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Rückblick auf den Arbeitskampf im Sozial- und Erziehungsdienst: viel passiert und wenig erreicht – beim nächsten Mal wird alles besser

imagesDie Verhandlungen im Tarifstreit der 240.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst haben im Februar 2015 begonnen. Die Gewerkschaften hatten Einkommenserhöhungen im Umfang von durchschnittlich 10 Prozent gefordert und eine Aufwertungskampagne für diese Berufe gestartet. Die Kitas wurden zum Teil fast vier Wochen lang bestreikt.

Die Arbeitgeber riefen Anfang Juni einseitig die Schlichtung an. Nach einer 2-wöchigen Schlichtungsphase verkündeten die beiden Schlichter, dass es anstelle der geforderten 10 Prozent Erhöhung des Entgelts im Durchschnitt nur Erhöhungen von 3,4 Prozent geben soll. Dabei gab es noch deutliche Unterschiede, so dass viele Beschäftigte nur mit Erhöhungen zwischen 1 und 3 Prozent nach Hause gehen sollten. Das Schlichtungsergebnis wurde dann von der bundesweiten Streikdelegiertenversammlung vehement angegriffen und eindeutig abgelehnt.

Daraufhin hat der verdi-Vorstand eine Mitgliederbefragung beschlossen, die vier Wochen lang, bis Mitte August andauerte. Rund 70 Prozent der Mitglieder sprachen sich gegen den Schlichterspruch aus.

Am 30.09.2015 wurde zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ein vorläufiges Endergebnis ausgehandelt: Es war nun ein um 9 Millionen Euro erhöhtes Angebot, das sind läppische 3 Prozent des Gesamtvolumens von 315 Millionen Euro im Jahr für die rund 240.000 Beschäftigten.

Viele Beschäftigte aus Städten, die als Streikhochburgen galten, plädierten für eine Fortsetzung der Kita-Streiks vom Mai, doch die Mehrheit der Tarifkommission sprach sich für die Annahme des Ergebnisses aus. Bei der sich anschließenden Urabstimmung stimmten dann Ende Oktober dem Ergebnis 57 Prozent der ver.di-Mitglieder und 72 Prozent der Mitglieder der GEW zu.

Die Beschäftigten hatten ursprünglich den materiellen Ausdruck der Anerkennung ihrer Tätigkeiten auf ein Volumen von rund 10 Prozent beziffert, bekommen haben sie aber im Schnitt nur 3,7 Prozent mehr Lohn.

Dennoch war dieser Arbeitskampf mit seiner Eigendynamik, der großen Motivation und Engagement der Streikenden, mit seiner Frauenpower, seiner Dramaturgie und mit neuen Erkenntnissen für die Gewerkschaften doch etwas anderes, als wir alle gewohnt waren.

Lassen wir doch noch einmal den Arbeitskampf der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst Revue passieren, die Erfahrungen aus dem Arbeitskampf aufzeigen und die Kritikpunkte benennen. Rückblick auf den Arbeitskampf im Sozial- und Erziehungsdienst: viel passiert und wenig erreicht – beim nächsten Mal wird alles besser weiterlesen

Streik im Sozial- und Erziehungsdienst – bisher ein mageres Ergebnis und eine vertane Chance einer bildungspolitischen Diskussion

imagesDie Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und die kommunalen Arbeitgeber haben sich am 30.09.2015 auf Nachbesserungen der Schlichtungsempfehlung verständigt.  Die Beschäftigten haben nun zu entscheiden, ob diese Nachbesserungen des zuvor von ihnen abgelehnten Schlichterspruches, wirklich eine Aufwertung ihrer Arbeit bedeutet. Das Verhandlungsergebnis ist unter https://www.soziale-berufe-aufwerten.de/w/files/medien/09/verhandlungsergebnis-sue-30-09-2015.pdf nach zu lesen.

Zu Beginn des Arbeitskampfes im Sozial- und Erziehungsdienst wurde von vielen Akteuren aus dem gewerkschaftlichen Umfeld auf die Notwendigkeit einer bereit angelegten bildungspolitischen Diskussion in Dortmund unter Federführung von ver.di und der GEW hingewiesen.

Bereits in der ersten Streikwoche hatten rund 10 000 Beschäftigte der Sozial- und Erziehungsdienste in NRW die Arbeit niedergelegt. Eine machtvolle Demonstration vor allem der Frauen, die sich gegen die steigenden Anforderungen in ihrem Beruf, mit ihrer qualitativ guten Ausbildung für eine gesellschaftlich wichtige Arbeit bei schlechter Entlohnung, wehrten. Sie wehrten sich auch dagegen, dass ihre Berufe immer noch mit der familistischen Ideologie versehen werden, bei der Kinder, Alte und Kranke in der Familie eben durch die Frauen ohne Entgelt versorgt werden sollen. Frauen, die nicht mehr einsehen, dass sie als pädagogische Facharbeiterinnen für ihren gekonnten Umgang mit Kindern viel weniger Geld erhalten als die Facharbeiter für den gekonnten Umgang mit Maschinen.

Doch standen in Dortmund mehr die Klagen unpolitischer Eltern über die ständigen Betreuungsausfälle in den städtischen Kitas im Vordergrund, begleitet von Aussagen des Oberbürgermeisters Ulrich Sierau wie: „Da muss ver.di höllisch aufpassen, dass sie nicht mit der GDL in einen Topf geworfen wird,“ mit denen er in den aktuellen Chor von „gewerkschafts – bashing“ mit einstimmt.

Eine Sternfahrt mit Fahrrädern und Inlinern aus den Dortmunder Vororten zur Reinoldikirche, eine Mahnwache vor dem Dortmunder Rathaus, Demonstrationen, ein Nordstadtspaziergang oder ein Elternabend sind ja recht nette Aktionsformen, die auch die Motivation der Streikenden fördern können, aber eine notwendige, stadtweite Diskussion über den Wert der Bildung für die nachfolgende Generation müsste doch etwas anders aussehen. Streik im Sozial- und Erziehungsdienst – bisher ein mageres Ergebnis und eine vertane Chance einer bildungspolitischen Diskussion weiterlesen

Streiks bei den Sozial- und Erziehungsberufen – die Feminisierung des Arbeitskampfes schreitet voran

imagesIm Mai 2009 streikten bundesweit über 11.000 Erzieherinnen. Allein in NRW blieben Einrichtungen in 26 Städten geschlossen. In Dortmund dauerte der Streik 17 Tage lang. Dann wurde u.a. vereinbart, dass es künftig eine neue Entgelttabelle mit 16 Tarifgruppen und eine Gehaltserhöhung von durchschnittlich 120 Euro brutto geben wird.

Das Ergebnis war auch in der ver.di -Tarifkommission umstritten. Zwar konnten die mit der Ablösung des Bundesangestellten-Tarif (BAT) durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) begründeten Einkommensverluste weitgehend ausgeglichen werden, aber die langjährig Beschäftigten profitierten kaum davon. Auch die geforderten Verbesserungen beim betrieblichen Gesundheitsschutz lassen bis heute noch weitgehend auf sich warten.

Nun hatte ver.di die Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes erneut zum Warnstreik aufgerufen, mit großem Erfolg. In fast allen 102 städtischen Kindertagesstätten blieben die Türen zu, rund 7 000 Kinder mussten in Dortmund anderweitig untergebracht werden. Gefordert wird neben der Verbesserung der Arbeitsbedingungen durchschnittlich 10 Prozent mehr Geld. Das ist auch bitter nötig. Streiks bei den Sozial- und Erziehungsberufen – die Feminisierung des Arbeitskampfes schreitet voran weiterlesen