DGB fordert Aktionsplan gegen Perspektivlosigkeit

Die Bundesagentur für Arbeit kann zurzeit monatlich bei der Verkündung der Arbeitslosenzahlen immer neue Rekorde vermelden.

Die Arbeitslosigkeit sinkt auf immer neue, historische Niedrigstände und die Beschäftigung wächst auf Höchststände. Oberflächlich betrachtet scheinen die Probleme der Massen- und Langzeitarbeitslosigkeit deutlich kleiner geworden zu sein. Doch welche konkreten Entwicklungen im Detail stecken hinter dem Megatrend sinkender Arbeitslosenzahlen? Hat sich die Lebenssituation für alle Teilgruppen der Arbeitslosen und insbesondere für die Langzeitarbeitslosen tatsächlich verbessert? Was ist zu tun, um denen, die heute langzeitarbeitslos sind, eine Perspektive zu bieten?

Das Wichtigste in Kürze

·       Die Arbeitslosigkeit insgesamt und die Zahl der Langzeitarbeitslosen sinken. Der Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit beruht ausschließlich darauf, dass weniger Kurzeitarbeitslose zu Langzeitarbeitslosen werden, also weniger Arbeitslose so lange arbeitslos bleiben, dass sie die 12-Monats-Grenze überschreiten.

·       Wer bereits langzeitarbeitslos ist, der ist von der günstigen Arbeitsmarktentwicklung abgekoppelt. Konnten 2014 noch 199.000 Langzeitarbeitslose eine Beschäftigung am 1. Arbeitsmarkt finden oder eine Selbstständigkeit beginnen, waren es zuletzt nur noch 178.000 (gleitende Jahressumme Juli 2016 bis Juni 2017).

·       Das Risiko langzeitarbeitslos zu sein, ist nicht für alle Personengruppen gleich. Von allen Arbeitslosen sind 37 Prozent langzeitarbeitslos. Von allen geringqualifizierten Arbeitslosen sind hingegen 42 Prozent und von den älteren Arbeitslosen ab 55 Jahren 49 Prozent langzeitarbeitslos.

·       Obwohl im Hartz-IV-System ein erhöhter Förderbedarf besteht, werden Arbeitslose im Hartz-IV-Bezug viel seltener gefördert als in der Arbeitslosenversicherung. Gewährt die Versicherung mehr als jedem dritten Arbeitslosen eine Fördermaßnahme, wird im Hartz -IV-System nur jede/r Fünfte gefördert. Bildungsmaßnahmen, die zu einem Abschluss führen, werden im Hartz-IV-System so gut wie gar nicht angeboten.

·       So richtig es ist, über besondere Hilfen für besonders benachteiligte Gruppen nachzudenken, so falsch ist es, in individuellen Vermittlungshemmnissen die Ursachen für die Langzeitarbeitslosigkeit zu verorten. Langzeitarbeitslosigkeit ist und bleibt ein strukturelles, vorrangig ökonomisch verursachtes Problem.

·       Langzeitarbeitslosigkeit ist vor allem ein Folgeproblem der Massenarbeitslosigkeit. Ehrlich gerechnet sind 3,4 Millionen Menschen arbeitslos. Dem stehen nur 840.000 offene Stellen (Vakanzen) gegenüber. Aufgrund dieser Arbeitsplatzlücke finden in vielen Arbeitsmarktsegmenten weiterhin Siebe-Prozesse statt, bei denen ein Teil der Arbeitsuchenden in der Konkurrenzsituation wiederholt und auch auf Dauer unterliegt.

·       Entscheidend für das Ausmaß der Langzeitarbeitslosigkeit ist die Verfasstheit des regionalen Arbeitsmarktes. In Regionen mit niedriger Arbeitslosigkeit ist auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen gering (und umgekehrt). In Regionen mit sehr guter Arbeitsmarktlage haben selbst Arbeitslose ohne Berufsabschluss eine bessere Integrationschance als gut Ausgebildete in Regionen mit einer sehr schlechten Arbeitsmarktsituation.

·       Der Markt wird das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit nicht lösen. Eine neue Bundesregierung ist dringend aufgefordert, den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit zu einem Schwerpunkt der Arbeit zu machen. Die Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, insbesondere solche, mit denen ein Berufsabschluss nachgeholt werden kann, müssen deutlich ausgeweitet werden. In nennenswerter Größenordnung müssen Langzeitarbeitslosen öffentlich geförderte Arbeitsplätze angeboten werden und zwar in Form regulärer Arbeitsverhältnisse. Das zwischen CDU/CSU und SPD in den Sondierungen vereinbarte Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle“ muss in diesem Sinn ausgestaltet werden.

·        Zudem müssen Lücken in der sozialen Absicherung geschlossen werden, das Hartz-IVSystem entlastet und den Jobcentern ausreichend Personal und Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.

 

 Weitere Infos: http://www.dgb.de/themen/++co++9ee0d54c-0286-11e8-baa3-52540088cada

Quelle: Arbeitsmarkt aktuell 2-2018

Bild: dgb.de