Warum wir eine Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften in Dortmund brauchen

Von Jan Horsthemke (†)

Die Lage für Lohnabhängige in Deutschland ist angespannt. Neben der gesundheitlichen Krise der letzten 2 Jahre traf die einsetzende wirtschaftliche Krise viele Arbeiter*innen. Hunderttausende verloren ihre Jobs und Millionen von Kolleg*innen hatten Einkommensverluste durch Kurzarbeit.

Die Antwort auf die prekäre Situation, die zudem die Tragik der jahrzehntelangen Sparpolitik im öffentlichen Dienst einmal mehr unter Beweis stellte, von den Gewerkschaften fiel bestenfalls zurückhaltend aus. Tarifverträge wurden abgeschlossen, die vor dem Hintergrund der grassierenden Inflation Reallohnverluste für die Kolleg*innen bedeuten. Schon gleich zu Beginn der Pandemie wurde von den Gewerkschaftsführungen der Eindruck vermittelt, diese ließe sich nur von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bewältigen. Das aggressive Auftreten der Arbeitgeber in Tarifrunden, das Anwenden von Kurzarbeit, um Profite zu sichern, und ein nicht ausreichender Gesundheitsschutz in vielen Bereichen, haben wieder einmal gezeigt, dass die „Sozialpartnerschaft“ nur in den Köpfen von den Gewerkschaftsführungen tatsächlich existiert. Gleichzeit hat beispielsweise der Kampfgeist der Kolleg*innen der Berliner Krankenhausbewegung gezeigt, dass es sich lohnt, zu kämpfen. Tausende Kolleg*innen der Charité und von Vivantes in Berlin sind ver.di beigetreten und haben den Arbeitgebern konkrete Verbesserungen abgetrotzt.

Trotzdem konnten diese Mut machenden Beispiele den allgemeinen Trend der fallenden Tarifbindung und kleiner werdenden Gewerkschaften nicht grundsätzlich stoppen.

Aus all den genannten Gründen erscheint es für kämpferische Gewerkschafter*innen notwendig für programmatische Alternativen in den Gewerkschaften zu streiten.

Wir wollen uns z.B. für kämpferische Forderungen in Tarifrunden in Verbindung mit kurzen Tariflaufzeiten sowie eine wirkliche Streikdemokratie einsetzen. Hierfür muss mit der „Sozialpartnerschaft“ gebrochen und das Heft des Handels in die Hände der Kolleg*innen gelegt werden. Außerdem wollen wir, dass zukünftig mehr dafür getan wird, bisher unorganisierte Bereiche gewerkschaftlich zu organisieren und streikfähig zu machen. Auch müssen kommende Auseinandersetzungen in verschiedenen Bereichen zusammengeführt werden. So kann wirkliche Solidarität zwischen den Kolleg*innen aufgebaut werden. Des Weiteren wollen wir, dass sie Gewerkschaften als mächtige Instrumente in den Händen der Lohnabhängigen entschiedene politische Kampagnen für Themen wie die Rekommunalisierung, Vermögenssteuer, die Abschaffung von Hartz 4 und prekären Arbeitsverhältnissen und gegen Rassismus und Sexismus organisieren.

In einer Stadt wie Dortmund ist der Aufbau einer Vernetzung von kämpferischen Kolleg*innen besonders wichtig. Hier zeigt sich die volle soziale Härte des Strukturwandels und die immense soziale Spaltung. Die offizielle Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 12 Prozent. Die reale Arbeitslosigkeit bzw. Unterbeschäftigung liegt deutlich höher. Tausende müssen sich in prekären Jobs verdingen und mittlerweile lebt jedes 5. Kind hier in Armut. Um gegen diese Umstände anzukämpfen brauchen wir kämpferische Gewerkschaften. Wir brauchen deutliche Lohnsteigerungen, mehr Arbeit, die nach Tarif bezahlt wird, die Bekämpfung der Armut und Arbeitslosigkeit durch öffentliche Jobs und öffentliche Investitionen. Forderungen nach einer Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich müssen wieder Teil der gewerkschaftlichen Ziele werden, um die vorhandene Arbeit besser und vor allem gerechter zu verteilen.

Dortmund kann zurück blicken auf eine stolze Geschichte von Kämpfen der Arbeiter*innenbewegung. Von Generalstreiks in den 20er Jahren über einen heldenhaften Widerstand gegen den Faschismus bis zu wilden Streiks bei Hoesch im Jahr 1969.

Auch in den letzten Jahren haben große Streikdemonstrationen des öffentlichen Dienst, des Einzelhandels, der Metallindustrie usw. den Dortmunder*innen gezeigt, dass Kolleg*innen durchaus bereit sind für die Verbesserungen zu kämpfen. Nicht zuletzt war Dortmund 2015 eine Streikhochburg des eindrucksvollen Kampfes der Kolleg*innen des Sozial- und Erziehungsdienstes.

Auf dieser Grundlage wollen wir alle Interessierte einladen, die Treffen der VKG Dortmund zu besuchen und Teil unserer Vernetzung zu werden.

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Der Autor:

Jan Horsthemke war Mitglied der Sol Dortmund, Mitglied in ver.di und Vertrauensmann der Stadt Dortmund. Jan hat unermüdlich an der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften gearbeitet. Er verstarb in der vergangenen Woche.

 

 

 

 

 

 

 

Der Beitrag erschien bereits im Januar 2022 auf https://gewerkschaftsforum.de/und wird zur Erinnerung an Jan hier noch einmal veröffentlicht.
Bildbearbeitung: L. N.