Versammlungsgesetz-NRW stoppen: Demokratische Rechte verteidigen!

Von Karl Arm

Die CDU-FDP-Regierung unter Armin Laschet versucht, das reduzierte öffentliche Leben während der Covid-Pandemie zu nutzen, um im Eiltempo ein die Versammlungsfreiheit erheblich einschränkendes Versammlungsgesetz zu beschließen. Sollte dieser Gesetzentwurf durchkommen, würden Bewegungen im Kampf um soziale Gerechtigkeit massiv eingeschränkt und behindert. So würden u.a. Vorbereitungen zur Blockade oder die Störung von Naziaufmärschen unter Strafandrohung von bis zu zwei Jahren gestellt werden.

Für die Klimabewegung, gewerkschaftliche Proteste und Arbeitskämpfe, den emanzipatorischen Kampf um Geschlechtergerechtigkeit, die Gesundheitsversorgung und für antifaschistische und antirassistische Aktionen hätte das Gesetz verheerende Auswirkungen.

Selbst Proteste von Stadtteil-Initiativen zum Beispiel für verkehrsberuhigte Straßen würden schon erschwert. Statt das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu garantieren, schafft der Gesetzentwurf die Grundlage für noch mehr Willkür der Polizei. Es ist ein Gesetz wie gemacht für den Kohlekonzern RWE, der sich durch den Widerstand im rheinischen Revier massiv unter Druck sieht.Konkret bedeutet dieser Gesetzentwurf: Bisher erlaubte Protestformen werden kriminalisiert.
1. Es werden personenbezogene Daten gesammelt und damit wird von der Teilnahme an Versammlungen abgeschreckt.

2. Es werden Teilnahmebeschränkungen und Einschüchterungsbesuche erleichtert.

3. Es werden neue bürokratische Hürden für Veranstalter*innen geschaffen.

4. Der Katalog an Ordnungswidrigkeiten wird ausgebaut und die Strafmaße werden erhöht.

Das Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzentwurfs würde zu einem Versammlungsverhinderungsgesetz” führen.
Gesetzestext und Begründung sind geprägt von einem autoritären Staatsverständnis, welches politische Aktivität außerhalb der parlamentarischen Kanäle misstrauisch und mit Widerwillen betrachtet. Breite gesellschaftliche Mehrheiten – historisch gegen die Atomkraft, heute gegen den Braunkohle-Tagebau, gegen Rassismus oder gegen steigende Mieten – werden durch die Autor*innen als “Rand- und Splittergruppen” diffamiert.

Dieses Gesetz ist eine Attacke gegen die mündige Gesellschaft.

Die Verfasser*innen machen sich nicht einmal die Mühe zu verbergen, dass es sich um eine “Lex RWE” handelt, basierend auf der Frustration des Konzerns, seiner Aktionär*innen und seiner politischen Erfüllungsgehilf*innen über die erfolgreichen massenhaften Aktionen zivilen Ungehorsams im Rheinischen Revier.

Die neuen Regelungen können im Zuge sich zuspitzender sozialer Konflikte auch gegen betriebliche und gewerkschaftliche Proteste eingesetzt werden. Proteste von Beschäftigten gegen Aktionärsversammlungen oder die Vorstandstreffen von Unternehmen, bei denen es um Arbeitsplatzvernichtung oder Betriebsschließungen geht, könnten als Versuche der “Behinderung” der jeweiligen Veranstaltungen gewertet und damit schon im Vorfeld erschwert werden.

Der Regierungsentwurf für ein NRW-Versammlungsgesetz ist ein strategisches Projekt. Die Regierung Laschet prescht mit einer der härtesten Versionen eines Versammlungsgesetzes in der Bundesrepublik vor. Gesetze mit ähnlicher Stoßrichtung werden aktuell in Frankreich und Großbritannien eingeführt, auch die griechische Regierung hat einen massiven Angriff auf die Versammlungsfreiheit gestartet.

Der Entwurf ist ein Angriff auf die Demokratie – auf uns alle.

Dem stellen wir uns trotz aller Unterschiede in unseren Ansichten, Strategien und Aktionsformen gemeinsam entgegen.

Kölner Bündnis „Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“:

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Kölner Bündnis “ Versammlungsgesetz NRW stoppen – Grundrechte erhalten“
Beispiele für Einschränkungen der Versammlungsfreiheit und damit für die Proteste sozialer Bewegungen außerhalb der Parlamente:

1. Kriminalisierung von Protestformen

• Friedliche Blockaden, z.B. gegen Nazi-Aufmärsche, sind bisher durch die Versammlungsfreiheit geschützt. Diesen droht nun die Strafverfolgung. Bereits die Vorbereitung und Einübung von Blockaden wäre verboten, auch wenn ein konkretes Versammlungsgeschehen nicht absehbar ist. Entsprechende Trainings von „Ende Gelände“, Extinction Rebellion oder auch „Fridays for Future“ würden kriminalisiert werden. Das Gesetz setzt somit im Vorfeld von Versammlungen an. Durch staatliches Handeln soll verhindert werden, dass überhaupt gesellschaftlicher Druck entsteht, der z.B. zur Absage eines angekündigten Nazi-Aufmarschs führen könnte.

• Das sogenannte “Militanzverbot” verbietet neben der Uniformierung auch eine „in vergleichbarer Weise … vermittelte“ „einschüchternde“ Wirkung. Dies wird durch die ebenso dehnbaren Begriffe “aggressiv” und “provokativ” ergänzt. Hier ist eine Strafbewehrung bis zu zwei Jahren Haft vorgesehen, auch wenn lediglich dazu beigetragen wird, dass eine Versammlung diesem Verbot zuwider läuft. Durch das “Militanzverbot”  bekommt die Polizei ein Instrument in die Hand, nahezu jeden missliebigen, kämpferischen, lauten, aktiven Demonstrationsblock mit Maßnahmen bis hin zu Auflösung und Festnahmen zu konfrontieren. Denn die Einsatzleitung könnte weiße Maleranzüge, Gewerkschaftswesten, laute Parolen oder Sonnenbrillen dieser „Einschüchterung“ zurechnen oder als “aggressiv” und “provokativ“ bewerten …

2. Sammlung personenbezogener Daten und damit verbundene Abschreckung

Videobeobachtung wird vereinfacht. Hier reicht schon eine unbestimmte Versammlungsgröße, wenn die Polizei die technische Beobachtung zur „Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes“ wegen der „Größe oder Unübersichtlichkeit“ für erforderlich hält. Allein die Tatsache, dass willkürlich eine Videoüberwachung mit Speicherung erfolgen könnte, ist dazu geeignet, Menschen davon abzuhalten, ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit wahrzunehmen.

• Aus nahezu jedem Grund, den die Polizei als eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ annimmt, müssen Veranstalter*innen eine Liste mit Namen und Adressen der Ordner*innen herausgeben. Diese Datenerhebung findet zur Überprüfung der Personen statt, die damit staatlich erfasst und eventuell auch gespeichert bleiben. Allein die Nichtbefolgung der Anweisung, Namen und Adressen von Ordner*innen zu nennen, kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 1500 Euro geahndet werden.

• Die Polizei vor Ort kann jederzeit aus eigener Entscheidung Kontrollstellen um Versammlungen herum einrichten, um Versammlungsteilnehmer*innen zu kontrollieren und dabei ihre     personenbezogenen Daten zu erheben und abzugleichen.

3. Teilnahmebeschränkungen und Einschüchterungsbesuche

• Mit  der Erleichterung von Teilnahmeuntersagungen und dem Instrument der Gefährderansprachen gegenüber einzelnen Personen ohne versammlungsbezogenen Anlass wird ein Instrument für den geradezu willkürlichen Ausschluss der von der Polizei als „problematisch“ empfundenen Personen erlaubt. Dazu dient auch das neu eingeführte Instrument der Meldeauflage.

4. Bürokratische Hürden

Für Veranstalter*innen und Anmelder*innen kommen neue Hürden hinzu. Nicht nur müssen deutlich mehr Angaben zu Person und Adresse gemacht werden, eine telefonische oder mündliche Anmeldemöglichkeit entfällt. Außerdem kann die Ausnahme von Samstagen, Sonn- und Feiertagen die Anmeldefrist auf bis zu vier Tage verlängern.

5. Ausbau des Katalogs an Ordnungswidrigkeiten und Erhöhung von Strafen

6. Sechs  Ordnungswidrigkeiten werden geschaffen, die es zuvor nicht gab

• So sind z.B. angeblich störende Handlungen, die nicht strafrechtlich verfolgt werden können, nun eine Ordnungswidrigkeit, womit die Polizei eine Vorgehensoption gegen Proteste dazu gewinnt. Die Bußgeldandrohungen verdreifachen bzw. versechsfachen sich auf bis zu 3000 Euro.

• Strafandrohungen, die bisher bei maximal einem Jahr Gefängnis lagen, werden teilweise  nun mit bis zu zwei Jahren Gefängnis verdoppelt. Dazu gehört auch der Strafparagraf zum Vermummungsverbot, der schon die Kombination aus Mütze und Sonnenbrille unter Strafe stellen kann.

 

 

 

Quelle: https://www.altersdiskriminierung.de/

Bild: LabourNet Germany