Die organisierte Unternehmerschaft sagt Gewerkschaften und Betriebsräten den Kampf an – Merkel und Schulz zeigen sich dankbar fürs Dabeisein

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) will an die Rechte der Beschäftigten ran. Beim „Deutschen Arbeitgebertag“ hat die organisierte Unternehmerschaft den Gewerkschaften und Betriebsräten den Kampf angesagt. Das Arbeitszeitgesetz soll flexibler, die Mitbestimmungsrechte der Belegschaften im Betrieb verwässert und die Sozialabgaben, die die Unternehmen zu leisten haben, gesenkt werden. Vom Staat fordern die Unternehmer mehr Investitionen, den Ausbau des Bildungsbereichs und der Kinderbetreuung.
Die Gäste der Lobbyveranstaltung der deutschen und internationalen Großkonzerne, Angela Merkel und Martin Schulz, bedankten sich brav bei ihnen und zeigten den Beschäftigten schon einmal, wohin die Reise der zukünftigen Großen Koalition geht.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer rief beim „Deutschen Arbeitgebertag“ Ende November 2017 die künftige Regierung zu einem wirtschaftsfreundlichen Kurs auf und verwahrte sich vor „neuen wachstums- und beschäftigungsschädlichen Gesetzen und Verordnungen“.

Er machte Druck auf die Politik, schnellstmöglich eine weitere Legislaturperiode lang die Große Koalition aufzulegen, mit Angela Merkel als Kanzlerin und Martin Schulz als Vizekanzler und diktierte schon mal in das Lastenheft von Schwarz – Rot hinein:

·       alle Beschäftigungsmöglichkeiten zu mobilisieren, sonst würden in absehbarer Zeit Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter fehlen

·       die im Arbeitszeitgesetz festgelegten täglichen Höchstarbeitszeiten aufzugeben und künftig Grenzen nur für den Zeitraum eine Woche gelten zu lassen

·       Arbeitszeiten zu flexibilisieren und auszubauen

·       die Mitbestimmung zu schleifen, wo sie die „technologische Entwicklung ausbremst“

·       die Sozialbeiträge der Betriebe auf unter 40 Prozent zu begrenzen

·       Langzeitarbeitslose individuell zu fördern

·       nötig seien eine Investitionsoffensive in eine flächendeckende Ganztagskinderbetreuung und eine gemeinsame Bildungsstrategie von Bund, Ländern und Kommunen

·       das Verbot der Kooperation des Bundes mit Ländern und Kommunen bei der Bildung abzuschaffen oder wenigstens zu lockern

·       älteren Menschen leichtere Möglichkeiten für längeres Arbeiten zu geben

·       den Arbeitslosenbeitrag zu senken

·       neue Selbstständigkeit zu stärken und Selbstständige sollten sich für das Alter selbst absichern müssen

und offen sein gegenüber den Reformvorschlägen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die EU und dessen Reformprozess mit eigenen Konzepten und Reformideen partnerschaftlich zu begleiten.

Angela Merkel, die in der Veranstaltung zugeschaltet wurde, zeigte sich mit den Forderungen des BDA-Präsidenten Ingo Kramer weitgehend einverstanden, auch sie möchte eine schnelle Regierungsbildung und auch ihr sei es wichtig, die „Lohnzusatzkosten“ unter 40 Prozent zu halten.

Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz stellte lediglich die soziale Verantwortung der Unternehmen für die Beschäftigten und für die Regionen in der der Betrieb angesiedelt ist, heraus und dass zur Verantwortung auch gehören würde, mit Beschäftigten und Gewerkschaften zu sprechen. Sonst kam von ihm nichts Substanzielles.

Während er zwei Wochen zuvor in seiner Rede vor Siemens-Beschäftigten das Unternehmen kritisierte, weil es ankündigte, 6.900 Stellen abzubauen, die Werke in Görlitz und Leipzig zu schließen, bei einem gleichzeitigen aktuellen Rekordgewinn von 6,2 Milliarden nach Steuern, richtete er nun einen Dank an die Unternehmer, für deren soziale Verantwortung, ausgerechnet in den Ausbildungsanstrengungen, wo massiv Ausbildungsplätze abgebaut wurden und bot an, gemeinsam Lösungen für bedrohte Standorte zu entwickeln.

Dass die organisierte Unternehmerschaft von der Politik nichts zu befürchten hat, machte eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aller in den Bundestag gewählten Parteien, außer Die Linke und der AfD, deutlich. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner forderte noch mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten, aber auch bei den Regelungen zum Mindestlohn ein. Die Grünen plauderten aus, dass sie in den Sondierungsgesprächen mit FDP, CDU und CSU zu weiteren Privatisierungen von öffentlichem Eigentum bereit gewesen waren, beispielsweise zum Verkauf von Aktien der Telekom im Staatsbesitz.

Dabei wäre hier doch eine gute Gelegenheit gewesen, die Niedriglohnstrategie als Ursache dafür zu benennen, dass 40 Prozent der Beschäftigten seit 1999 Reallohneinbußen hinnehmen mussten, die den Unternehmen schwindelerregende Gewinne ermöglichten und andere Länder in die Schuldenfalle getrieben haben.

 

 

Quellen: BDA, Handelsblatt

Bild: bda.de