DGB: Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland – Fragen und Antworten zu aktuellen Regelungen und zur Arbeitsmarktintegration

Nach dem neuesten Forschungsbericht des IAB sind die meisten Menschen, die aus der Ukraine fliehen, Frauen und Kinder. Laut IAB verfügen rund die Hälfte der ukrainischen Migrant*innen in Deutschland über eine abgeschlossene Hochschulausbildung und vergleichbare Abschlüsse, 14 Prozent über berufsbildende Abschlüsse und weitere 26 Prozent über eine höhere Schulbildung. Der DGB fordert, sie möglichst unkompliziert und schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Geflüchtete aus der Ukraine – Wer flieht derzeit nach Deutschland?

Bislang sind aus der Ukraine seit Beginn des Krieges 2.5 Millionen Menschen geflohen. Die genaue Anzahl an Geflüchteten, die in Deutschland derzeit Schutz suchen, ist schwer zu quantifizieren, weil ukrainischen Staatsbürger*innen eine visumsfreie Einreise für bis 90 Tage möglich ist. Geschätzt wird, dass bislang etwa 80.000 Menschen nach Deutschland geflohen sind (Stand 9.3.2022).

Nach dem neuesten Forschungsbericht des IAB sind die meisten Menschen, die aus der Ukraine fliehen, Frauen und Kinder. Laut IAB verfügen „rund die Hälfte [der ukrainischen Migrant*innen in Deutschland] über eine abgeschlossene Hochschulausbildung und vergleichbare Abschlüsse, 14 Prozent über berufsbildende Abschlüsse und weitere 26 Prozent über eine höhere Schulbildung“. Dies muss in die Gewichtung der laufenden politischen Maßnahmen einfließen, um eine nachhaltige Integration zu gewährleisten.

Welche Regelungen gelten für Geflüchtete aus der Ukraine?

Erstmals wird in der Europäischen Union die Richtlinie 2001/55/EG vom 20.Juli 2001 angewandt („Massenzustrom-Richtlinie“), die einen Aufenthalt ohne Asylverfahren von einem Jahr für Geflüchtete sichert. Deshalb können Geflüchtete aus der Ukraine eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz (Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz) erhalten. Ggf. dennoch gestellte Asylanträge werden ruhend gestellt.

Mit der Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz geht zwar nicht automatisch ein unbeschränkter Arbeitsmarktzugang einher, doch soll dies zeitnah geregelt werden. In diesem Fall bedürfte es beispielsweise bei Jobwechseln keiner neuen Aufenthaltserlaubnis.

Auf freiwilliger Basis können Geflüchtete aus der Ukraine die Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit für Arbeitsmarktberatung, Vermittlung von Arbeitsangeboten sowie Förderinstrumente in Anspruch nehmen, sofern der Arbeitsmarktzugang gegeben ist. Voraussichtlich wird es eine Landingpage auch in ukrainischer und russischer Sprache geben. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prüft derzeit noch, inwieweit Geflüchtete Ukraine Zugang zu Sprachkursen erhalten.

Geflüchtete, die in den Anwendungsbereich der o. g. Regelungen fallen, haben Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, nicht aber nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

Was ist für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration zu beachten?

Allgemein ist der Zugang zu Betreuungseinrichtungen und Schulen für Kinder von Migrant*innen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen von besonderer Bedeutung, um die soziale und Arbeitsmarkt-Integration der Eltern, besonders der Mütter, zu sichern. So vereinfacht die Inanspruchnahme von externer Betreuung die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen der Mütter, die im nächsten Schritt auch zu deren Teilnahme an Aus- oder Weiterbildungen beiträgt. Bei Geflüchteten kommen psychische Belastungen durch Kriegserlebnisse für Kinder und Eltern hinzu, die teils erst bewältigt werden müssen, bevor an Erwerbstätigkeit zu denken ist.

Aufgrund der guten Qualifikation der ukrainischen Geflüchteten ist die Anerkennung der im Herkunftsland erreichten beruflichen und akademischen Abschlüsse von zentraler Bedeutung. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass anerkannte Abschlüsse die Erwerbstätigkeit und die Verdienste von Migrant*innen auf lange Sicht erhöhen. Gleichzeitig wird aber die Anerkennungsmöglichkeit wegen der vielschichtigen Hindernisse im Verfahren nicht im vollen Umfang wahrgenommen.

Aufgrund des Fachkräftebedarfs auf dem deutschen Arbeitsmarkt haben Geflüchtete aus der Ukraine gute Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden. Allerdings ist hierbei die Qualität der Arbeitsangebote kritisch zu prüfen. Um langfristige Integrationsmöglichkeiten zu sichern, muss Planungssicherheit geschaffen werden. Ein befristeter Aufenthalt sowie lange Asylverfahren verringern die Chancen beträchtlich. Angebote für kurzzeitigere Beschäftigungsverhältnisse kommen derzeit aus Branchen, die infolge niedriger Arbeitsentgelte, schlechter Arbeitsbedingungen und des Stellenabbaus in der Pandemie nach Arbeitskräften suchen. Allerdings dürfte es sich für viele Geflüchtete dabei nicht um qualifikationsgerechte Beschäftigung handeln.

Im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) wurde am 17. März 2022 beschlossen, dass ukrainische Geflüchtete in Deutschland sofort arbeiten dürfen. Im Beschluss heisst es:

„Diese Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ermöglicht es den Vertriebenen aus der Ukraine, unmittelbar eine Arbeit in Deutschland aufzunehmen; die Ausländerbehörden erlauben entsprechend dem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit ausdrücklich. Die Agenturen für Arbeit sollen beraten, vermitteln und weitere Leistungen der aktiven Arbeitsförderung bieten.“

Was fordert der DGB?

Wer aus der Ukraine nach Deutschland geflohen ist, muss möglichst unkompliziert und schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden. Der DGB fordert dazu:

  • Frauen, die den ganz überwiegenden Teil der volljährigen Geflüchteten stellen, müssen dabei besonders gefördert werden.
  • Die Bundesregierung muss den Zugang zu Sprachkursen ebenso gewährleisten wie eine zügige und unkomplizierte Anerkennung beruflicher Abschlüsse und Qualifikationen. Gerade an letzterem Punkt hapert es bislang bei Menschen aus Drittstaaten, die in Deutschland arbeiten wollen. Mit Blick auf die zunächst befristete Aufenthaltsperspektive ukrainischer Geflüchteter ist es aber besonders wichtig, Qualifikationen schnell anzuerkennen, weil Geflüchtete nur so in passende Beschäftigung vermittelt werden können.
  • Sie dürfen nicht mangels Alternativen in prekärer Beschäftigung landen und dort die Versäumnisse in der Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Jahre ausgleichen. Denn Lücken gibt es vor allem dort, wo die Löhne niedrig und die Arbeitsbedingungen schlecht sind, beispielsweise in der Pflege und der Gastronomie. Die Bedingungen müssen sich also für alle Beschäftigten verbessern, gleich ob sie bereits in Deutschland leben, zu Arbeitszwecken einwandern oder auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung ins Land kommen.
  • Wichtig für Geflüchtete sind ferner Angebote für Bildung und Weiterbildung.
    Kinder und Jugendliche, die teils auch ohne Begleitung nach Deutschland fliehen, müssen zeitnah in Schulen und Kitas zu integrieren und gezielt gefördert werden.

 

Weitere Informationen der IAB:

Integration von Migrantinnen und Migranten in Deutschland: Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse hat positive Arbeitsmarkteffekte

Integrationshemmnisse geflüchteter Frauen und mögliche Handlungsansätze – eine Übersicht bisheriger Erkenntnisse

 

 

 

 

 

Quelle: https://www.dgb.de/

Bild: tagesschau.de