17.-21. Mai 2017 in Köln: Tribunal „NSU-Komplex auflösen“

„Bis heute sind wir weit von der versprochenen „lückenlosen Aufklärung“ im NSU-Komplex entfernt. Initiativen und Einzelpersonen, die mit den Betroffenen der NSU-Mord- und Anschlagserie solidarisch verbunden sind, entwickelten die Idee eines Tribunals, das diese Leerstelle besetzt. Der NSU-Komplex wird dabei gedacht als ein Kristallisationspunkt strukturellen Rassismus. Das Tribunal ist damit ein Ort der gesellschaftlichen Anklage von Rassismus. Die Berichte der Betroffenen und Angehörigen stehen im Mittelpunkt. Ihre Geschichte gilt es zu hören und zu verstehen.

Angeklagt werden die Akteur*innen des NSU-Komplex mitsamt ihrer institutionellen Einbettung. Beklagt werden die Opfer rassistischer Gewalt und das entstandene Leid. Eingeklagt wird das Prinzip einer offenen, durch Migration entstandenen Gesellschaft der Vielen.

Das Tribunal ist partizipativ angelegt: Klage, Forderungen und ein Manifest der Zukunft entstehen gemeinsam mit den Teilnehmenden. Neben dem Bühnenprogramm stoßen Workshops Lernprozesse an und geben Möglichkeit zu Vernetzung und Empowerment.

Vor mehr als fünf Jahren hat sich der sogenannte „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) selbst enttarnt. Nun steht der Prozess gegen Beate Zschäpe und einige wenige Unterstützer vor dem Oberlandesgericht in München vor dem Ende. Doch die versprochene „lückenlose Aufklärung“ hat nicht stattgefunden. Bis heute ist den Opfern keine Gerechtigkeit widerfahren und die Umstände der Mord- und Terrorserie sowie die skandalösen Verflechtungen mit staatlichen Institutionen sind nicht aufgeklärt. Deshalb haben sich im bundesweiten Aktionsbündnis „NSU-Komplex auflösen“ Initiativen und Personen zusammengeschlossen, die solidarisch mit den Betroffenen des NSU-Terrors verbunden sind.

Vom 17.-21. Mai 2017 wird im Schauspiel Köln das Tribunal „NSU-Komplex auflösen“ stattfinden. An mehreren Tagen wird in unmittelbarer Nachbarschaft zur Keupstraße – dem Ort des Nagelbombenanschlags im Jahr 2004 – der NSU-Komplex aus einer Vielzahl von Perspektiven beleuchtet und untersucht. Wir handeln nach dem Grundsatz: Wer Rassismus bekämpfen will, muss denen zuhören, die von ihm betroffen sind. (…) Der Kampf gegen den Neonazismus und den gesellschaftlichen Rechtsruck ist auch ein gewerkschaftlicher Kampf.

Der Angriff der Neonazis richtet sich immer auch gegen aktive GewerkschafterInnen. Mehr noch: Der NSU wollte die Entwicklung einer auch migrantisch geprägten „Gesellschaft der Vielen“ rückgängig machen. Die Geschichte der (Arbeits-)Migration nach Deutschland und die Geschichte der Gewerkschaftsbewegung aber sind eng miteinander verbunden. Nicht zufällig standen Gewerkschaften deshalb immer wieder gegen Rassismus und rechte Hetze ein. Daher wenden wir uns an Euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Bitte: Zeichnet unseren Aufruf und zeigt euch solidarisch mit den Betroffenen…”

Zum Aufruf:http://nsu-tribunal.de/aufruf/

Das Hauptprogramm wird ergänzt durch Workshops, Theateraufführungen, Filmvorführungen, Hörstücke, Audio- und Videoinstallationen, performative Stadtführungen, Wandbilder, Musik und Tanz. Bald erfahrt ihr an dieser Stelle mehr!

Vorläufiges Programm

Mittwoch, 17. Mai 2017, 20 Uhr: Eröffnung

 

Donnerstag, 18. Mai 2017: Klage und Anklage

 

Uhrzeit Thema Ort
10:00 – 14:00h Workshops

  1. Das System NSU – eine Einordnung entlang der Begriffe Aufklärung, Gerechtigkeit und Erinnerung (IL Berlin)
  2. Der Düsseldorfer Wehrhahn-Anschlag: Alles aufgeklärt? (Antifaschistische Linke Düsseldorf)
  3. NSU im Jugendclub (Geschichtswerkstatt Transformationsgesellschaft und Jugendhilfe in Chemnitz)
  4. Junge Muslime in Auschwitz (Heroes, Duisburg)
15:00 – 16:30h „Wir wollen keinen Dank, wir wollen Respekt verdammt noch mal!“ (Microphone Mafia)

Die Geschichte der Arbeitsmigration und die Angriffe auf migrantische Lebenswelten

Depot 1 & 2
17:00 – 18:30h Angriff der Nazis & staatlich unterstützter Aufbau von Nazistrukturen Depot 1 & 2
20:00 – 22:00 h Tatort Kassel und seine institutionellen Verflechtungen Depot 1 & 2

 

Freitag, 19. Mai

„We are the future in the present“

Thematischer Schwerpunkt: Strategien des migrantischen Widerstandes gegen die rassistischen Verhältnisse und Visionen ihrer Kämpfe

Uhrzeit Thema Ort
10:00 – 17:00h
  1. Forum: Perspektiven und Strategien der Solidarität und des Widerstands (zahlreiche Initiativen und Betroffene)
  2. NSU und Antisemitismus – Medienanalyse und Solidarisierung Mit: Lea Wohl von Haselberg, Hannah Peaceman
  3. Sexismus und Rassismus Mit Teilnehmerinnen von: International Women Space, Agisra, Women in Exile, ISD (angefragt)
  4. NSU im Jugendclub (Geschichtswerkstatt Transformationsgesellschaft und Jugendhilfe in Chemnitz)
Dezentral verteilt in Köln
17:30 – 19:00h Teil I: Die Geschichte der Kämpfe Foyer
19 – 20h PAUSE
20:00 – 22:30h Teil II: Bündnisse, Transformationen und Visionen

Mit: Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Amaro Drom, Respect,

ExPost/Kanak Attak, Initiative Keupstraße ist überall, Planerladen e.V. Dortmund, Bezent e.V., International

Women’s Space, Freundeskreis im Gedenken an den rassistischen Brandanschlag von Mölln 1992, TBB, The Voice,

Kotti & Co und anderen.

 

Depot 1 & 2

 

Samstag, 20. Mai

Struktureller Rassismus in Behörden, Institutionen, Medien

Thematischer Schwerpunkt: Struktureller Rassismus in Behörden, Institutionen und Medien

 

Uhrzeit Thema Ort
10:00 – 14:00h
  1. Denkmal Keupstraße (Ulf Aminde und Mitat Özdemir)
  2. Neue Deutsche Medienmacher
  3. Stadtführung mit Jugendlichen (La Talpa)
  4. interner Workshop der Betroffenen mit İbrahim Arslan
Dezentral verteilt in Köln
14:00 – 14:30h Einführung in den NSU-Komplex Foyer
14:30 – 16:00h Institutioneller Rassismus: die Ermittlungen gegen die Opfer Depot 1 & 2
16:30 – 18:00h Es waren Nazis, wer sonst? Medien und der NSU-Komplex
18 – 19:30h PAUSE
19:30 – 21h Das Aufklärungsversprechen, der Prozess und andere Inszenierungen Depot 1 & 2
21 – 23h Wir klagen an! Depot 1 & 2

 

Sonntag, 21. Mai

11 Uhr: Auszug aus der Fabrik

Demo, Feier der Gesellschaft der Vielen auf der Keupstraße

Quelle und weitere Infos: http://nsu-tribunal.de/