenden Bücher Engelmanns in linken gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Kreisen weit verbreitet, gelangten auch ins lesende Kleinbürgertum. Der Autor, obwohl von seinen Gegnern politisch diffamiert, war anerkannt, wurde dann in den 80er Jahren – parallel mit der NATO-Aufrüstungspolitik – systematisch demontiert. Tatsächlich gelang es, ihn und seine Bücher in die Vergessenheit zu versenken, obwohl sich seine Recherchen bis heute als richtig und gültig erwiesen haben.

In den folgenden Jahrzehnten hat sich die Vermögenskonzentration von Familienclans erhöht: Gegenwärtig findet man die Vermögensgiganten im Handel ALDI, LIDL, KAUFLAND (Albrecht, Schwarz), in der Logistik (Kühne), der Luxusklasse der Automobilindustrie BMW (Klatten/Quandt), der Montagetechnik (Würth), Pharmaindustrie (Strüngmann) und Informatik (v. Bechtolsheim). Diese besitzen selbstverständlich auch ihre Verflechtungen untereinander und zu Finanzinstituten, zweifelsfrei pflegen sie – wie eh und je, wenn nötig nicht allein mit finanziellen Mitteln – ihre Kontakte zu Politik, Presse, NGOs, um ihre Interessen durchzusetzen. Darauf weisen auch heute kluge Aufklärer (J. Berger, W. Rügemer, M. Otte, E. Wolff, S. Kaufmann / A. Mazzupappa) hin, doch es fehlt das kritische öffentliche Publikum, das verdummt und verstummt wurde.

Bei dieser Verdummung halfen und helfen auch heute wieder öffentlich hoch gelobte Intellektuelle wie etwa Jürgen Habermas. Er war es bekannterweise, der auf dem SDS-Kongress in Hannover im Juni 1967 im Zusammenhang mit gewaltlosen Strategiediskussionen gegen Polizeieinsätze vor „linkem Faschismus“ warnte – dies nur wenige Tage nach dem polizeilichen Mord an Benno Ohnesorg auf der Demonstration gegen den Schahbesuch in Berlin am 2. Juni 1967 und ein Jahr vor Verabschiedung der Notstandsgesetze am 30. Juni 1968.

Dieser Jürgen Habermas meldete sich wiederum im September 2021 in der ehemals fortschrittlichen Zeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“ zu Wort, um über die willkürlich von den globalisierten Herrschern herbeigeführten Virus Sars-CoV-2-Pandemie von einer „Kriegsführung Spezies gegen Spezies“, einem „`Krieg gegen das Virus“ zu schreiben, die eine staatliche „Gesundheits“-Diktatur zu rechtfertigen.

Es wird höchste Zeit, dass die Jugend endlich aufhört sich auf der Leim- und Schleimspur der modernen Fälscher seien es Virologen, Klimatologen, Politologen oder andere Ideologen locken zu lassen, um sich darauf festkleben zu lassen.

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Die Autorin:

Wilma Ruth Albrecht ist Sprach- und Sozialwissenschaftlerin mit Arbeitsschwerpunkten 19. und 20. Jahrhundert. Seit 2010 ist sie Autorin des Fachjournals soziologie heute.

 

 

 

 

 

Bild: flickr cco