Tatsächliche Arbeitslosigkeit: Immer noch 3,2 Millionen Erwerbslose – Zeit zu handeln statt zu tricksen

Schlechte Meldungen kann die Bundesregierung nicht gebrauchen. Deshalb bleibt sie dabei, die Arbeitslosenzahlen schönzurechnen. Arbeitslose, die krank sind, einen Ein-Euro-Job haben oder an Weiterbildungen teilnehmen, werden bereits seit längerem nicht als arbeitslos gezählt. Viele der Arbeitslosen, die älter als 58 sind, erscheinen nicht in der offiziellen Statistik. Im Juli 2009 kam eine weitere Ausnahme hinzu: Wenn private Arbeitsvermittler tätig werden, zählt der von ihnen betreute Arbeitslose nicht mehr als arbeitslos, obwohl er keine Arbeit hat.

Wer die tatsächliche Arbeitslosigkeit erfassen will, muss ehrlich rechnen

Dazu sagte der damalige Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) am 4. Juli 2009 in der Fernsehsendung Panorama: „Alles, was an Effekten durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen entsteht, wird jedes Mal zusammen mit der Arbeitsmarktstatistik veröffentlicht. … Ich glaube, dass man sich auf die Seriosität dieses Prozesses verlassen kann.“ Wer anders rechnen wolle, könne ja „seine Zahl veröffentlichen – und dazu ein Flugblatt drucken.“ Das tun wir gern. Auch laut Valerie Holsboer, Vorständin der Bundesagentur für Arbeit, reicht die offizielle „Arbeitslosenzahl allein […] für eine transparente Darstellung nicht aus“ (Neue Osnabrücker Zeitung vom 16.12.2017). Hier ist die tatsächliche Zahl, die allein auf amtlichen Daten der Statistik der Bundesagentur für Arbeit beruht. Im Juni 2018 waren tatsächlich mehr als 3,2 Millionen Menschen arbeitslos.

Zeit zu handeln statt zu tricksen

Darüber hinaus tauchen 82.000 nicht erwerbstätige Personen – die korrigierte sogenannte stille Reserve – in keiner Arbeitslosenstatistik auf, weil sie sich entmutigt vom Arbeitsmarkt zurückgezogen haben und sich nicht (mehr) als arbeitslos registrieren lassen.

Tatsächliche Arbeitslosigkeit 2018

Offizielle Arbeitslosigkeit im Oktober 2018: 2.203.851

Nicht gezählte Arbeitslose verbergen sich hinter:

Älter als 58, beziehen Arbeitslosengeld II: 169.662

Ein-Euro-Jobs (Arbeitsgelegenheiten): 76.738

Förderung von Arbeitsverhältnissen: 7.165

Fremdförderung: 214.964

Bundesprogramm Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt: 15.215

berufliche Weiterbildung: 160.093

Aktivierung und berufliche Eingliederung (z.B. Vermittlung durch Dritte): 193.520

Beschäftigungszuschuss (für schwer vermittelbare Arbeitslose): 1.981

Kranke Arbeitslose (§146 SGB III): 76.617

Nicht gezählte Arbeitslose gesamt: 915.955

Tatsächliche Arbeitslosigkeit im Oktober 2018: 3.119.806

Quellen: Bundesagentur für Arbeit: Monatsbericht zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt. Oktober 2018, Tab. 6.7. Die dort aufgeführten Gründungszuschüsse und die sonstige geförderte Selbstständigkeit haben wir in der Tabelle nicht berücksichtigt. Die dort ebenfalls aufgeführten älteren Arbeitslosen, die aufgrund verschiedener rechtlicher Regelungen (§§ 428 SGB III, 65 Abs. 4 SGB II, 53a Abs. 2 SGB II u.a.) nicht als arbeitslos zählen, befinden sich in der Gruppe „Älter als 58“, beziehen Arbeitslosengeld I oder ALG II.