Schwarzbuch Krankenhaus

„Der Personalnotstand und die daraus resultierende Gefährdung von Patient*innen sind immer wieder Gegenstand von Medienberichten und von Gesprächen unter Beschäftigten an deutschen Kliniken. Täglich spielen sich unvorstellbare Szenen ab. Von Neugeborenen, die ins Leben stürzen, weil keine Hebamme da ist, um sie aufzufangen, über Patient*innen, die nicht davon abgehalten werden können, sich im Krankenhaus das Leben zu nehmen, weil die Kolleg*innen am Limit arbeiten, bis hin zu Menschen, die in Wartezimmern unbemerkt versterben. Seit sieben Jahren werden emanzipatorische Krankenhausbewegungen immer stärker, die diese Missstände im Gesundheitswesen benennen und dagegen kämpfen.

Wir sind Teil dieser Bewegungen und haben ihre Kraft erlebt. Mit Streiks und anderen Werkzeugen des Arbeitskampfes haben wir gemeinsam mit unserer Gewerkschaft ver.di an über 20 Unikliniken konkrete Erfolge erzielt: in Form von verbesserten Personalbemessungen, tatsächlichen Konsequenzen für die Arbeitgeber, wenn diese unterschritten werden, sowie in Form von Freizeit als Entlastung für das Personal.

Unsere eigenen Erfahrungen haben uns motiviert, Teil der Krankenhausbewegung zu werden. Jahrelang hat jede von uns die strukturellen, von der Politik verursachten Missstände erlebt. Wir haben gesehen, was die Profitlogik in unseren Kli[1]niken mit dem Wohl und der Gesundheit unserer Patient*innen macht und was es bedeutet, völlig überfordert «Brände löschen» zu müssen, statt gute Arbeit leisten zu können. Die Veränderung des bestehenden Systems ist dringend notwendig, die Versorgung von Patient*innen und die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus lassen sich nicht voneinander trennen. Wer ein gutes Umfeld hat, kann besser arbeiten, wer sich in einem guten Umfeld befindet, wird schneller gesund. Wir haben Berichte gesammelt, niedergeschriebene Erfahrungen, die die drastischen Konsequenzen des Personalnotstands für die Versorgung der Patient*innen deutlich machen: das «Schwarzbuch Krankenhaus».

Während unserer gewerkschaftlich organisierten Streiks haben wir diese Berichte genutzt, um Missstände sichtbar zu machen. Gegen[1]über Arbeitgeber*innen, Vertreter*innen der Politik, Medien und der Bevölkerung im Allgemeinen untermauern sie unsere Forderungen nach mehr Personal und Entlastung.

Hunderte Berichte zeigen, dass es sich um keine Ausnahmen, sondern um den Alltag der Beschäftigten und Patient*innen in deutschen Krankenhäusern handelt. Viele Kolleg*innen haben ihre Erfahrungen aufgeschrieben, ohne lange nachdenken zu müssen. Wir haben die Berichte mit[1]einander geteilt und so gelernt, dass wir nicht etwa einzelne unglückliche, einmalige Situationen erlebt haben, sondern dass wir alle ähnliche Erfahrungen machen. Je mehr Berichte zusammengekommen sind, umso deutlicher ist geworden, dass wir nicht länger zusehen können.

Wir brechen das Schweigen, denn wir sind nicht mehr bereit, ein kaputtes System aufrechtzuerhalten, unsere Gesundheit zu riskieren und Patient*innen weiter zu gefährden.

Die Erfahrungen, die wir hier exemplarisch zusammen[1]getragen haben, sind von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Sie betreffen Menschen aus jeder sozialen Schicht der Gesellschaft, jeden Geschlechts und jeder Altersgruppe. Die Erfahrungen sind ein Thema öffentlichen Interesses, weil es darum geht, ob wir selbst, unsere Liebsten, unsere Kinder oder Eltern genesen und wieder am Leben teilhaben können oder ob sie diesem kaputten System zum Opfer fallen und dabei im schlimmsten Fall ihr Leben verlieren.

Jahrzehntelange schlechte Gesundheitspolitik kann nicht in wenigen Arbeitskämpfen ausgeglichen und durch Neues ersetzt werden, aber ein gemeinsames Bewusstsein für die Probleme und ein solidarisches Herangehen können eine vereinte Stärke erzeugen und uns einem geteilten Ziel ein gutes Stück näherbringen: ein Gesundheitssystem, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt.

Wir berichten in dieser Broschüre darüber, welches Ausmaß die Missstände angenommen haben, und schauen darauf, wie politische Entscheidungen über vier Jahrzehnte hinweg zur Berufsflucht aus dem Gesundheitswesen geführt haben. Wir wollen 30 Berichte mit euch teilen, die Einblick in die alltäglichen Grausamkeiten deutscher Krankenhäuser geben.

Darüber hinaus haben wir mit Anja Vogt, Intensivpflegerin im Vivantes-Klinikum in Berlin, über die Probleme gesprochen, die das Fallpauschalensystem mit sich gebracht hat, und wir schauen auf die Möglichkeiten, die wir Beschäftigte haben, um gegen diese fatalen politischen Entscheidungen vorzugehen.

Dazu haben wir mit dem Arbeitsrechtler Daniel Weidmann über juristische Hintergründe und die Frage gesprochen: «Darf ich das?» Wir wollen zeigen, wie jede*r von uns die eigenen Er[1]fahrungen nutzen kann, um sich dem Kampf anzuschließen.

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WIR WOLLEN ALLES! GEMEINSAM FÜR EIN GESUNDHEITSSYSTEM, BEI DEM DER MENSCH IM MITTELPUNKT STEHT

Kollektiv das Schweigen zu brechen und unsere Erfahrungen zu teilen ist ein wichtiger Schritt, um Veränderungen in Gang zu bringen. Gleichzeitig ist klar, dass es nur ein Baustein von vielen sein kann. Um unser Ziel eines menschenwürdigen Gesundheitssystems zu erreichen, brauchen wir eine große und starke Bewegung. Wir müssen viele sein, wir müssen uns gewerkschaftlich organisieren und vernetzen. Die Missstände in unserem Gesundheitssystem sind ein gesamtgesellschaftliches Problem und daher braucht es eine breite, bundesweite Bewegung von Beschäftigten, Patient*innen, Angehörigen und potenziell Betroffenen, also allen. Deshalb haben wir hier ein paar Ideen und Ansatzpunkte zusammengetragen, wie ihr auch außerhalb des Krankenhauses aktiv werden könnt.

Außerdem haben wir noch einige Lese- und Filmtipps mit Anregungen, wie ihr auch bei euch in der Klinik den Stein ins Rollen bringen könnt: Wie könnt ihr am besten mit Kolleg*innen ins Gespräch kommen? Wie können Mehrheiten für eine Forderung aufgebaut werden? Wie schmiedet ihr einen Plan, um zu gewinnen? Die Tipps geben euch einen vertiefenden Einblick in Methoden, die wir in Jena, Berlin, Mainz und Nordrhein-Westfalen nutzen konnten. Methoden, die uns stärker gemacht und zum Erfolg geführt haben“.

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Das Schwarzbuch Krankenhaus hier runterladen:

Schwarzbuch-Krankenhaus_Das-Schweigen-brechen_RLS.pdf (rosalux.de) oder https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Schwarzbuch-Krankenhaus_Das-Schweigen-brechen_RLS.pdf

 

 

 

 

 

 

Quelle und Bild: https://www.rosalux.de/