Gute Arbeit statt mehr Minijobs

Minijobs sind mit derzeit rund 7,5 Mio. geringfügig entlohnten Beschäftigten am Arbeitsmarkt fest verankert. Gerechtfertigt wurde der Sonderstatus Minijob einst mit dem traditionellen Familienmodell in der alten Bundesrepublik, in dem Frauen höchstens einen kleinen Hinzuverdienst haben sollten.

Inzwischen hat sich dieses Familienmodell jedoch grundlegend gewandelt. So geriet im Zuge der „Hartz-Reformen“ das Hinzuverdienstargument in den Hintergrund und arbeitsmarktpolitische Argumentationen wurden in den Vordergrund gerückt. Minijobs sollten von nun an als Niedriglohninstrument ein Sprungbrett in reguläre Beschäftigung sein. Der DGB hat dies von Beginn an kritisiert. Zwischenzeitlich haben auch zahlreiche wissenschaftliche Studien belegt, dass Minijobs eher als Mauer denn als Sprungbrett wirken.

Darum sprach auch im vergangenen Frühjahr die Sachverständigenkommission zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung mit Nachdruck die Empfehlung aus, die derzeitige Minijobpolitik zu überprüfen und die bestehende staatliche Förderung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse deutlich zurückzufahren. 

Das Wichtigste in Kürze

  • Derzeit ist unklar, wie es beim Thema Minijob weiter geht. Die Union hat in ihrem Regierungsprogramm angekündigt, die Minijobgrenze anzuheben (bis zu 550 Euro). Anders die SPD in ihrem Regierungsprogramm: „Auch geringfügige Beschäftigung wollen wir abbauen, den Missbrauch bekämpfen und Beschäftigten den Weg aus Minijobs in sozialversicherungspflichtige Arbeit öffnen.“ Der DGB lehnt das Vorhaben der Union, die Minijobgrenze anzuheben, entschieden ab und fordert für diese Legislaturperiode deutliche Verbesserungen für die Beschäftigten in kleiner Teilzeit. Statt mehr Minijobfallen braucht es mehr Gute Arbeit. Deshalb hat der DGB Vorschläge entwickelt, wie Minijobs in reguläre Beschäftigung überführt werden können.

 

  • Auch Personen mit geringen Einkommen sollen voll in die soziale Sicherung integriert werden. Bei sehr niedrigen Einkommen sollen allerdings die Beiträge auf Arbeitgeber und Beschäftigte unterschiedlich verteilt werden, so dass der Anteil der Beschäftigten schrittweise steigt, während die Belastung für die Arbeitgeber sinkt. Ab 850 Euro soll dann die paritätische Finanzierung greifen. So werden Anreize in den Betrieben geschaffen, das Arbeitsvolumen auszuweiten, wenn es von den Beschäftigten gewünscht wird. Zugleich berücksichtigt der Vorschlag die Interessen von Geringverdienerinnen bzw. Geringverdienern und stärkt ihre soziale Absicherung und die Durchsetzung ihrer arbeitsrechtlichen Ansprüche. Um die Arbeitsbedingungen in Kleinstarbeitsverhältnissen zu verbessern, sind aber auch mehr Kontrollen nötig, und der Mindestlohn darf auf keinen Fall verwässert werden.

 

  • Darüber hinaus braucht es noch deutlich mehr Anstrengungen als bisher, um Wege aus der beruflichen Sackgasse ‚kleine Teilzeit‘ durch eine gezielte Beratungs- und Weiterbildungsoffensive zu ermöglichen. Auch die Abschaffung der inzwischen längst überholten Lohnsteuerklassenkombination III/V ist überfällig. Sie fördert eine traditionelle Arbeitsteilung in der Ehe, bei der meist die Frau in einen (kleinen) Teilzeitjob gedrängt wird. Für eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf braucht es lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle und ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit sowie ein Recht auf befristete Teilzeit.

 

  • Eine Weiterbildungsoffensive hilft, dem Dequalifikationsrisiko entgegenzuwirken. In 2016 hat nicht einmal jede/r fünfte Beschäftigte in Minijobs an einem Angebot zur betrieblichen Weiterbildung teilgenommen. Im Rahmen der Arbeitsförderung nahmen im Mai 2017 rd. 15.000 Minijobber/innen an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teil. Das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit hilft, dass insbesondere Frauen ihre Arbeitszeitwünsche verwirklichen können. In der Ausweitung des Arbeitszeitvolumens von Frauen in Teilzeit liegt ein Potential zur Fachkräftesicherung bis 2030 von 445.000 bis 890.000 Vollzeitäquivalenten. Reformen bei den Minijobs können mit dazu beitragen, Teile dieser Potentiale frei zu setzen. Insgesamt arbeiteten im Dezember 2016 7,4 Mio. Menschen in 450-Euro-Jobs. Im Oktober 2017 waren es rd. 7,5 Mio. Beschäftigte (vorläufige Zahlen).

 

 

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Bild: privat