„Die Zukunft der gewerkschaftlichen Arbeit liegt nicht nur im Betrieb, sondern insbesondere in der stadtteil-bezogenen-Arbeit“

Diese Kernaussage stammt von Oskar Negt aus seinem Buch „Arbeit und menschliche Würde“ und hat in der Vergangenheit viele Gewerkschaftsaktivisten vor Ort motiviert, in diesem Sinne tätig zu werden. Er schreibt: „Lebenszeit und Arbeit sind aufs engste miteinander verwoben. Dort, wo Arbeit nur Maloche und Peitsche ist, oder dort, wo eine Tätigkeit zum Workaholismus führt, braucht es genauso den Perspektivenwechsel, wie auch dort, wo lethargische Träumerei herrscht. Es ist die lebendige Arbeit, die im Machtgefüge von Kapital und Markt Lebenskraft und Phantasie beansprucht. Wir müssen ganz andere und reichhaltigere Formen der Arbeit entwickeln und fördern, in denen die Menschen sich in ihren Ansprüchen an Selbstverwirklichung wiedererkennen, weil sich ihre individuelle Tätigkeit gleichzeitig als selbstbewusste Arbeit für das Gemeinwohl verweist“.

In diesem Sinne sollte vor 15 Jahren im Gespräch mit dem neuen Bezirksgeschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die Idee einer Stadtteilgewerkschaftsarbeit, angesiedelt im Problemviertel der Stadt, schmackhaft gemacht werden. In der Hoffnung, dass neue Besen gut kehren, wurden ihm die groben Eckpunkte der Idee erläutert.

Die Voraussetzungen schienen in dem Stadtteil mit seinen über 50.000 Bewohnern gut zu sein.

Mitglieder der aktiven kirchlichen Betriebsgruppe, die in dem Stadtteil wohnten und dort politisch aktiv waren, arbeiteten in den Nachbarschaftsforen und Arbeitskreisen des Quartiersmanagements als Vertreter der Dienstleistungsgewerkschaft mit und verfolgten das Ziel, als „Gewerkschaft vor Ort“ ein gewerkschaftliches Beratungs- und Bildungsangebot in eigenen Räumlichkeiten anzubieten, aber vor allem eine Möglichkeit zum Treffen und für die Selbstorganisation der erwerbslosen Menschen und der abhängig Beschäftigen zu bieten.

Gab es doch dort seit zwei Jahrzehnten effektiv arbeitende Arbeitskreise wie das große Stadtteilforum, Arbeitsgruppen in den statistischen Unterbezirken und die kleinräumigen,  quartiersbezogenen Nachbarschaftsforen. Selbstorganisierte Gruppen wie früher die Arbeitsloseninitiativen oder Einrichtungen in Selbstverwaltung in der Jugendzentrumsbewegung gibt es schon sehr lange nicht mehr – hier wurde aber ein wichtiger Ansatzpunkt für das Vorhaben gesehen.

Den gewerkschaftlichen Motor gab es auch, in Form der quirligen ver.di Betriebsgruppe eines kirchlichen Sozialkonzerns mit seinen Fachleuten aus der Erwachsenenbildung, Sozial- und Schuldnerberatung, Offenen Kinder-, Jugend- und Elternarbeit, Selbsthilfegruppen und der Stadtteil- bzw. Gemeinwesenarbeit. Auch die personelle Einbindung in die Bezirksvertretung und parteipolitisches Engagement auf Ortsvereins- und Stadtbezirksebene war gegeben. Die Organisationsform sollte zunächst offen ausgehandelt werden, konkret vorgesehen waren Beratungsangebote, Diskussions- und Informationsveranstaltungen, aktive Mitgliedschaft, Vollversammlungen, Aktionen und Präsenz im öffentlichen Raum des Stadtteils als organisierte soziale Bewegung. Die Stadtteilgewerkschaft sollte ein Komplementärangebot zur gewerkschaftlichen Betriebsarbeit sein, mit viel Raum für Experimente und wenig Raum für festgelegte Strukturen.

Der Stadtteil bot sich als Aktionsraum besonders gut an, weil dort Menschen aus sehr unterschiedlichen Milieus zusammenleben und die kapitalistischen Widersprüche tagtäglich sichtbar werden. Dort leben viele arme Menschen, die mit der Zeit eigene Strategien entwickelt haben, um mit den gesellschaftlichen Verhältnissen umzugehen und zu überleben. Davon können sich die Gewerkschaftsfunktionäre einiges abschauen.

Die Dienstleistungsgewerkschaft wurde gebeten, materiell und organisatorisch vor Ort Anschubhilfe zu leisten.

Aus dem Aufbau der Stadtteilgewerkschaft ist nichts geworden, es gab nur eine längere Leine für ehrenamtliches Engagement bei einer DGB – Gewerkschaft

In dem Gespräch mit dem neuen Bezirksgeschäftsführer wurde vereinbart, dass ein zweites Treffen rasch angesetzt werden sollte. Er bat aber um etwas Zeit, da er noch den Rat anderer hauptamtlicher Gewerkschaftsleute einholen wollte, vor allem den des Platzhirsches, des örtlichen, scheinbar allmächtigen DGB-Vorsitzenden.

Die Zeit verging, es tat sich nichts.

Nach ein paar Monaten wurde der Druck auf den neuen Bezirksgeschäftsführer erhöht und es kam zu einem kurzen Treffen, in dem er erklärte, dass die Idee Stadtteilgewerkschaft so nicht von dem örtlichen Gewerkschaftsapparat unterstützt werden könnte. Allerdings würde das Engagement der ehrenamtlichen Aktivisten von allen Angesprochenen gewürdigt und die Dienstleistungsgewerkschaft versprach, in Absprache die zukünftigen Aktivitäten und Aktionen zu unterstützen.

Nach dem Motto mit dem Spatz in der Hand und der Taube auf dem Dach, wurde rasch mit den Projekten begonnen und verschiedene „ehrenamtliche Arbeitsbereiche“ aufgebaut:

Arbeitsbereiche:

1. Aufbau und Pflege eines e.mail Verteilers zur besseren Kommunikation untereinander

2. Beratungsangebot „Rat und Hilfe“

3 a. Einrichtung und Pflege der Info-Bretter und arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung um das Infobrett beim evangelischen Unternehmen

3 b. Einrichtung eines Info-Bretts und arbeitsgerichtliche Auseinandersetzung um das Zutrittsrecht/Duldung von gewerkschaftlichen Aktivitäten beim katholischen Großunternehmen

4. Aktionen und Veranstaltungen im Rahmen der Stadtteilarbeit

5. regelmäßiger Info-Brief/Newsletter der Redaktionsgruppe

6. Kampagne – Situation der Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen und dem Ganztagsangeboten an den Schulen

7. Durchführung regelmäßiger Kirchenaktionstage zu aktuellen Themen in der Innenstadt

Ehrenamtlich tätige Gewerkschafter stehen im Betrieb unter permanentem Druck

Die gesamten Aktivitäten der ver.di Betriebsgruppe und späteren Fachkommission wurden von den kirchlichen Unternehmen in der Stadt von Anfang an argwöhnisch beobachtet und dort wo es möglich war, die Verantwortlichen mit allen Sanktionen überzogen, die das Arbeitsrecht bietet. Diese Konflikte wurden mutig angenommen und ausgetragen, sodass einige Abmahnungen vor dem Arbeitsgericht zurückgenommen werden mussten. Besonders belastend für die Aktivisten war, dass sie permanent über die Jahre mit dem Arbeitsplatzverlust, unter anderem wegen Störung des Betriebsfriedens und Geheimnisverrats, bedroht wurden.

 

Und was ist aus der ehrenamtlichen Arbeit geworden?

Gar nichts – alles kaputt!

Sie wurde systematisch zerstört!

Und warum?

Weil die Gewerkschafterweisheit aus dem vergangenen Jahrhundert:

„Der hauptamtliche Apparat ist nicht der Vormund der ehrenamtlich engagierten Kollegen, sondern ihr Dienstleister.“ 

bei der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di nicht gilt!

——————-

Weitere Infos dazu:

Was man im Rahmen der ehrenamtlichen Gewerkschaftsarbeit alles so machen kann – wenn man gelassen wird | gewerkschaftsforum.de

Eigentlich und ursprünglich sollte etwas Ähnliches entstehen, wie das, was die „Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Gröpelin“ bis heute erreicht hat.

 

Beispiel: Die Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Gröpelingen

„Das ist eine soziale und politische Basisorganisation. Wir kämpfen sowohl für konkrete Verbesserungen unserer Lebensbedingungen als auch für eine grundlegend andere Gesellschaft. Wir verstehen uns als ein Teil einer organisierten sozialen Bewegung.

In der Stadtteilgewerkschaft wehren wir uns gegen schlechte Arbeits- und Wohnverhältnisse, Stress mit dem Jobcenter, Rassismus und andere Probleme. Als ersten Schritt bieten wir unseren Mitgliedern Hilfe bei rechtlichen Fragen. Wenn das nicht reicht, gehen wir gemeinsam auf die Straße. Unser Prinzip dabei ist „Touch one – touch all“.

In der Stadtteilgewerkschaft bauen wir eine solidarische Kultur auf und lernen voneinander.

In regelmäßigen Bildungen versuchen wir, die strukturellen Ursachen unserer Probleme zu verstehen und mögliche Auswege zu finden.

Wir finanzieren uns selbst, daher sind Spenden (Zeit, Dinge, Geld) herzlich willkommen.

Wir sind unabhängig von Parteien, staatlichen Institutionen und den offiziellen Gewerkschaften.

Solidarisch in Gröpelingen ist Teil einer bundesweiten Bewegung von Basisorganisationen aus unterschiedlichen Stadtteilen. Unser Ziel ist es, Gegenmacht von unten aufzubauen um langfristig tiefgehende Veränderungen erreichen zu können“.

——————————–

Selbstverständnis

„People, Power, Solidarität

Die Stadtteilgewerkschaft beruht auf gegenseitiger Solidarität. Sie ist unser Werkzeug gegen Ungerechtigkeiten und für die Durchsetzung unserer Rechte.

Unsere Organisation hat drei wesentliche Charaktere:

  1. einen gewerkschaftlichen Charakter, d.h. wir kämpfen für unsere Rechte oder gegen ungerechte Behandlung in den Bereichen Arbeit, Miete, Behörden (z.B. Jobcenter, Sozialamt), Aufenthalt, etc.
  2. einen sozialen Charakter, d.h. wir treten für sozial Verbesserungen in unserem alltäglichen Leben ein und für Bildung und Gesundheit für alle. Wir wollen einen Stadtteil ohne Armut, Gewalt und Diskriminierung, d.h. wir stehen für ein solidarisches Miteinander statt Spaltung.
  3. einen politischen Charakter. Es geht darum die Ursachen unserer Probleme zu erkennen und gemeinsam zu verändern. Deshalb ist das langfristige Ziel der Stadtteilgewerkschaft eine grundlegende Gesellschaftsveränderung.

 

Als Stadtteilgewerkschaft haben wir deshalb folgende Politische Übereinkünfte:

  1. Die Stadtteilgewerkschaft ist eine basisdemokratische Organisation und hat keine Chefs. Die Organisation gehört den aktiven Mitgliedern. Entscheidungen werden in den jeweiligen Gremien getroffen. Dazu gehören die Vollversammlung, das Aktiventreffen und das Entwicklungstreffen. Entscheidungen, die gemeinsam getroffen wurden gelten für alle Mitglieder.
  2. Die Stadtteilgewerkschaft ist politisch und ökonomische unabhängig von staatlichen Institutionen, Parteien, Unternehmen, den offiziellen Gewerkschaften und religiösen Einrichtungen. Das ist wichtig, damit wir in unseren Zielen, Handlungen und Denkweisen selbstbestimmt bleiben. Wir stellen die offizielle Politik infrage, weil sie häufig nur den Interessen von wenigen dient. Wir setzen auf die Stärke einer Bewegung von unten, wenn es darum geht, Verbesserungen und Veränderungen durchzusetzen.
  3. Unsere Stärke liegt in der gemeinsamen Organisierung und gegenseitigen Solidarität. Wir organisieren uns nach dem Prinzip „touch one – touch all“. Das heißt, wenn ein Mitglied aus der Stadtteilgewerkschaft ungerecht behandelt wird oder Ausbeutung oder Unterdrückung erlebt und sich dagegen wehren möchte, helfen und kämpfen wir alle gemeinsam mit der Person. Durch die gemeinsame Organisierung sind wir stärker und können so Forderungen gegenüber Unternehmen, Vermiteri*innen*, Behörden etc besser durchsetzen. Zusammen können wir weniger Angst haben!
  4. Gegenseitiger Respekt ist eine Grundlage der Stadtteilgewerkschaft. Menschen sind unterschiedlich: Sie kommen aus unterschiedlichen Ländern, haben unterschiedliche Herkünfte, sie haben verschiedene Religionen oder keinen Glauben, sie lieben unterschiedlich etc. Wir treten gegen jede Form der Diskriminierung wie Rassismus, Sexismus, patriarchale Gewalt, Homophobie etc. ein. Vorurteile sind Produkte des herrschenden politischen Systems, die wir verinnerlicht haben und die uns spalten. Um so mehr Vorurteile wir gegenseitig haben, um so schwächer werden wir im Kampf gegen die Ursachen unserer Probleme. Deshalb müssen wir gemeinsam lernen, um unsere eigenen Vorurteile zu überwinden. Wer gegenüber anderen Mitgliedern oder Dritten diskriminierend oder gewaltvoll handelt und eine kritische Auseinandersetzung damit ablehnt, kann nicht länger Mitglied bleiben.
  5. Die Gesellschaft im Kapitalismus ist in soziale Klassen geteilt: diejenigen, die viel Geld haben oder Unternehmen besitzen und diejenigen, die arbeiten müssen, um zu überleben. Die Stadtteilgewerkschaft hat eine Klassenperspektive. Das heißt wir stehen in unseren Kämpfen an der Seite der Ausgebeuteten und Unterdrückten.
  6. Die Stadtteilgewerkschaft tritt für die Rechte und Gleichberechtigung von unterdrückten Gruppen innerhalb der Gesellschaft ein, Wie Geflüchtete, Menschen mit Behinderungen, arme Menschen, Frauen LGBTIQ*Personen etc. Aber um gute Lebensbedingungen, für alle Menschen zu schaffen, reicht es nicht aus, wenn einzelne Gruppen mehr Rechte haben. Wir glauben, dass es eine grundlegende Veränderung der Gesellschaft braucht.
  7. Viele unserer alltäglichen Probleme haben gemeinsame Ursachen. Eine der Ursachen liegt in der kapitalistischen Wirtschaftsweise, die Profit über die Bedürfnisse der Menschen stellt und uns weltweit in tiefe Krisen bringt (Klimawandel, Hungerkrisen und wachsende Armut, Kriege, etc.) Wir verstehen uns deshalb als antikapitalistisch.
  8. So eine grundsätzliche Veränderung in der Gesellschaft muss unserer Meinung nach von einer Bewegung von unten ausgehen, bei der viele Menschen aktiv mitmachen. Nur wenn wir viele sind und lernen, uns gemeinsam und solidarisch zu organisieren, können wir wirklich etwas verändern. Deshalb ist ein Ziel der Stadtteilgewerkschaft größer zu werden und gemeinsam mit anderen Stadtteilgewerkschaften hier in Bremen und in anderen Städten, Orten und Ländern eine organisierte soziale Bewegung aufzubauen. Das nennen wir populäre Macht.
  9. Die verschiedenen Leben und Orte der Welt sind miteinander verbunden. Es gibt globale Machtverhältnisse, die dazu führen, dass vor allem Menschen im globalen Süden ausgebeutet werden und unter den Krisen leiden (Klimakrise, Krieg, Hunger etc.) Viele Mitglieder der Stadteilgewerkschaft mussten ihre Heimat wegen dieser Krisen verlassen. Darum brauchen wir eine weltweite und internationalistische Perspektive. Solange gute Lebensbedingungen an einem Ort der Welt auf der Ausbeutung eines anderen Teils der Welt beruhen, kann es keine wirkliche Freiheit geben. Internationalismus bedeutet auch gegen Imperialismus, Faschismus und Nationalismus zu wirken.
  10. Die Kämpfe gegen Kapitalismus haben eine lange und vielfältige Geschichte. Sie haben in unterschiedlichen Jahrhunderten und an verschiedenen Orten der Welt stattgefunden. Dadurch wurden wertvolle Erfahrungen und Wissen gesammelt. Diese gehören zu all denjenigen, die für eine bessere Welt kämpfen. Aber nicht alle haben Zugang zu diesem Wissen. Daher ist politische Bildung sehr wichtig. Unser Ziel ist es, uns durch Bildungen gemeinsam und ständig zu entwickeln und zu empowern und Theorie und Praxis in unserem Kampf zu verbinden.
  11. All Power to the People – von unten nach links !”

—————————-

Gesellschaft verändern heißt Macht von unten aufbauen – aber wie und mit wem?

Bericht der Stadtteilgewerkschaft Solidarisch in Gröpelingen über ihre Erfahrungen mit Stadtteilbasisarbeit und die Entwicklung des Beratungs-Organisierungs-Ansatzes (BOA).

Seit einigen Jahren wird innerhalb der radikalen und revolutionären Linken immer häufiger von Basisarbeit gesprochen. Einen ersten Aufschwung erlebte die Diskussion während der Debatten um eine Neuausrichtung linksradikaler Politik sowie um neue Klassenpolitik ab ca. 2014. Nachdem das Interesse an Basisarbeit zwischendurch wieder etwas abzunehmen schien, taucht der Ansatz in den aktuellen Diskussionen rund um die Mobilisierungen gegen die Preissteigerungen wieder verstärkt auf.

Neben den theoretischen Debatten gab und gibt es auch eine Reihe von praktischen Ansätzen, vor allem mit dem Fokus auf Stadtteilbasisarbeit. Allerdings stießen viele der Gruppen bei der Umsetzung der theoretischen Überlegungen in den Stadtvierteln an Grenzen. Es zeigt sich, dass es bisher kaum gelang, Strukturen aufzubauen, in denen sich wirklich viele Menschen aus den Stadtteilen organisieren. Häufig bleibt es bei einer Gruppe von Aktivist*innen, die linke Politik im Stadtteil machen und vor allem bereits links politisierte junge Leute ansprechen. Diese Schwierigkeiten in der Praxis haben dazu geführt, dass sich viele Stadtteilbasisgruppen wieder aufgelöst oder ihren Fokus wieder auf klassisch linksradikale Politik und Intervention in Bewegungen und Diskursen gesetzt haben.  

Wir sind jedoch der Ansicht, dass die Schwierigkeiten in der Praxis auch aus einem unzureichenden Verständnis von Basisarbeit resultieren, sowie mangelnden Erfahrungen, was dieser Ansatz in einer Gesellschaft wie der bundesdeutschen bedeutet.

Als Organisation, die in Bremen seit 2016 revolutionäre Stadtteilbasisarbeit entwickelt, haben wir über die letzten Jahre viele Erfahrungen sammeln können. Anfang 2020 haben wir uns Zeit genommen und uns in einen Reflexionsprozess begeben, um zu analysieren, was Fehler und Hindernisse in unsere Praxis waren und was wir entsprechend verändern müssen. Neben der Auswertung unserer eigenen Erfahrungen haben wir uns auch tiefer gehend mit den Definitionen von Basisarbeit von anderen Bewegungen weltweit beschäftigt und die Frage diskutiert, was in einer Gesellschaft wie der bundesdeutschen wirkliche Ausgangspunkte für Organisierung sein können.

Ausgehend von diesen Reflexionen haben wir einen neuen Ansatz der Stadtteilbasisarbeit entwickelt und setzen diesen seit 2021 schrittweise in die Praxis um. Er beruht auf einer Kombination aus Beratung und Organisierung auf der Basis einer Mitgliedschaft, Vollversammlungen, Aktionen und politischer Bildung.

Seit der Umstellung unserer Praxis bemerken wir eine deutliche Veränderung. Wesentlich mehr Menschen aus dem Stadtteil werden in der Stadtteilgewerkschaft aktiv und wir sind in der Lage nachhaltigere Organisationsstrukturen aufzubauen. In dem vorliegenden Text möchten wir unsere Reflexionen transparent machen. Wir wollen außerdem Gruppen oder Genoss*innen in anderen Städten dazu aufrufen, weitere lokale Ableger einer gemeinsamen organisierten Stadtteilbewegung bzw. Stadtteilbasisorganisation mit gemeinsamen politischen Übereinkünften auf der Basis von Beratung und Organisierung in ihren Stadtteilen zu gründen und das Konzept mit uns gemeinsam weiter zu entwickeln. Wir freuen uns auf Rückmeldungen oder Berichte über eure Erfahrungen und Diskussionen.

Zudem möchten wir alle Gruppen oder Einzelpersonen, die sich für den Aufbau einer solchen Stadtteilbasisorganisation in ihrer Stadt interessieren oder bereits in einer Praxis stehen, zu einem gemeinsamen Austauschtreffen einladen. Wenn ihr Interesse habt, schreibt uns gerne eine Mail an: stadtteil-soli@riseup.net…“

———————-

 

Neue Entwicklungen

„Ende Jahres 2020 wurde ein neuer Ansatz zum Aufbau einer kämpferischen Basisorganisation entwickelt: den Beratungs-Organisierungs-Ansatz (BOA).

Er basiert auf einer Kombination aus Beratung, Mitgliedschaft, Vollversammlungen, Aktionen und politischer Bildung. Seitdem wir den neuen Ansatz Stück für Stück umsetzen, wächst Solidarisch in Gröpelingen und entwickelt sich zu einer lebendigen & kämpferischen politischen Basisorganisation, die im Stadtteil verankert ist.

Er ist das Ergebnis von intensiven Diskussionen, in denen wir unsere langjährigen Erfahrungen mit revolutionärer Stadtteilarbeit ausgewertet und uns tiefer mit dem Verständnis von Basisarbeit anderer Bewegungen beschäftigt haben.

Wir sind der Überzeugung, dass der BOA Ansatz ein Potential hat. Unser Ziel ist der Aufbau einer organisierten sozialen Bewegung, bestehend aus vielen Stadtteilbasisorganisationen bundesweit. Die ersten Schritte sind wir in den letzten Jahren zusammen mit Berg Fidel Solidarisch aus Münster gegangen. Gemeinsam wollen wir weiter wachsen.

Wir freuen uns über alle, die Lust haben den BOA Ansatz mit uns gemeinsam auszuprobieren und weiter zu entwickeln“.

Hier könnt ihr den Text als pdf herunterladen

und

hier findet ihr die ersten Absätze des Textes zum reinlesen:

https://solidarisch-in-groepelingen.de/

 

 

 

 

 

Quellen: Oskar Negt: Arbeit und menschliche Würde, Kirchenkommission, solidarisch-in-groepelingen.de
Bild: solidarisch-in-groepelingen.de