VKG: IG BCE verschaukelt Kollegen mit Tarifabschluss

Der für die Kunststoff verarbeitende Industrie in Hessen und Thüringen Anfang März abgeschlossene Tarifvertrag ist eine Frechheit und wiederholt nach dem bereits unterirdischen Ergebnis der IG Metall im letzten Jahr die alten Fehler und bedeutet eine weitere Drehung der Abwärtsspirale der gepriesenen Sozialpartnerschaft zwischen Gewerkschaftsfunktionären und Arbeitgeberseite.

Nachdem die IGBCE auf jeden Streik und konkret bezifferte Lohnforderung verzichtete, als Bittsteller auftrat, einen schnellen Abschluß anstrebte und in einer Verhandlungsfolklore aus 4 Runden einknickte, wurde ihre Rolle als bester Arbeitgeberfreund erneut offensichtlich.

Sozialpartnerschaft zahlt sich in der allgemeinen Krise des Kapitalismus eben doch aus – für die so genannten Arbeitgeber und die Gewerkschaftsbürokratie. Die Zeche zahlen die Krisenverlierer, jene, die den Reichtum schaffen – an die Krisengewinner.

Nach der üblichen Verhandlungsoperette mit Versatzstücken aus schwierig, intensiv, hart und tapferem Händeschütteln zwischen ganzen Kerlen kreiste der Berg und gebar eine Maus mit bis Ende 2024 überlanger Laufzeit, gestuften Mini-Lohnerhöhungen (2 nicht tabellenwirksame Einmalzahlungen je 75€ im Januar und Februar, 100€ ab März 23 und ab Mai 24 noch einmal 3%, insgesamt 5,94% beim BRD-Medianeinkommen von 3.516€) und vom Steuerzahler finanziertem Inflationsausgleich. Die für 2023 prognostizierte Inflationsrate von 8,7% wird durchschnittlich weit unterschritten, der Weg in die Verarmung der Kollegen ist somit vorgezeichnet.

In 2 Schritten wurden die Azubis mit jeweils 50€ bedacht, ebenfalls vergleichsweise viel zu wenig.

Bei Zugrundelegen des BRD-Medianeinkommens 2022 verliert jeder tarifgebundene Kollege  schrittweise jährlich erhebliches Realeinkommen. Sollte sich die Inflation auf dieser Höhe auch im kommenden Jahr einpendeln, büßen diese Kollegen bis Ende 2024 insgesamt 11 bis 13% an realer Kaufkraft ein. Für die Gruppe der in den neuen Bundesländern besonders zahlreichen Niedrigverdiener ist die Bilanz noch düsterer, weil aufgrund ihres typischen Verbrauchsverhaltens Inflations treibende Faktoren höher zu Buche schlagen, die wahre Inflation im laufenden Jahr für diese Gruppe bei real ca. 10% liegen dürfte.

Die 100€-Zahlungen der ersten 12 Monate sind in der Kunststoff verarbeitenden Industrie in Thüringen für die Kollegen in den unteren Lohngruppen weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein, da sie teils nur mit ca. 1.500€ Netto abgespeist werden.

Die bejubelten 3.000 € Inflationsausgleich sind eine Mogelpackung. Da steuer- und beitragsfrei fehlen sie einerseits als Einnahmen der Sozialkassen. Andererseits sind sie kein Ersatz für tabellenwirksame Lohnerhöhungen bei generell hoher Inflationsrate. Zur dauerhaften Entlastung menschlicher Arbeit ist stattdessen ihre Besteuerung deutlich zu senken.

 

 

 

 

 

 

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