Freitag 13: Bundesweite Aktionen bringen H&M in Bedrängnis – Proteste in zahlreichen Städten gegen sozialschädliche Arbeitszeit-Modelle und Union Busting

Von aktion./.arbeitsunrecht

Am Freitag, 13. Oktober 2017 fanden Aktionen vor H&M Filialen in rund 20 deutschen Städten statt. 
Die Organisatoren der aktion./.arbeitsunrecht sind zufrieden mit der Beteiligung an der Kampagne “Jetzt schlägt’s 13” und der großen medialen Resonanz auf die eigenverantwortlich organisierten lokalen Proteste.

Der Aktionstag war ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer radikalen Bürgerrechtsbewegung für Demokratie und Menschenrechte in der deutschen Arbeitswelt. Auch wenn dieses Ziel noch längst nicht erreicht ist, haben wir die erste Etappe dorthin geschafft.

Phantasievolle Aktionen und Spaß am Widerstand

Die Zahl der Aktionsorte ist – im Vergleich zu den vier voran gegangenen Schwarzen Freitagen seit dem 13. März 2015 – vermutlich konstant geblieben. (Eine exakte Übersicht folgt an dieser Stelle, noch sind nicht alle Berichte eingegangen.)

Wir freuen uns über phantasievoll ausgedachte und lustvoll umgesetzte Bilder und Darbietungen vor H&M-Filialen:

  • einen Zombie-Walk – Marsch der lebenden Arbeitszeitleichen in Aschaffenburg,
  • eine Modenschau der arbeitsrechtlichen Grausamkeiten in Herford,
  • das öffentliche Zerflexen von 38,5 Stunden-Fest-Verträgen zu Flex-Verträgen in Köln,
  • einen Hai-Alarm und die Absperrung eines arbeitsrechtlichen Gefahrengebiets vor dem H&M-Flaggschiff-Geschäft in Hamburg.

Hinzu kamen zahlreiche andere kleine und größere Aktionen, in anderen Orten. (Bitte schickt Berichte per Kommentar!)

Gesteigerte Medienbeachtung

Die Resonanz der Kampagne “Jetzt schlägt’s 13!” in Presse, Funk und Fernsehen ist sprunghaft gestiegen. Über die Lokalberichterstattung hinaus, die ebenfalls deutlich zulegte, haben mit tagesschau.de und Handelsblatt erstmals auch bundesweite “Leitmedien” berichtet. Zahlreiche etablierte Blätter wie Hamburger Abendblatt und Süddeutsche Zeitung druckten eine bundesweit verbreitete dpa-Meldung ab.

Das Handelsblatt vollbrachte die journalistische Minderleistung, mit der aktion./.arbeitsunrecht die Initiatoren des Schwarzen Freitag vollständig zu verschweigen (siehe hier). Man schrieb den Aktionstag ver.di zu. Recherche-Leistung des Autoren Georg Weishaupt: mangelhaft.

Das Branchenportal TextilWirtschaft deklarierte ver.di ebenfalls als federführend und machte die aktion./.arbeitsunrecht zur “Partnerorganisation”. Recherche-Note für Andrea Hackenberg: gerade noch ausreichend. (2)

Image-Schaden: Widerstand muss weh tun

Der Image-Schaden für Hennes & Mauritz und die schwedische Oligarchen-Familie Persson dürfte mehrere Hunderttausend Euro erreicht haben, wenn wir deren übliche Kosten für PR, Werbung und Markenbildung grob überschlagen. Wenn wir zudem bedenken, dass unsere image-korrigierenden Informationen nachhaltig über Monate bis Jahre wirken – auf Kunden wie auf Jobsuchende im Einzelhandel – könnte sogar ein Millionenschaden daraus werden.

Das klingt viel, ist aber noch wenig angesichts der Geldberge, die sich auf Seiten der H&M-Unternehmer-Familie Persson anhäufen. (3)

Die gesteigerte mediale Aufmerksamkeit führen wir auf folgende Faktoren zurück:

  • verbesserte und beharrliche Pressearbeit der aktion./.arbeitsunrecht und ihrer Kontaktpersonen vor Ort,
  • diverse bilderreiche Aktionen vor Ort.
  • beharrliche Wiederholung des Formats Schwarzer Freitag.
  • H&M ist als Bösewicht durch Ausbeutung in Asien bereits bekannt.
  • Eine Pressemeldung des ver.di-Bundesvorstands als “Qualitätssiegel” für die Mainstream-Presse,
  • gesteigerte Aktzeptanz der aktion./.arbeitsunrecht durch Gewinn des taz.panter-Preis der Jury 2017.

Das gemeinsame Interesse der Lohnabhängigen formulieren

Hier sehen wir den politischen Mehrwert des Aktionstags gegen H&M: Es ist uns gelungen das Mega-Thema Flexibilisierung der Arbeitszeiten | Arbeit auf Abruf anhand eines Vorreiters wie H&M nach vorne zu bringen.

Ein Lern-Schritt, der bei allen Protesten gegen Union Busting und Betriebsratsbekämpfung von entscheidender Bedeutung ist: Finde das gemeinsame Interesse der gesamten arbeitenden Bevölkerung in dem Konflikt. Hebe vor allem diese Punkte heraus. Im Fall H&M waren das:

  • die Vorreiterrolle des Unternehmens bei der Durchsetzung und Erprobung sozialschädlicher Arbeitszeitszeit-Modelle,
  • die skrupellose Vernichtung von Arbeitsplätzen,
  • explodierender Reichtum der Besitzer, wachsende Armut der Arbeitenden.

Ähnliche Grausamkeiten haben viele Lohnabhängige bereits erlebt, anderen stehen sie noch bevor. Betriebsräte und gewerkschaftliche Organisierung sind kein Selbstzweck, sondern richten sich gegen eben solche Angriffe.

Betriebsräte und Gewerkschaften erfahren Solidarität, weil sie uns genau dagegen verteidigen – wenn sie ihre Arbeit gut machen. Denn genau dann, werden sie häufig zur Zielscheibe von Union Busting (Was ist das?).

Großostheim: Kampf um 344 Arbeitsplätze hat begonnen

Besonders freut uns, dass wir den Skandal um die geplante Schließung des H&M-Lagers in Großostheim durch den Schwarzen Freitag auf die Tagesordnung setzten konnten. Wir hoffen, dass der Aschaffenburger Zombie-Walk und die Betriebsversammlung in Großostheim am Freitag, den 13. der Auftakt zu einem erfolgreichen Betriebskampf zum Erhalt des Lagers waren.

Torben Ackermann, Vorstandsmitglied der aktion./.arbeitsunrecht und Kontaktperson für den süddeutschen Raum, sprach am 13. Oktober 2017 auf der Betriebsversammlung des H&M-Lagers Großostheim, wo er den Negativ-Preis “Der goldene Arsch mit Ohren” an die Frau Feist aus der H&M-Rechtsabteilung verlieh. Sie weigerte sich, die Trophäe entgegen zu nehmen, so dass eine weitere Übergabe-Aktion nötig sein wird. Man sieht sich immer zweimal.

Wie geht es weiter mit H&M?

Die Ächtung sozialschädlicher Arbeitszeit-Experimente gehört dringend auf die Tagesordnung. Hier muss der Propaganda des Arbeitgeberlagers – Flexibiliserung soll angeblich gut für die individuelle Lebensplanung der Beschäftigen sein –  dringend die Rote Karte gezeigt werden. Zumal sich Teile der DGB-Gewerkschaften bereits in diese Richtung bewegen: Das Unvermeidliche mitgestalten, nicht nur Risiken, sondern auch Chancen sehen.

Tatsächlich wollen uns Unternehmensberater und Manager aber in die Rolle von Lakaien und Dienstmägden zurück drängen. Nicht maximale Flexibilität sondern Planbarkeit und Sicherheit für Beschäftigte und ihre Angehörigen müssen unsere Ziele sein.

Wir hoffen, dass sich ein schlagkräftiger Widerstand gegen die geplante Vernichtung von 344 Arbeitsplatzen am H&M-Lager Großostheim entwickeln wird. Wir bewerten die Schließungsandrohung durch das Hamburger Management als Politik der verbrannten Erde gegen eine gewerkschaftlich gut organisierte Belegschaft und ihren aktiven Betriebsrat. Die aktion./.arbeitsunrecht erklärt sich solidarisch und drückt den Beschäftigten die Daumen!

Kampf den juristischen Nachstellungen durch DLA Piper

Wir werden die Arbeitsgerichtsprozesse aufgrund unsubstantiierter Kündigungsversuche gegen Betriebsratsmitglieder in Tübingen, Bad Godesberg und Leverkusen auch in Zukunft konstruktiv begleiten.

Wir sind davon überzeugt, dass die juristischen Nachstellungen der Kanzlei DLA Piper nur dazu dienen, ihre eigenen Honorare aufzublähen und Gewerkschafter_innen systematisch zu zermürben.

Letztlich handelt es sich bei den vorgetragenen Schriftsätzen um aufgeblasenen rechtsnihilistischen Jura-Schrott, auch wenn sie von noch so hoch studierten Anwälten verfochten werden, die in teurem Zwirn und handgefertigten Schuhen auf weich gefederter Ledersohle daher kommen, auch wenn ihre Schriftsätze meterdick sind. (Wir hörten, dass diese Schriftsätze oft computergestützt fabriziert würden.)

Die schmutzigen Machenschaften der Kanzlei DLA Piper und ihrer Arbeitsrechtsabteilung unter Volker von Alvensleben (Jungfernstieg 7, Hamburg) bedürfen ebenfalls weiterer Beobachtung und näherer Betrachtung.

Presseschau Schwarzer Freitag, 13. 10. 2017 (Auswahl)

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Fußnoten

(1) Leider mussten wir auch zur Kenntnis nehmen, dass einige wenige ver.di-Sekretäre sich durch Dienst nach Vorschrift und Desinteresse hervor taten. Einzelne betrieben sogar aktive Demobilisierung durch das Schüren unbegründeter Ängste auf Seiten der H&M-Beschäftigten in ihrer Region. Darüber wird intern zu reden sein.

(2) Wir haben tatsächlich mit dem ver.di Fachbereich 12 Handel gut kooperiert, ebenso mit Mitgliedern einzelner Betriebsräte und des H&M-Gesamtbetriebsrats. Wir sind allerdings finanziell und organisatorisch vollkommen eigenständig und unabhängig, was wir als wichtigen Bestandteil unseres Konzepts betrachten.

(3) H&M-CEO Karl-Johan Persson soll ein Privatvermögen von einer Milliarde US-Dollar besitzen, sein Vater Stefan Persson, der größte Aktionär von Hennes & Mauritz, hortet laut Forbes über 20 Milliarden.