Die Arbeitsverwaltung unter Druck – sie macht schon Eigenreklame für 1,50-Euro-Jobs und den Sozialen Arbeitsmarkt

oeffentlicher-dienst-540x304Am Freitag, dem 30. Januar 2015 war in der Dortmunder Lokalausgabe der Lensing-Presse eine ganze Seite für eine große Werbeaktion des Jobcenters und der Agentur für Arbeit reserviert.

Unter der Überschrift „Das leisten arbeitslose Menschen für die Stadt Dortmund“ wurden 2.733 Arbeitsgelegenheiten (AGH) auf 4 Stadtplänen aufgeführt: „888 Menschen helfen sozial Benachteiligten … – 704 Menschen kümmern sich um Kinder und Jugendliche – 802 Menschen tragen zur Verschönerung des Stadtbildes bei… – 339 Menschen unterstützen Senioren und behinderte Menschen“.

Dazu wird die ergreifende Geschichte eines Polizisten aus Afghanistan erzählt, der sich rührend für 1,50 Euro um einen alten Mann kümmert – seine Perspektive soll so aussehen: „Seine AGH wurde bereits verlängert. Er soll noch eine weitere Qualifizierung durchlaufen, dann dürfte seiner Festanstellung nichts mehr im Wege stehen.

Nicht nur, dass dies eine Verhöhnung der Erwerbslosen und Arbeitslosengeld 2-Bezieher ist, sondern es wird auch verschwiegen, dass die „guten Seelen“ heftige Sanktionen, das heißt massive Kürzung ihres schon jetzt unter der Pfändungsgrenze liegenden Einkommens erhalten, wenn sie nicht spuren. Seit Jahren müssen sie allen zeigen, dass sie arbeiten wollen und etwas leisten können und nun auch die Rolle der „guten Seelen“ hergeben müssen. Doch niemand sagt, dass die Stadt ohne diese Menschen viele Pflichtaufgaben gar nicht mehr erfüllen kann.

Mit diesen Kampagnen will man uns die breit vertretene Idee vom Sozialen Arbeitsmarkt schmackhaft machen – eine Idee, die nun auch in Dortmund favorisiert wird, um die Zahl der erwerbslosen Menschen zu senken.

Bei den Begrifflichkeiten geht derzeit auch in Dortmund einiges durcheinander.

Es scheint wichtig, noch mal klar zu haben, was denn Arbeitsgelegenheiten/1,50 € Jobs sind und was es mit dem Sozialen Arbeitsmarkt auf sich hat.

Arbeitsgelegenheiten (AGH)

In dem Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm 2014 des Jobcenters Dortmund heißt es:

„Für Menschen mit komplexer Vermittlungsproblematik fördert das Jobcenter Dortmund Arbeitsgelegenheiten (AGH) prioritär in arbeitsmarktrelevanten Tätigkeitsbereichen und den besonders benachteiligten Sozialräumen der Stadt Dortmund… Für das Jahr 2013 wurden Eingliederungsmittel für 1.388 AGH-Plätze eingeplant. Hinzu kommen 200 AGH Plätze, die im Rahmen der kommunalen Arbeitsmarktstrategie zu 100 % von der Stadt finanziert werden. Im Durchschnitt der letzten 12 Monate befanden sich 1.587 Teilnehmer/-innen in einer AGH… Für das Jahr 2014 werden wieder insgesamt ca. sechs Mio. Euro eingeplant. Zusätzlich finanziert die Stadt Dortmund 200 AGH vollständig aus eigenen Mitteln.“

Zielgruppe dieser Zusatzjobs sind Arbeitslose, die Arbeitslosengeld II beziehen und keine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden können.

Die Zusatzjobs mit Mehraufwandsentschädigung (1,50 Euro/Stunde) müssen zusätzlich sein, im öffentlichen Interesse liegen und wettbewerbsneutral sein.

Zusätzlich ist die Tätigkeit, wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden. Bestehende Arbeitsplätze dürfen nicht verdrängt werden. Arbeiten, die auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung durchzuführen sind oder die üblicherweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden, sind nur förderungsfähig, wenn sie ohne die Förderung voraussichtlich erst nach zwei Jahren durchgeführt werden. Entscheidend für die Zusätzlichkeit ist damit der Zeitpunkt der Durchführung der Tätigkeit.

Im öffentlichen Interesse liegt eine Tätigkeit, wenn ihr Ergebnis der Allgemeinheit dient und die Arbeiten nicht im erwerbswirtschaftlichen Bereich durchgeführt werden. Die Zusatzjobs dürfen nicht auf Gewinnerzielung gerichtet sein. Die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit einer juristischen Person, die Zusatzjobs anbietet, rechtfertigt nicht von vornherein die Annahme, dass die von ihr durchgeführten Arbeiten im öffentlichen Interesse liegen. Die Arbeiten müssen nicht notwendigerweise gemeinnützig sein.

 Tätigkeiten sind wettbewerbsneutral, wenn durch sie eine Beeinträchtigung der Wirtschaft als Folge der Förderung nicht zu befürchten ist und Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weder verdrängt noch in ihrer Entstehung verhindert wird. Bestand und Entwicklung ungeförderter Arbeitsplätze dürfen nicht gefährdet werden. Die Zusatzjobs dürfen den Wettbewerb auch nicht verzerren.

Üblicherweise handelt es sich bei den AGHs um Teilzeitarbeit von 20 bis maximal 30 Stunden pro Woche. Eine Untergrenze für die wöchentliche Dauer eines Zusatzjobs gibt es nicht. In der Regel liegt die Untergrenze aber bei mindestens fünfzehn Stunden pro Woche, da andernfalls die Arbeitslosigkeit nicht beendet wird und die Person aus der Arbeitslosenstatistik nicht heraus ist. Die Gesamtentschädigung pro Monat schwankt je nach Beschäftigungsumfang etwa zwischen 80 und 190 Euro. Sie wird zusätzlich zu den Leistungen zum Lebensunterhalt ohne Anrechnung auf diese gezahlt.

Da Zusatzjobs mit ihrer Zielsetzung, an den allgemeinen Arbeitsmarkt heranzuführen, keine dauerhafte Teilnahme vorsehen, ist die individuelle Zuweisung im Regelfall auf 3 bis 12 Monate befristet. Eine Verlängerung oder wiederholte Teilnahme ist möglich – „wenn dies erforderlich ist“.

Sanktionen

Mit Einführung des neuen Sozialgesetzbuchs II (SGB II) zum 1.1.2005 wurde der Grundsatz „Fördern und Fordern“ eingeführt und stellt dabei die Pflichten der Leistungsbezieher in den Vordergrund. Umgekehrt werden dann bei Pflichtverletzung auch die sogenannten Sanktionen ausgesprochen. Wer z.B. einen ihm zugewiesenen Zusatzjob ohne wichtigen Grund nicht aufnimmt oder fortführt oder deren Anbahnung durch sein Verhalten verhindert, wird sanktioniert. Das heißt, die Zahlung des Arbeitslosengeldes II wird gemindert oder ganz entzogen.

Schon durch die Androhung der Sanktion will man erreichen, dass die Leistungsempfänger eine bessere Kooperation an den Tag legen. Vor allem sollte durch die Einführung der Sanktionsregelungen der Niedriglohnsektor ausgebaut werden und jeder, mit einem schlecht bezahlten Arbeitsplatz, soll sich vor dem „Hartz IV-Bezug“ fürchten müssen.

Sanktionen führen dazu, dass die Menschen zumindest zeitweise unterhalb des soziokulturellen Existenzminimums leben müssen, dass das Grundgesetzt ihnen zusichert. Zumindest teilweise sind die Sanktionen verfassungsrechtlich sehr bedenklich. Sogar der Krankenversicherungsschutz entfällt bei der Vollsanktion. Dieses Bestrafungssystem verwandelt Hilfsbedürftige in Dauerverdächtige.

Im Jahr 2011 wurden 54 Prozent der von den Jobcentern ausgesprochenen Sanktionen von den Sozialgerichten wieder aufgehoben und mussten nachträglich ausbezahlt werden. Sie waren rechtswidrig und unbegründet. Diese hohe Quote der rechtswidrig ausgesprochenen Sanktionen lässt zwangsläufig den Schluss zu, dass Menschen mit dem Ziel schikaniert werden, schlechte Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne, lange Wartezeiten und unqualifizierte Tätigkeiten in Kauf zu nehmen.

Die einzelnen Regelungen sehen vor, dass Sanktionen bei Pflichtverletzungen und Meldeversäumnissen möglich sind:

Zu den Pflichtverletzungen gehören beispielweise

  • Weigerung zur Erfüllung der Pflichten, die in der Eingliederungsvereinbarung festgelegt wurden
  • Ablehnung, Abbruch oder Vereitelung der Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheit oder geförderten Arbeit
  • Ablehnung, Abbruch oder Veranlassung für den Abbruch einer zumutbaren Maßnahme zur Arbeitseingliederung.

Weitere Minderungstatbestände sind beispielsweise

  • Zielgerichtete Verarmung
  • Forstsetzung unwirtschaftlichen Verhaltens
  • Sperrzeiten.

Für die unter 25 Jährigen wird das Arbeitslosengel II bei einer Pflichtverletzung auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung beschränkt, bei der ersten Wiederholung wird die Regelleistung ganz gestrichen. Nach Ermessen kann wieder für Unterkunft und Heizung gezahlt werden, wenn der junge Mensch sich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen. So berichten die Beratungsstellen auch in Dortmund, dass sie immer mehr jungen Menschen antreffen, die eine Zeit lang obdachlos sind bzw. waren oder bei Freunden unterkommen müssen.

Sanktionen für ein Meldeversäumnis können ausgesprochen werden, wenn der Leistungsberechtigte einen Termin beim Jobcenter oder beim ärztlichen oder psychologischen Dienst ohne wichtigen Grund versäumt. Hier werden für drei Monate um zehn Prozent und bei weiterem Verstoß weitere zehn Prozent für weitere drei Monate einbehalten. Da eine Überlappung der Sanktionszeiträume möglich ist, können auch die zusammengerechneten Sanktionen keine Auszahlung mehr bewirken. Auch wenn man die Meldung nachholt, führt das nicht zur Beendigung des Sanktionszeitraums.

In den Jahren 2009 bis 2013 ist die Zahl der jährlich neu ausgesprochenen Sanktionen um 300.000 auf über eine Million angestiegen. Dabei haben die „Meldeversäumnisse“ den größten Anteil mit 68 Prozent der Sanktionen.

Sozialer Arbeitsmarkt

Nach dem in Dortmund die Arbeitsmarktstrategie 2015 in der Versenkung verschwunden ist und es bei dem neuen Dortmunder Integrationsmarkt kaum mehr als die Ratsvorlage vom 29.04.2014, Drucksache Nr. 12609-14 gibt, wird nun wieder der Soziale Arbeitsmarkt in den Vordergrund gestellt.

Der Begriff Sozialer Arbeitsmarkt ist nicht abschließend und allgemein anerkannt definiert. Im weiteren Wortsinn werden teilweise auch Tätigkeiten im Rahmen von Bürgerarbeit und Freiwilligenarbeit dazu gezählt. Durch die offiziellen Beschäftigungsprogramme wird der Begriff oft mit staatlich gefördertem Arbeitsmarkt gleichgesetzt. Dazu gibt es noch den sozial-integrativen Arbeitsmarkt, den 2. und 3. Arbeitsmarkt und noch einige andere Bezeichnungen mehr.

Meistens versteht man darunter Beschäftigungsverhältnisse, die nicht in Konkurrenz mit normalen Arbeitsplätzen stehen und die ohne öffentliche Förderung nicht existieren würden. Auch meint man damit alle nicht-erwerblichen oder mit reduziertem Lohn entgoltenen, berufsgleichen oder berufsähnlichen Funktionen, die in den meisten Fällen außerhalb der eigenen vier Wände ausgeübt und praktisch immer von einer institutionellen Trägerschaft organisiert werden. Dieser Arbeitsmarkt ist in den meisten Fällen gar kein Markt, auf dem Angebot und Nachfrage aufeinandertreffen. Denn dann müsste es ja auch Lohnverhandlungen geben und die Lohnverhältnisse müssten dann auch der Tarifautonomie unterliegen. Wenn man ehrlich ist, handelt es sich hier um Sozialleistungen, die der Staat auszahlt und nicht um ein Entgelt. So unterliegen auch die Beschäftigten, die die Sozialleistung ausgezahlt bekommen den Rechten und Pflichten, die sich aus dem Sozialgesetzbuch (SGB) ergeben.

Unter dem Arbeitsbegriff Sozialer Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Monaten eine seltene Kooperationsebene von Sozialverbänden, SPD, die Grünen bis hin zur FDP auch bis zur Bundesebene hin zusammengefunden. Sogar in der CDU gibt es Sympathien dafür.

Der derzeitige Diskussionstand um den Sozialen Arbeitsmarkt in den vergangenen Monaten lässt sich so zusammenfassen:

Nach diesem Modell soll freiwillig, existenzsichernd bezahlt und möglichst langfristig „am ersten Arbeitsmarkt eine sinnvolle, normale, nicht stigmatisierende Beschäftigung“ geschaffen werden.

Der jetzige Hartz IV-Werkzeugkasten soll an zwei Stellen verändert werden:

  • die Voraussetzungen entfallen, dass die öffentlich geförderte Beschäftigung für Langzeitarbeitslose „gemeinnützig, zusätzlich und wettbewerbsneutral“ sein müssen
  • durch einen sog. „Passiv-Aktiv-Transfer“ (PAT), bei dem die Mittel für den „passiven Leistungsbezug“, gemeint sind die Transferleistungen z.B. vom Jobcenter, sollen aktiv zur Finanzierung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen eingesetzt werden. Also die klassische Lohnsubvention für die anstellenden Arbeitgeber.

– Ersteres zielt darauf ab, die geförderte Beschäftigung auch in der gewinnorientierten Privatwirtschaft in Konkurrenz zu Normalarbeitsverhältnissen zu etablieren. Bestehende Arbeitsverhältnisse würden damit verdrängt oder massivem Lohndruck ausgesetzt, weil die subventionierte Beschäftigung natürlich billiger ist. Auch der fortschreitende Personalabbau bei öffentlichen und sozialen Dienstleistungen wird hier den Missbrauch beim Einsatz der Beschäftigten beflügeln.

– Eine Freiwilligkeit der Teilnahme ist zudem, wie Erwerbslose zu Recht kritisieren, ohne Abschaffung der Sanktionsinstrumente des Hartz-IV-Systems eine Nonsens Aussage.

– Mit den vorgeschlagenen Verfahren zur Feststellung, ob ein Langzeiterwerbsloser wirklich zu den „schwer Vermittelbaren“ zählt, nehmen Stigmatisierung und Entrechtung zu.

Wenn das Einsatzgebiet für die Beschäftigung nicht mehr beschränkt ist, muss zwangsläufig aber die Zielgruppe beschränkt werden. Da muss es dann Kriterien zur Auswahl geben und da fängt auch die personenbezogene Stigmatisierung an. Weil auch die zu erwartenden Mitnahmeeffekte unterbunden werden müssen, müssen die besonders stark gehandicapten Menschen vorher aus dem Rennen gekickt werden und nicht mehr zur Auswahl stehen.

– So müssen sich der „Minderleister“ und das „Vermittlungshemmnis“ einem Ranking stellen. Bevor gefördert wird, muss die Erfassung und die Bewertung des Handicaps voraus gehen. Eine Begutachtung muss dann auch während der geplanten Förderdauer stattfinden. Das muss deswegen sein, weil die Höhe des Zuschusses für den Lohn für den Arbeitgeber, der dann „individueller Minderleistungsausgleich“ genannt wird, davon abhängt. Da ist dann auch Schluss mit der Freiwilligkeit, denn ein gründliches Auswahlverfahren und die regelmäßige Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen müssen zwangsläufig sein. Aber hier ist man sich noch nicht einig. Die einen wollen den Arbeitgebern „einen Nachteilsausgleich geben, als Ersatz für die attestierte eingeschränkte Produktivität der Arbeitskräfte“ bei den anderen richtet sich die Höhe des Zuschusses nach „der Leistungsfähigkeit des Leistungsberechtigten“ und andere Politiker möchten nach dem „ Schweregrad des Vermittlungsproblems“ zahlen. Von der Begrifflichkeit sind wir hier im Behindertenrecht angekommen.

– Die Zielgruppe sollte auch mindestens 24 Monate Erwerbslosigkeit nachweisen können und zusätzlich zwei Vermittlungshemmnisse aufweisen, wie Alter, familiäre Verpflichtung oder Migrationshintergrund, was aber rein gar nichts über die Leistungsfähigkeit aussagt. Als zweites Vermittlungshemmnis können Überschuldung, Krankheiten oder berufliche Qualifikationsrückstände hinzukommen. Hier wird es dann wieder kritisch, denn nun kommt das psychologische Gutachten oder der Sozialbericht der Beschäftigungsträger, der fehlende Frustrationstoleranz und mangelhafte Anpassungsfähigkeit oder Intelligenzdefizite festhält, vielleicht auch Psychische Erkrankungen oder Partnerschaftsprobleme. So wird der „Minderleister“ mit seinen „schweren gesundheitlichen und/oder sozialen Einschränkungen“ und „multiplen Vermittlungshemmnissen“ selbst gebacken.

– Entgegen der bisherigen Förderphilosophie sollen nun reguläre Helfer- und Dienstleistungsarbeit ersetzt werden, deswegen soll diese Arbeit möglichst normal und marktnah sein und ganz offen reguläre Arbeit verdrängen, vor allem in den unterfinanzierten Bereichen.

– Durch das Hintereinanderschalten befristeter Einsätze oder durch die Übernahme ganzer Arbeitsfelder wie Garten- und Landschaftsbau durch geförderte Beschäftigungsfirmen wird noch mehr reguläre Arbeit verdrängt.

– Wenn freie und längerfristige Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt gefördert wird, dann kann kein Personal- oder Betriebsrat den Einsatz solcher Beschäftigten mehr widersprechen, auch dann nicht, wenn er den Wegfall von regulären Arbeitsplätzen nachweisen kann.

– Eine Beschäftigung in marktnahen Tätigkeitsbereichen ist natürlich erstrebenswert, aber der Ersatz regulär organisierter Arbeit wird nicht dadurch besser, dass man das, was bisher Kommunen und soziale Einrichtungen schon missbräuchlich praktiziert haben, nun auch noch der Privatwirtschaft erlauben will.

– In Zukunft soll über die Zuweisung nur noch durch den nicht mehr kontrollierten „lokalen Konsens“ der Akteure („Trägerversammlungen“) entscheiden werden. Wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber den Einsatz eventuell kritisch sehen sollten, sind ihnen mit dem Wegfall des Kriteriums der Zusätzlichkeit die Argumente entzogen und sie sollen nach den neuen Planungen des Sozialen Arbeitsmarktes auch keine Vetoposition einnehmen können. Aber in der Vergangenheit haben sie die auch kaum genutzt. Die Einwände des Handwerks, dass das alles von lokalen Abhängigkeiten geprägt sein wird und von den ehrenamtlichen Beiräten nicht zu überprüfen ist, werden souverän überhört. Die Kommunen begrüßen diese Zuweisungsregelung, weil endlich der letzte Rechtfertigungszwang wegfällt.

– Viele sehen nun, dass es wieder die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) geben wird. Die waren ja sehr beliebt, wurden aber wegen der hohen Kosten wieder abgeschafft. Doch hier gibt es einen wichtigen Unterschied: Während dieses Instrument früher am Anfang der Förderung einer beruflichen Integration oder des Berufseinstiegs eingesetzt wurde, ist es jetzt ausdrücklich für das Ende der Förderkette vorgesehen. Wenn dann noch die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen dazu kommen, gibt es nichts Gemeinsames mehr mit den früheren ABM.

– Mit dem Passiv-Aktiv Transfers (PAT) ist wieder eine neue Wörterfolge in die Förderlandschaft gekommen, die eine einfache Sache kompliziert beschreibt. PAT bedeutet, dass der Erwerbslose seinen Lohn selbst finanzieren soll. Zusammengesetzt aus dem Regelsatz, den Unterkunftskosten und den minimalen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen und auch den Kosten der über Jahre eingesparten Anteile in den Lohnkostenzuschuss von Bund und Kommunen. Die aber werden erfahrungsgemäß ihre Anteile so niedrig wie möglich halten wollen und so mit an der Kostenbremse feilen. Es handelt sich also um die klassische Lohnsubvention für die anstellenden Arbeitgeber. Vor der Einführung von Hartz IV waren die Förderzuständigkeiten der Kommunen für die Sozialhilfe und des Bundes für die Arbeitslosenhilfe eindeutig und man brauchte keine so komplizierte Finanzierungsakrobatik. Keine Akrobatik ist aber, dass der PAT ganz klar als Kostenbegrenzer wirkt. Regelsatz, Unterkunftskosten und ein bisschen Sozialversicherungsbeitrag reichen natürlich nicht aus, um reguläre Arbeit zu bezahlen. Schon allein die fällig werdende Rentenversicherung und die Erwerbstätigenfreibeträge machen bei einem Mindestlohn schon über 600 Euro aus. Bei Tariflöhnen sind es zurzeit noch mehr. Unklar ist auch, ob in der Praxis die Kommunen ausreichende Unterkunftskosten übernehmen, die den realen Mietzahlungen/Wohnungskosten auch entsprechen. Auch dies wurde und wird nie sauber durchgerechnet und führt dazu, dass wie bei der Bürgerarbeit schon praktiziert, die Stundenzahl gesenkt wird und die Menschen für Nettolöhne in der Höhe von Regelsatz und Unterkunft arbeiten. So werden die Daueraufstocker von morgen gemacht. Das heißt, so lange der PAT im Hintergrund wirkt, ist es höchst unwahrscheinlich, dass es überhaupt einen existenzsichernden Lohn gibt, vor allem dann, wenn die Ansprüche gegen die Arbeitgeber nicht eindeutig geregelt sind.

– In allen Modellvariationen wird ein mindestens 6-monatiges Vorprüfungsverfahren stattfinden. Hier soll eine „verstärkte vermittlerische Unterstützung“ erfolgen. Konkret heißt das, dass die Menschen durch geforderte Arbeitsbemühungen, häufige Meldetermine und  verstärkte Maßnahmezuweisungen sich bewähren müssen. Flankiert wird dies dann mit psychologischer und ärztlicher Begutachtung.

– Das Versprechen von „Freiwilligkeit“ soll eher der Beruhigung der Öffentlichkeit dienen, die aber erfahrungsgemäß schnell nach dem Anlaufen der Modelle wieder eintritt. Fast alle Modelle basieren mit ihren Fördermaßnahmen auf dem SGB II und sind dementsprechend nicht freiwillig, sondern unterwerfen sich den gesetzlichen Sanktionsdrohungen. Um mehr Ehrlichkeit in die Diskussion einzubringen, müsste das Ende von Sanktion auch geregelt werden.

– Die zukünftige Arbeit soll zu vierfünftel sozialversichert sein, das heißt, sie soll keine Arbeitslosenversicherung enthalten. Man will damit nach zwei bis fünf Jahren regulärer Tätigkeit einen „Drehtüreffekt“ zur Arbeitslosenversicherung vermeiden, den Menschen wird aber die Angst vor erneutem Hartz IV Leistungsbezug nicht genommen. Wie schon bei der Bürgerarbeit wird behauptet, dass annähernd Tariflohn gezahlt werden „sollte“. Aber einen Rechtsanspruch darauf wird es nicht geben. Richtig festgelegt werden aber die Ansprüche der Träger auf Bezuschussung, nicht aber die Ansprüche der Beschäftigten. Die zu regeln ist sehr wichtig, da sie auch in die Privatwirtschaft vermittelt werden sollen. Was da abgehen wird ist doch vorprogrammiert – die Logistiker, Versandhändler, Wachdienstleister, Leiharbeitsfirmen und Callcenter machen es uns doch jetzt schon vor. Der Mindestlohn hilft auch nicht weiter, da er noch nicht einmal beim Umfang von 40-Wochenstunden zum Leben ausreicht.

Wir sollten bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass es bereits durchgerechnete, funktionierende Konzepte gibt um die Erwerbslosigkeit zu überwinden.

So muss die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich eingeführt werden, „gute Arbeit“ d.h. humane Arbeitsbedingungen geschaffen und ein gesetzlicher Mindestlohn von 10 Euro die Stunde eingeführt werden.

Damit würden sich alle anderen Überlegungen auch erledigen.

Weitere Infos: http://gewerkschaftsforum-do.de/arbeitsmarkt-und-beschaeftigung-in-dortmund/,  

https://gewerkschaftsforum.de/arbeitslosigkeit-in-dortmund/,

https://gewerkschaftsforum.de/arbeitszeitverkuerzung-und-ausbau-der-oeffentlichen-beschaeftigung-4/,

https://gewerkschaftsforum.de/armut-in-dortmund-armut-ist-nicht-relativ-armut-ist-konkret-2/

 

Quellen: Jobcenter und Agentur für Arbeit, Wolfang Lieb, Helga Spindler, Bunde Dt. Bundestag,

Bild: ver.di