MEMORANDUM 2019: Klimakollaps, Wohnungsnot, kriselnde EU – Alternativen der Wirtschaftspolitik

Überall auf der Welt sind rechtspopulistische, rechtsradikale, nationalistische und autoritäre Kräfte auf dem Vormarsch. Das politische System hat spürbar an Bindekraft verloren. Das lässt sich nicht monokausal erklären. Dennoch spricht viel für die These, dass eine jahrzehntelange Gemengelage aus Neoliberalismus, Globalisierung und Dominanz der Finanzmärkte die Menschen verunsichert hat.

Viele fühlen sich materiell abgehängt, und viele sind auch materiell abgehängt. Das materielle Aufstiegsversprechen für die Zukunft gilt nicht mehr. Im Gegenteil: die Angst vor dem wirtschaftlichen Abstieg ist allgegenwärtig. Vor allem seit der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 hat sich diese Tendenz verstärkt. Der Nationalstaat scheint nicht mehr steuerungsfähig, die Finanzwelt bestimmt die Politik. Lebensrisiken werden nur noch ungenügend abgesichert. Die Politik scheint kapituliert zu haben. Das führt dazu, dass die Demokratie insgesamt diskreditiert wird. Wir schreiben zwar nicht das Jahr 1930, aber wo diese Entwicklung in vielen Ländern enden wird, wenn nicht konsequent gegengesteuert wird, mag man sich gar nicht ausmalen.

Der Aufschwung reaktionärer Bewegungen fällt zusammen mit einer guten wirtschaftlichen Entwicklung in großen Teilen der Welt. Das scheint auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen. Deutschland erlebt gerade den längsten Aufschwung seiner Nachkriegsgeschichte. Rein technisch betrachtet hat es seit neun Jahren keine Rezession mehr gegeben, also zwei aufeinanderfolgende Quartale mit einer schrumpfenden Wirtschaft. Schaut man sich die Entwicklung genauer an, ist es nicht ganz so einfach. Die Jahre 2010 und 2011 waren geprägt von der Erholung von der großen Krise. 2012 und 2013 dümpelte die deutsche Ökonomie mit sehr schwacher Dynamik näher an der Stagnation als am Aufschwung. Aber seit 2014 wächst die Wirtschaftsleistung durchaus ansehnlich. Natürlich sollte man diesen Aufschwung nicht überbewerten. Er war zwar lang, im Vergleich zu früheren Boomphasen waren die Zuwächse aber durchaus bescheiden. Trotzdem ist damit ein seit der Gründung der Bundesrepublik bestehender Trend durchbrochen: Die Wirtschaftsleistung ist zum ersten Mal stärker gewachsen als im Jahrzehnt zuvor.

Dieser Aufschwung weist einige strukturelle Unterschiede zu bisherigen Hochkonjunkturphasen auf. Bemerkenswert ist vor allem, dass es diesmal nicht die Exporte waren, die als Wachstumstreiber gewirkt haben. Die Wachstumseffekte des Außenbeitrags (Exporte minus Importe) lagen über den ganzen Zeitraum von 2014 bis heute ungefähr bei null. Das vom Wachstum schon schwächere Jahr 2018 ist in dieser Hinsicht typisch für die vergangenen Jahre. Im Unterschied zu den Vorjahren war allerdings die Investitionstätigkeit durchaus kräftig. Das ist für eine späte Aufschwungphase mit stark ausgelasteten Kapazitäten normal. Über den gesamten Zyklus betrachtet blieben die Investitionen aber weiter schwach. Auf einen Sondereffekt deutet die starke Vorratsbildung 2018 hin. Sie ist nicht der Ausdruck einer schwachen Nachfrage, sondern eines fehlenden Angebotes. Die Automobilindustrie hatte es nicht geschafft, die neuen WLTP-Zulassungsstandards rechtzeitig umzusetzen. Neben einer gedrosselten Produktion wurden in großer Zahl nicht zulassungsfähige Autos auf Halde (z. B. dem noch nicht im Betrieb befindlichen Berliner Flughafen) gelagert. Dass produzierte Autos, die nicht verkauft werden dürfen, zu einer – nicht unwesentlichen – Steigerung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) führen, zeigt einmal mehr die Problematik dieses Indikators.

Dass der Außenhandel keine Wachstumseffekte mehr hervorbringt, heißt aber keineswegs, dass Deutschland keine Überschüsse mehr erwirtschaftet. Wachstum entsteht nur durch zunehmende Überschüsse in der Handelsbilanz. Der bestehende Überschuss allerdings reproduziert sich alljährlich weiter. Nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes exportierte Deutschland 2018 Güter und Dienstleistungen im Wert von 1,3 Billionen Euro (davon 59 Prozent in die Länder der EU). Dem standen Importe von 1,1 Billionen Euro gegenüber (davon 57 Prozent aus den Ländern der EU). Das ergibt einen Außenhandelsüberschuss von 228 Milliarden Euro (etwa 20 Milliarden Euro weniger als noch 2017). Der – weiter gefasste – Leistungsbilanzsaldo betrug nach ersten Berechnungen der Deutschen Bundesbank 249 Mil­liar­den Euro, gegenüber 261 Mil­li­arden Euro im Jahr 2017. Deutschland baut also weiter Forderungsbestände im Ausland auf, während sich das Ausland stärker in Deutschland verschuldet.

Jetzt mehren sich massiv die Anzeichen, dass der Boom zu seinem Ende kommt. Bereits im zweiten Halbjahr 2018 stagnierte die Wirtschaftsleistung, im gesamten Jahr stieg sie nur noch um 1,4 Prozent. Die Stimmungsindikatoren sind eingebrochen. Auf der anderen Seite bleiben die Kapazitätsauslastung, die Auftragsbestände und die Lagebeurteilungen auf einem hohen Niveau. Die Prognosen sehen Deutschland auf einem schwächeren Wachstumspfad, doch die Krisenrisiken nehmen zu. Vor allem die Einführung hoher Strafzölle für Autos in die USA träfe das deutsche Geschäftsmodell und würde in die Rezession führen. Die Risiken, die von einer nationalistisch geprägten Abschottungspolitik mit hohen Zöllen für eng verflochtene Volkswirtschaften ausgehen, sind gewaltig. Die Geldpolitik zumindest in der Eurozone ist immer noch sehr expansiv ausgerichtet. Für eine aktive Krisenbekämpfung sind die klassischen Möglichkeiten der Geldpolitik weitgehend ausgeschöpft. Die industrielle Produktion in Deutschland steht vor großen technologischen Umbrüchen, die zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten führen können. Gleichzeitig wurde die günstigere wirtschaftliche Situation der vergangenen Jahre nicht dazu genutzt, drängende gesellschaftliche Probleme zu lösen. Insofern hat auch die gesellschaftliche Verunsicherung im Aufschwung nicht wesentlich abgenommen.

Herausforderung Klimakollaps

Der Klimawandel ist sichtbar, fühlbar, messbar – und er beschleunigt sich. Die Hoffnung auf eine globale Trendwende bei den CO2 -Emissionen hat sich bisher nicht erfüllt; ausgerechnet im Vorfeld zur der letzten Klimakonferenz (COP 24 in Katowice, Dezember 2018) kam die Hiobsbotschaft, dass die CO2 -Emissionen nach drei Jahren Konstanz (2014-2016) erneut auf das bisherige Maximum von 53,5 Milliarden Tonnen CO2 -Äquivalent gestiegen sind.

Das ist zweifellos alarmierend: Langfristszenarien, allen voran der aktuelle Sonderbericht des Weltklimarats IPCC, deuten darauf hin, dass selbst bei der im Paris-Übereinkommen (2015) von der Weltgemeinschaft vereinbarten 2-Grad-Grenze schon irreversible Prozesse in Gang gesetzt werden könnten (wie z. B. die Zerstörung aller Korallenriffe).

Der Anstieg des Meeresspiegels, die Zunahme von Sturmfluten und der Intensität von Wirbelstürmen, die Häufung von Extremwetterereignissen (Dürren, Überschwemmungen), die Bedrohung von Küstenstädten wie z. B. Venedig, Hamburg, New York City, London, Miami, Dhaka, Shanghai, Mumbai oder Osaka und die Existenzbedrohung für ganze Länder wie die kleinen Inselstaaten im Pazifik, die Niederlande oder Bangladesch, wären Folgen eines weiteren Trendwachstums der globalen Mitteltemperatur.

Die deutsche Energiewende-Politik steht im Kontext der europäischen Klima- und Energiepolitik. Als wirtschaftlich stärkstes EU-Mitgliedsland bremst Deutschland einerseits immer wieder eine ambitioniertere europäische Rahmensetzung (z. B. im Sektor Mobilität). Andererseits wirken der Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung und die ambitionierte Zielsetzung des Energiewende-Konzepts von Deutschland noch immer beispielgebend. Im September 2010 hatte die Bundesregierung ein Konzept für die Energiewende verabschiedet und nach der Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 ergänzt. Mit quantifizierten „revolutionären Zielen“ (Bundeskanzlerin Merkel) wurden dabei eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen, ein massiver Ausbau der regenerativen Energien und eine – bisher für unmöglich gehaltene – absolute Senkung des gesamten Energieverbrauchs (inklusive sektoraler Ziele für den Gebäudebestand und den Verkehrsbereich) festgeschrieben.

Die bisherige Bilanz der Energiewende zeigt, dass vor allem beim Energiesparen, bei der Erreichung des CO2 -Minderungsziels 2020 und beim ökologischen Umbau des Verkehrs- und des Gebäudesektors erhebliche Defizite zu konstatieren sind. Bisher ist die Energiewende im Wesentlichen eine Stromwende geblieben. Die Gebäudewende hat nur zaghaft begonnen und die Verkehrswende wurde so stark vernachlässigt, dass die CO2 -Emissionen, statt bis 2020 um 10 Prozent zu fallen, bis 2017 um 3,8 Millionen Tonnen CO2 sogar gestiegen sind. Angekündigt als Vorreiter beim Klimaschutz und der Energiewende, ist die Bundesrepublik beim weltweiten Klimaschutzindex von Germanwatch daher inzwischen auf Rang 27 der 60 wichtigsten Treibhausgas-Emittenten abgerutscht.

Im Vollzug der Energiewende haben sozio-ökonomische Fragen (z. B. Kosten- und Preisentwicklung, Wachstumseffekte, Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigungswirkung, Fragen der Verteilung und des Lebensstils) zunehmend an Bedeutung gewonnen. Sie haben bisher noch keinen integrierten und langfristig orientierten Politikwechsel einleiten können, aber sie werden in Zukunft die Diskussion über die Energiepolitik dominieren. Die Konflikte um den Kohleausstieg in Deutschland oder auch der Auslöser der Proteste der „Gelben Westen“ in Frankreich – ein sozial unüberlegtes Design einer Öko-Steuer auf Treibstoffe – sind unüberhörbare Signale. Die Energiewende muss eine sozial-ökologische Transformation werden, wenn sie erfolgreich sein soll, sie muss vorhandene Spaltungen und Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft möglichst abbauen helfen und darf sie keinesfalls noch verschärfen.

In einer „Folgenabschätzung zu den ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Folgewirkungen der Sektorziele für 2030 des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung“ haben sechs Institute unter der Leitung des Öko-Instituts im Auftrag des Bundesumweltministeriums die Folgewirkungen identifiziert, die sich bei der Umsetzung des deutschen Klimaschutzplans 2050 ergeben:

  • Die Erreichung der Ziele erfordert in allen Sektoren erhebliche zusätzliche Investitionen. Die Umsetzung der Energiewende und ambitionierter Klimaschutz stellen insofern ein Zukunftsinvestitionsprogramm mit einer neuen „grünen“ Qualität dar. Eine „Wachstumskritik“, die diesen Strukturwandel nicht hinreichend auf seine „Qualität“ reflektiert, ist daher nicht zielführend: Ambitionierter Klimaschutz und eine Energiewende im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation bedeuten, dass der wirtschaftliche Strukturwandel so beschleunigt wird, dass „braune Sektoren“ (der fossil-industrielle Komplex) schneller schrumpfen und „grüne Sektoren“ (z. B. Energieeffizienz, erneuerbare Energien) schneller wachsen müssen. Welchen aggregierten Wert die Wirtschaftsstatistik als Resultat dieses Strukturwandels pro Jahr aufweist, ist dabei offen. Das Resultat kann, muss aber nicht notwendig ein positives Wirtschaftswachstum sein.
  • In den meisten Sektoren zeigt sich, dass eine vorrangig auf Energieeffizienz fokussierte Strategie mit volkswirtschaftlichen Vorteilen verbunden ist, d. h. den notwendigen Investitionen stehen auch ähnlich hohe oder sogar noch höhere Einsparungen gegenüber.
  • In der gesamtwirtschaftlichen Analyse zeigen sich insgesamt positive Auswirkungen auf Wertschöpfung, Bruttoinlandsprodukt und Beschäftigung. Allerdings stehen Zugewinnen in vielen Branchen auch rückläufige Entwicklungen von Wertschöpfung und Beschäftigung in einigen Branchen gegenüber. • Auch bei der Analyse von Strompreisen und Energiekosten zeigt sich, dass eine Energiewende im Vergleich zur Referenzentwicklung für die Wirtschaft meist vorteilhaft ist.
  • Die positiven makroökonomischen Effekte beruhen u. a. darauf, dass erhebliche Einsparungen beim Import fossiler Energieträger möglich werden.
  • Im Zuge des vollständigen Atomausstiegs bis zum Jahr 2022 und bei einem mittelfristig gestalteten Kohleausstieg (bis 2038) wird die überholte Vorstellung einer dauerhaft verfügbaren „Grundlast“ durch fossil-nukleare Großkraftwerke zur Versorgungssicherheit endgültig obsolet. • Schon heute wird im Norden Deutschlands ein Anteil variabler Stromeinspeisung von etwa 50 Prozent (vor allem aus Wind) sicher beherrscht. Die Energiewissenschaft spricht von Versorgungssicherheit durch „Flexibilitätsoptionen“, die parallel zur steigenden variablen Stromeinspeisung aus Wind und Sonne ins Energiesystem einbezogen werden.
  • Die Studie hat positive Wirkungen durch vermiedene Schadstoffemissionen und vermiedene externe Kosten des Klimawandels ausgewiesen.
  • Die Studie errechnet auch die voraussichtlichen (Netto-)Beschäftigungseffekte bei der Umsetzung der oben genannten Sektorziele bis 2030. Je nach Szenario werden Beschäftigungsgewinne von 307.000 bis 427.000 zusätzlichen Beschäftigten errechnet.

Die ordnungspolitische Zielvision zukünftiger, vollständig dekarbonisierter und risikominimierender Energiesysteme bedeutet das Ende der Energiewelt, wie wir sie kannten. Das meiste ist noch unklar, aber erste Konturen sind schon heute erkennbar: Klassische Konzerne zur Energieversorgung werden verschwinden; Millionen neuer Akteure auf der Nachfrage- und der Angebotsseite des Energiesystems werden miteinander interagieren; Strom-, Wärme- und Verkehrssektor werden über Digitalisierung und Elektrifizierung zusammenwachsen; Netze werden intelligent gesteuert werden; virtuelle Kraftwerke, d. h. das Zusammenschalten von dezentralen Erzeugungsanlagen, Speicher und Last-Management-Optionen, werden eine wesentliche Rolle spielen. Das Fortschrittspotenzial dieser neuen Energiewelt lässt sich vielleicht unter dem Begriff „Re-Vergesellschaftung“ subsumieren. Dazu gehört auch ein umfangreicher Prozess der Re-Kommunalisierung mit der Gründung zahlreicher neuer Stadtwerke.

Herausforderung Europa

Für die Europäische Union ist 2019 ein Jahr der Entscheidung. Das verstolperte Krisenmanagement hat der Gemeinschaft immense Kosten und Konflikte aufgebürdet. Der tiefsitzende Streit um die Flüchtlingsfrage, völlig unterfinanzierte öffentliche Haushalte und der Brexit sind Symptome der Zerrüttung. Es steht zu befürchten, dass neoliberale Kräfte den in den EU-Verträgen ohnehin dominierenden Wettbewerbsgedanken weiter stärken und den Kooperationsgedanken schwächen. Die EU braucht aber unbedingt Handlungsspielräume zur Bewältigung anstehender Zukunftsfragen wie Klimapolitik, sozialer Zusammenhalt, Migrationsbewegungen und Terrorbekämpfung. Denn diese Probleme lassen sich im Wettbewerb der Nationen nicht sinnvoll lösen. Notwendig zur Zukunftsgestaltung wäre eine tiefverankerte Kooperation.

Zudem droht bei den anstehenden Europawahlen ein Rechtsruck im Europäischen Parlament, der gemeinschaftliches Handeln weiter in Frage stellen wird. Dabei ist die EU ein wichtiger Akteur und ein Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten, Russland und China. Als Gegenentwurf zur marktwirtschaftlich-kapitalistischen Renditeökonomie sind Wirtschaftsformen gefragt, die Mensch und Umwelt in den Mittelpunkt stellen. Hier könnte eine reformierte EU eine wichtige Vorbildfunktion einnehmen.

Krisenerscheinungen wie ein gestörtes Finanzsystem, Kahlschlag bei Staatsausgaben, soziale Krise und realwirtschaftliche Krisen in der Peripherie überlappen sich und befördern auf der nationalstaatlichen Ebene den Aufstieg rechtspopulistischer Kräfte. Inzwischen hat sich die Situation derart zugespitzt, dass dem Zerfall der EU als Gemeinschaft massiv entgegengetreten werden muss. Wortführer des EU-Zerfalls sind aber keineswegs die sogenannten südlichen Krisenländer, also Griechenland, Spanien, Portugal und Italien. Vielmehr sind es Staaten, die in den letzten Jahren von der Gemeinschaft erheblich profitiert haben. Dazu gehören Großbritannien als Finanzzentrum ebenso wie viele der sogenannten Transformationsländer, etwa Polen und Ungarn. Hier ist der Wohlstand in den Jahren der EU-Mitgliedschaft deutlich gestiegen.

Im Zuge der rückwärtsgewandten EU-Krisenbekämpfungspolitik wurde auf einen kontraproduktiven finanzpolitischen Crashkurs zur Ausgaben- und Schuldenbegrenzung gesetzt, der zu erheblichen sozialen Härten in den betroffenen Ländern geführt hat. Die EU-Wirtschaftspolitik hat sozial- und verteilungspolitische, aber auch ökologische Fragen dabei sträflich vernachlässigt.

Nachdem das Freihandelsabkommen mit den USA, das TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership), vor allem an Donald Trump, aber auch an einer breiten Widerstandsbewegung gescheitert ist, setzt die EU auf den zügigen Ausbau von Freihandelspartnerschaften mit anderen Regionen. Ohne öffentliche Protestbewegungen werden weitere Abkommen ausgehandelt und verabschiedet, etwa mit Japan (JEFTA= Japan-European Free Trade Agreement). Auch wenn es in den Abkommen punktuelle Verbesserungen gibt, bleiben sie eine Gefahr für den Arbeits-, Verbraucher- und Umweltschutz. Ein darin enthaltener „Investorenschutz“ kann nur als Renditeschutzprogramm für internationale Investoren verstanden werden.

Mit dem Fiskalpakt wird im konkurrenzbasierten Umfeld des EU-Binnenmarkts die Umverteilung von oben nach unten deutlich erschwert. Selbst elementare sozialpolitische Maßnahmen fallen vielfach der Defizitorientierung zum Opfer. Immer mehr Menschen werden durch Kürzungen in den wichtigen Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales ihrer Aufstiegs- und Teilhabechancen beraubt.

Immer wieder hat es Widerstände gegen die schroffe Ausrichtung des EU-Fiskalregimes gegeben. Im Ergebnis werden einige der Regelungen der EU-Haushaltskontrolle inzwischen flexibler ausgelegt. Zuletzt probte Italien den Ausbruch. Das Land steht wegen seiner hohen Gesamtverschuldungsquote in der Kritik, das dahinterliegende Problem sind aber nicht überbordende Staatsausgaben, sondern es ist die seit Jahren stagnierende Wirtschaft.

Die unübersehbaren Schwächen der Architektur des Euro-Währungsraums haben bisher nicht dazu geführt, dass sich die Eurostaaten auf eine neue Ordnung einigen konnten. Zu groß sind die Differenzen infolge unterschiedlicher Denkweisen und Interessen.

Herausforderung Wohnungsnot

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zumindest in den Metropolen immer dramatischer. Die Angebotsmieten sind in den vergangenen zehn Jahren in den Metropolen um mehr als 60 Prozent gestiegen. Die Kaufpreise für Immobilien haben zwischen 2009 und 2017 bundesweit um 61 Prozent zugenommen. Die Bodenpreise sind seit 2011 um mehr als 36 Prozent gestiegen, teilweise um bis zu 1.000 Pro­zent. Es fehlen 1,9 Millionen bedarfsgerechte Wohnungen. Der zuständige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und die SPD reagieren und erklären die Wohnungsfrage mit viel Pathos zur „sozialen Frage des 21. Jahrhunderts“. Gleichzeitig stehen, vorwiegend im ländlichen Raum, über eine Million Wohnungen leer.

Etwa die Hälfte der Bevölkerung wohnt zur Miete. Die Kosten für Wohnung und Energie betragen durchschnittlich etwa 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens. Auf angespannten Wohnungsmärkten können sich die Vermieterinnen und Vermieter ihre neuen Mieterinnen und Mieter aussuchen – wobei Neumieterinnen und Neumieter in der Regel froh sind, wenn sie ausgesucht werden. Viele der aktuellen Vorschläge zum „sozialen Wohnungsbau“ schreiben die Fehler des alten marktbegleitenden Fördermodells mit befristeter Sozialbindung fort. Die Neubauzahlen bleiben weit hinter dem Bedarf zurück. Das sogenannte Baukindergeld wird tatsächlich fast ausschließlich zum Erwerb von Bestandsimmobilien genutzt.

Angesichts von über einer Million fehlenden Wohnungen ist ein Neuaufbau von Baukapazitäten nötig. Doch die Bauunternehmen nehmen den Nachfrageboom mit Preiserhöhungen mit, ohne langfristige Investitionen, ohne Risiken einzugehen. Ohne eine öffentliche, langfristig sichere Nachfrage nach Bauleistungen werden die Unternehmen ihre Kapazitäten nicht erweitern und nicht in neue, kostensenkende serielle Bauverfahren investieren.

Deshalb droht in der politischen Auseinandersetzung eine Sackgasse: Trotz sich zuspitzender Probleme auf den Wohnungsmärkten sind in der Debatte keine realistischen Alternativen erkennbar. Die Situation erscheint ebenso schlimm wie unveränderbar. In der Antwort auf den bestehenden Wohnungsmangel muss es aber darum gehen, aktiv die gesellschaftlichen Lebensbedingungen für die kommenden Jahre zu gestalten. Die heutige Siedlungsstruktur ist weder unter sozialen noch unter ökologischen Gesichtspunkten nachhaltig. Eine demokratische Gesellschaft braucht eine soziale Infrastruktur, deren Teil die Wohnungsversorgung ist.

Im MEMORANDUM 2018 hat die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik die Herausbildung der aktuellen Krisensituation dargestellt und als Konsequenz das Programm eines neuen kommunalen Wohnungsbaus entwickelt. Die diesjährige Analyse der Eigentumsverhältnisse auf dem Wohnungsmarkt, der Bewirtschaftungsstrategien verschiedener Vermieterinnen und Vermieter und der Konjunktur der Bauwirtschaft untermauert diesen Vorschlag. Es geht aber nicht nur um die besseren Argumente, sondern um politische Kräfteverhältnisse und materielle Veränderungen: Nur mit einem wachsenden öffentlichen Wohnungsbestand gibt es eine reale, politisch gestaltete Alternative zu den massiven Mietsteigerungen bei Neuvermietungen, den damit verbundenen Mietsteigerungen im Bestand und den spekulativen Steigerungen der Bodenpreise insbesondere in Großstädten und Ballungsräumen.

Herausforderung Arbeitsmarkt

Phasen des wirtschaftlichen Aufschwungs sollten zu wachsendem Wohlstand führen und die Gesellschaft dazu befähigen, wichtige Probleme zu lösen. Dazu fehlte dem jüngsten Aufschwung jedoch einerseits die Kraft, andererseits war die Politik nicht willens, die Weichen richtig zu stellen. Der Markt regelt es nicht. Das fängt mit dem Arbeitsmarkt an. Seit Anfang der 1970er Jahre haben auch Wirtschaftsaufschwünge nicht mehr zur Vollbeschäftigung geführt. Das war in diesem Aufschwung nicht anders. Es besteht allerdings ein erheblicher qualifikatorischer und regionaler Mismatch zwischen Angebot und Nachfrage. Neu ist, mit welcher Konsequenz das Problem Arbeitslosigkeit aus den öffentlichen Debatten verbannt wurde. Heute dreht sich die Arbeitsmarktdebatte um den „Fachkräftemangel“. Nach der Gemeinschaftsdiagnose der Forschungsinstitute führt die Knappheit auf dem Arbeitsmarkt zum Ende des Aufschwungs.

Doch die tatsächlich bestehenden Knappheiten in vielen Segmenten des Arbeitsmarktes dürfen nicht den Blick darauf verstellen, dass auf der anderen Seite ein großes Heer von Arbeitslosen vergeblich nach einem Anstellungsverhältnis sucht. Selbst nach der offiziellen Zählung waren im vergangenen Jahr 2,34 Millionen Menschen als Arbeitslose registriert. 813.000 davon waren schon seit über einem Jahr ohne Job und damit langzeitarbeitslos. Die Unterbeschäftigung in der Definition der Bundesagentur für Arbeit (BA) betrug knapp 3,2 Millionen. Dazu kommen (nach Schätzung des IAB) noch knapp 200.000 Personen in der Stillen Reserve im engeren Sinne.

Trotz guter Arbeitsmarktentwicklung ist Deutschland von einer stabilen Vollbeschäftigung weit entfernt. Strukturelle Probleme wie unzureichende Qualifizierung, instabile Beschäftigung und geschwächter kollektiver Schutz der abhängig Beschäftigten bestehen weiter. Segmentierte Arbeitsmärkte und die nach wie vor bestehenden asymmetrischen Machtverhältnisse haben zu einem Nebeneinander von Arbeitslosigkeit sowie sektoraler und regionaler Vollbeschäftigung geführt und die soziale Spaltung in Bezug auf Einkommen und prekäre Lebenslagen verfestigt. Seit über 30 Jahren werden instabile Beschäftigungsverhältnisse – geringfügige Beschäftigung, sachgrundlose Befristung, Leiharbeit – rechtlich und faktisch ausgeweitet; angeblich sollen dadurch Arbeitssuchende eher eine erste Beschäftigung finden und dann in stabile Arbeitsplätze umsteigen können. Eingetreten ist das Gegenteil: Viele stabile Arbeitsplätze wurden in instabile umgewandelt; erzwungene prekäre Arbeit nahm zu und verfestigte sich. Seit 2010 ist dieser Trend zwar gestoppt. Aber der Anteil atypischer Arbeitsverhältnisse verharrt bei ca. 33 Prozent; instabile Beschäftigungsverhältnisse haben sich also trotz insgesamt verbesserter Arbeitsmarktlage verfestigt.

Profitiert hat der Arbeitsmarkt insgesamt von einer eher schwachen Produktivitätsentwicklung. Schon seit langem gibt es in allen Industrieländern einen Trend zu schwächerem Produktivitätswachstum. Daran hat der jüngste Aufschwung nichts geändert. Im Jahr 2018 stagnierte die Arbeitsproduktivität (je Erwerbstätigenstunde) in Deutschland faktisch mit einem Anstieg von nur 0,1 Prozent. Früher wurde dieser Trend mit dem wachsenden gesamtwirtschaftlichen Gewicht der (weniger produktiven) Dienstleistungen erklärt. Dieser Strukturwandel ist weiter ein wichtiger Faktor. Er erklärt aber längst nicht die gesamte Entwicklung. Denn auch in der Industrie schwächt sich der Anstieg der Produktivität ab. Im Jahr 2018 (Zeitraum von Januar bis November) verringerte sich die Produktivität je Stunde in der Metall- und Elektroindustrie sogar um 0,2 Prozent. Trotz eines Produktionsanstiegs um 2,1 Prozent wurde das Personal um 2,9 Prozent aufgestockt.

Diese Entwicklung lässt sich auch gesamtwirtschaftlich aufzeigen. Weil im Gegensatz zu früheren Dekaden in den vergangenen Jahren die Wirtschaftsleistung stärker zulegte als die Produktivität, nahm seit 2014 das Arbeitsvolumen kräftig zu und erreicht den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung.

Herausforderung Verteilung

Das größte gesellschaftliche Drama ist die extrem ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen. Die Verteilung ist seit Anfang der 1980er Jahre immer ungleicher geworden. Die neoliberale Wende hat Früchte getragen. Der wirtschaftliche Erfolg ist bei vielen nicht angekommen. Das ist sicherlich ein wichtiger Grund, warum viele Menschen sich von dieser Gesellschaft abwenden und politischen Rattenfängerinnen und Rattenfängern hinterherlaufen – auch wenn diese ein politisches Programm vertreten, das viele ihrer Anhängerinnen und Anhänger noch viel ärmer machen würde. Deutlich wird die wachsende Ungleichheit, wenn man den Anteil der höchsten zehn Prozent der Einkommen an allen Einkommen betrachtet. Er steigt laut World Inequality Report vor allem seit Mitte der 1990er Jahre stark an. Den zweiten Schub gab es Anfang der 2000er Jahre mit der Schröder-Politik. Hier schlägt sich die schlechtere Primärverteilung durch wachsenden Lohndruck genauso nieder, wie es diverse Steuerreformen tun, die hohe Einkommen begünstigten. Der Trend ist eindeutig und wird nur wenig von konjunkturellen Schwankungen beeinflusst.

Das zeigen auch die Daten der funktionalen Einkommensverteilung zwischen Kapital und Arbeit. Die Lohnquote, d. h. der Anteil der Arbeitsentgelte am Volkseinkommen, steigt zwar seit 2011 wieder kontinuierlich an. Doch mit 69 Prozent im Jahr 2018 liegt dieser Wert weiterhin unter der Lohnquote von vor 2003, als sie über Jahre noch über 70 Prozent lag. Die geringen prozentualen Differenzen verdecken ein wenig, dass hier von großen Summen die Rede ist: Ein Prozentpunkt des Volkseinkommens beträgt etwa 25 Milliarden Euro.

Wer über Verteilung reden will, darf über Steuern nicht schweigen. Steuern haben auch die Funktion, Marktversagen in der Primärverteilung zu korrigieren. Bei der ungleichen Verteilung wären höhere Steuern auf hohe Einkommen, große Vermögen und hohe Gewinne geboten. Die öffentlichen Debatten gehen aber in eine andere Richtung. Bezogen auf das gesamte Steueraufkommen wird mit Blick auf die gute finanzielle Situation der öffentlichen Haushalte – nach ersten Berechnungen des Statistischen Bundesamtes betrug 2018 der Finanzierungssaldo des Staates +1,7 Prozent des BIP – vor allem aus den Reihen von CDU, CSU und FDP, aber auch von Lobbyverbänden der deutschen Wirtschaft gefordert, die Bürgerinnen und Bürger mit Steuersenkungen zu entlasten. Dabei werden wichtige Gründe für die Überschüsse ausgeblendet: Neben der guten konjunkturellen Situation waren das auch zu geringe Ausgaben für öffentliche Investitionen und für öffentliches Personal. Außerdem profitiert der Bundeshaushalt massiv von den niedrigen Zinsen, wie die Berechnungen der Bundesbank zeigen. Demnach hat der deutsche Staat seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 dank Niedrigzinsen 368 Milliarden Euro an Zinskosten eingespart. Allein 2018 belief sich diese Ersparnis auf 55 Milliarden Euro (Handelsblatt vom 09.01.2019).

Vor allem aus dem Bundeswirtschaftsministerium kommen darüber hinaus massive Forderungen, die Unternehmen steuerlich zu entlasten. In der aktuellen konjunkturellen Situation solle damit ein wirtschaftlicher Abschwung verhindert werden. Außerdem müsse Deutschland nach den massiven Steuersenkungen von Donald Trump in den USA nachziehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Nicht nur das Beispiel der USA zeigt, dass Steuersenkungen für Unternehmen in der Regel ein untaugliches Instrument sind, um Investitionen zu stimulieren. Schon Anfang der 2000er Jahre ist die damalige rot-grüne Regierung damit kläglich gescheitert. Vor allem, wenn die Unternehmenskassen prall gefüllt sind, läuft eine solche Strategie ins Leere. In Deutschland sind die Renditen hoch, die Unternehmen geben ihr Geld aber nicht aus und bilden Ersparnisse. Nach dem volkswirtschaftlichen Lehrbuch sollten sie sich eigentlich bei den privaten Haushalten verschulden, um ihre Investitionen zu finanzieren. Das könnten sie derzeit jedoch ohne weitere Kreditaufnahme. Steuer­geschenke werden in einer solchen Situation für etwas anderes verwendet: Die Unternehmen kaufen ihre eigenen Aktien. Genau das ist im großen Stil in der USA geschehen. Auf 1,1 Billionen US-Dollar beliefen sich diese Aktienrückkäufe allein im Jahr 2018. Damit waren sie doppelt so umfangreich wie die Sachinvestitionen (Robert Shapiro im Handelsblatt vom 24.01.2019). Mit diesen Rückkäufen steigern sie ohne volkswirtschaftlichen Nutzen ihren Börsenwert. Ähnliches wäre auch in Deutschland zu erwarten. Dabei gibt es noch einen weiteren Grund gegen Steuersenkungen für Unternehmen: Durch geschickte Steuergestaltung (und natürlich entsprechende Gesetze, die dies ermöglichen) zahlen die großen Unternehmen im Durchschnitt ohnehin schon viel geringere effektive Steuersätze.

Herausforderung Pflegenotstand

Zu den großen Problemen, unter denen viele Menschen konkret leiden, gehört die völlig ungenügend funktionierende Pflege. In den vergangenen Jahren haben sich dort die Fehlentwicklungen krisenmäßig zugespitzt. Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik hat sich in der zurückliegenden Dekade wiederholt den Fehlentwicklungen in der Pflege und bei den sozialen Dienstleistungen insgesamt gewidmet. Im MEMORANDUM 2009 wurde als wesentlicher Faktor für die im internationalen Vergleich große soziale Dienstleistungslücke das Zurückbleiben bei der Schaffung eines flächendeckenden öffentlichen Angebots an Care-Leistungen für Kinder auf der einen Seite und für Seniorinnen und Senioren auf der anderen Seite identifiziert. Konträr zu den skandinavischen Ländern, die die sozialen Dienste staatsförmig mit überwiegend öffentlicher Leistungserbringung ausgestaltet haben, entschied sich Deutschland vor allem bei der Pflege für eine Strategie der Vermarktlichung und Marktschaffung. In die Krankenhauspflege hielt die Idee des Marktwettbewerbs Einzug; bei der Altenpflege fungiert die Mitte der 1990er Jahre geschaffene Pflegeversicherung als Instrument der Marktschaffung. In beiden Bereichen wurde eine massive personelle Unterbesetzung zur Regel. Standards guter Pflege und Betreuung kommen im Ergebnis nur bei einer Minderheit von Krankenhäusern und Altenpflegediensten zur Anwendung. Zugleich stehen die Einkommen und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten unter hohem Druck.

Die Politik verharrt im Dauer-Reparaturmodus und erreicht damit wenig. Die Kluft zwischen den pflegepolitischen Herausforderungen und der Pflegerealität wächst. In der öffentlichen Wahrnehmung stieg die Pflege so in die Top-Themen auf, bei denen breite Bevölkerungsmehrheiten ein entschlossenes Eingreifen der Politik erwarten. Bei einer repräsentativen Befragung (https://wwwstegmed.de/studiepflegenotstand) befanden im Sommer 2018 jeweils neun von zehn Befragten, die Bundesregierung habe die Probleme jahrelang nur vor sich hergeschoben, statt Lösungen anzupeilen, und fordern mehr staatliche Einmischung.

Die neue Koalition aus CDU/CSU und SPD startete aktionistisch mit Maßnahmen zur Notstandseindämmung. Die Pflege soll aus der Negativspirale, in der sie steckt, herausgeholt und aufgewertet werden, damit nicht länger auf Kosten der Pflege gespart wird, so Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Gemessen am Komplettversagen der schwarz-gel­ben Koalition brachte die vorherige Große Koalition auch einiges zustande. Am wichtigsten: Nach zehnjähriger Diskussion wurde der Pflegebedürftigkeitsbegriff endlich so erweitert, dass nun auch Menschen mit Demenz systematisch in den Leistungsbezug einbezogen sind.

Dass von der Erweiterung des Pflegebedürftigkeitsbegriffes gut eine halbe Million Menschen profitieren würden, war bekannt. Es war daher absehbar, dass ein Großteil dieser Menschen Anträge auf die Zuerkennung eines Pflegegrades nach dem neuen Begutachtungsverfahren stellen und erhalten würde. Weder finanziell (Erhöhung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung) noch personell (Verbesserung der Attraktivität pflegerischer Berufe, um das benötigte Personal zu gewinnen) wurde dafür angemessen vorgesorgt.

Statt Druck aus dem unterfinanzierten Altenpflegesystem zu nehmen, wurde dieser weiter erhöht. Da reicht die zum 1. Januar 2019 wirksam gewordene Erhöhung des Beitragssatzes um 0,5 Prozentpunkte auf nun 3,05 Prozent (Kinderlose: 3,3 Prozent) – was geplante Mehreinnahmen von 7,6 Milliarden Euro jährlich bedeutet – bei weitem nicht aus. Die Beitragserhöhung wurde zudem mit der Ankündigung einer Beitragsstabilität bis 2022 verknüpft. Von einem tragfähigen Konzept für eine nachhaltige öffentliche Finanzierung der Altenpflege war nicht die Rede. Die Folgen sind katastrophal: finanzielle Überforderung der Pflegebedürftigen, deren Alterseinkünfte schon heute vielfach nicht ausreichen, um damit die Eigenanteile bei stationärer Versorgung zu tragen; keine Angleichung der Bezahlung von Altenpflegerinnen und Altenpflegern an die von Krankenpflegerinnen und Krankenpflegern; keine nachhaltige Personalstärkung durch Umsetzung einer bedarfsorientierten Personalbemessung.

Im MEMORANDUM 2014 sprach sich die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik für Leistungsintegration im Rahmen der Schaffung kommunaler Infrastrukturen von Pflege und Betreuung aus (S. 237ff.). Zaghaft hatte sich auch die Bundesregierung für die 18. Legislaturperiode vorgenommen, die Rolle der Kommunen zu stärken und auszubauen (Koalitionsvertrag, S. 85f.). Mit dem III. Pflegestärkungsgesetz vom 23. Dezember 2016 sollte dieser Auftrag gesetzgeberisch umgesetzt werden. Faktisch herausgekommen ist eine Nullnummer. Weder wurde der doppelte Privatvorrang, wonach freigemeinnützige und gewerbliche Pflegedienste gegenüber den öffentlichen Diensten vorgehen (§ 11 I SGB XI), dahingehend geändert, dass Leistungserbringung durch Kommunen nicht länger der subsidiären Nachrangigkeit unterliegt, noch wurden Kompetenzen und die dafür erforderlichen Finanzressourcen an die Kommunen übertragen.

Eine Kernfrage lautet: Soll die Personalausstattung dem Anspruch genügen, flächendeckend und damit trägerübergreifend in allen Einrichtungen gute Pflege zu ermöglichen? Oder geht es nur darum, für Mindestbesetzungen zu sorgen, sodass eine Gefährdung von Patientinnen und Patienten sowie von Pflegebedürftigen vermieden wird? Stünde der pflegerische Bedarf im Mittelpunkt, wäre gleichermaßen in der Kranken- wie in der Altenpflege eine Personalbemessung zwingend, die Sollwerte vorgibt. Tatsächlich jedoch zielt die „Pflegepersonaluntergrenzen-Verordnung“, indem sie Vorgaben verweigert, die eine bedarfsgerechte Personalbesetzung gemäß dem Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten intendieren, nur auf Gefahrenabwehr.

Zwischen dem enormen gesetzgeberischen Aufwand und dem, was die Pflegepolitik in den zurückliegenden Legislaturperioden im Ergebnis erreicht hat, besteht ein krasses Missverhältnis. Stets blieb es bei wenigen Verbesserungen im Detail. Die Herausforderungen in der Pflege sind nach wie vor enorm.

Um das Gesundheits- und Pflegesystem als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge zukunftsgerecht so neu auszurichten, dass der Bedarf im Mittelpunkt steht und Ernst gemacht wird mit der Aufwertung pflegerischer Berufe, hat die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik im MEMORANDUM 2018 einen Masterplan Pflege gefordert. Er beinhaltet eine Schließung der Verdienstlücke in der Altenpflege gegenüber der Krankenpflege und einen Abbau der personellen Unterbesetzung bei der Krankenhaus- und Altenpflege im Rahmen der Etablierung einer Pflegepersonalbemessung ebenso wie Weichenstellungen in Richtung Vollversicherung und einer Zurückdrängung der kommerziellen Anbieterfraktionen. Nichts von diesen Bausteinen findet sich in der pflegepolitischen Agenda der derzeitigen Bundesregierung.

Eine alternative Wirtschaftspolitik ist notwendig

Die Energiewende als europäisches Fortschrittsprojekt

Europa braucht eine neue Fortschrittsvision, eingebunden in ein generelles sozial-ökologisches Reformkonzept. Eine Europäisierung der Energiewende ist dafür grundlegend. Sie ist ein notwendiger, wenn auch kein ausreichender Schritt in Richtung umfassender Reformen. Der damit verbundene Transformationsprozess bietet gleichzeitig eine positive sozial-europäische Reformvision, die zukunfts- und mehrheitsfähig sein und der „europäischen Idee“ einen zukunftsorientierten Inhalt geben kann.

Als „echte Energiewende“ wird die Transformation von Europa zu einem vollständig dekarbonisierten, risikominimalen (insbesondere atomenergiefreien) und sozial- wie wirtschaftsverträglichen Energiesystem betrachtet. Studien und Praxisbeispiele belegen, dass diese Vision machbar ist und mit vielfältigen sozialen und wirtschaftlichen Vorteilen wie z. B. Beschäftigungseffekten und Gesundheitsschutz verbunden ist.

Eine Mindestbedingung dafür ist mehr Politikintegration: Ökonomie, Gesellschaft und Ökologie können nicht als getrennte, unabhängige Systeme verstanden und behandelt werden. Die Energiewende muss eine sozial-ökologische Transformation werden, wenn sie erfolgreich sein soll, und sie muss vorhandene Spaltungen und Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft möglichst abbauen helfen und darf sie keinesfalls noch verschärfen. Die Ergebnisse der leider viel zu spät beauftragten „Kohle-Kommission“ liefern Ansatzpunkte, wie der überall in Europa durch Klimaschutzpolitik beschleunigte Strukturwandel effektiv gesteuert und in neue Zukunftsfelder überführt werden kann.

Dazu muss die deutsche und europäische Energiewende konzeptionell zusammengedacht und genauer auf ihre Wechselwirkungen (positive Synergien, negative Seiteneffekte) analysiert werden. Eine erfolgreiche europäische Energiewende erfordert eine gemeinsame Initiative und Allianz mehrerer EU-Mitgliedsländer, idealerweise angefeuert durch die beiden ökonomisch stärksten und nachbarschaftlich agierenden Länder Frankreich und Deutschland. Gleichwohl ist die Umsetzung einer europäischen Energiewende ein komplexer und langwieriger Prozess, der in den Mitgliedsländern im Rahmen der EU-Zielvorgaben und der EU-Gesetzgebung durch einen nationalen Instrumentenmix unter aktiver Beteiligung von Stakeholdern auf der regionalen und kommunalen Ebene vollzogen werden muss.

Eine ganz wesentliche Bedeutung kommt der Energieeffizienz bei. Unterschiedliche Szenarienrechnungen kommen unabhängig voneinander zum Schluss, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Energieverbrauch umso schneller angehoben werden kann, je erfolgreicher der verbleibende Energieverbrauch durch eine massive Einsparstrategie gesenkt wird. Durch Gebote für die Produktionsseite kann die Energieeffizienz erheblich vorangetrieben werden. Um Energieeffizienz in die Fläche zu bringen, bieten sich ferner spezialisierte Agenturen auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene sowie verbindliche Regelungen zur Einbeziehung von Energieanbietern und ihren Kundinnen und Kunden an.

Einen weiteren wichtigen Beitrag zur europäischen Energiewende können nationale Zukunftsprogramme zur energetischen Gebäudemodernisierung leisten. Das deutsche KfW-Programm gilt zwar weltweit als vorbildlich, reicht mit einer Fördersumme von 2 Milliarden Euro jährlich allerdings nicht aus. Obwohl eine hohe Selbstfinanzierungsquote solche Programme im optimalen Fall nahezu budgetneutral werden lässt, ist eine massive Anschubfinanzierung mit klar definierten Zielen und Auflagen notwendig. Dabei ist möglichst auf warmmietenneutrale Sanierungen abzustellen.

Ein weiteres Schlüsselelement der europäischen Energiewende sind sozial-ökologische Transformationsfonds, die aus bestehenden Finanzierungsinstrumenten wie dem Europäischen Struktur- und Inves­titionsfonds (ESI) oder dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) entwickelt werden können. Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik fordert sowohl die Einrichtung eines gemeinsamen EU-Fonds als auch die komplementäre Einrichtung von nationalen Staatsfonds zur sozialökologischen Transformation, die noch besser auf die regionalen Bedürfnisse ausgerichtet und parlamentarisch kontrolliert werden können. Auf EU-Ebene bestehen dabei Chancen zur Weiterentwicklung des ESI und des EFRE zu machtvollen Akteuren der Europäisierung der Energiewende, gerade auch zur Unterstützung von besonders vom Strukturwandel betroffenen Ländern wie Polen.

Das Umweltbundesamt (UBA) schätzt allein für Deutschland die externalisierten Umweltkosten aus der Verbrennung fossiler Energien im Verkehrs-, Strom- und Wärmesektor für das Jahr 2016 auf ca. 160 Milliarden Euro. Ein sektorübergreifendes Kernelement der Klimaschutzpolitik ist, dass die durch CO2 -Emissionen verursachten exorbitanten Schäden so weit wie möglich durch eine CO2 -Steuer bzw. -Abgabe oder ein Emissionshandelssystem bei der betrieblichen Kostenrechnung der Verursacher berücksichtigt werden.

Dazu fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik zwei konkrete Maßnahmen:

1) Reform des Europäischen Emissionshandelssystems (EU-ETS)

Das Emissionshandelssystem in Europa (EU-ETS) ist ein Handelssystem mit festen Obergrenzen („cap and trade“) und umfasst derzeit 31 Länder (die EU plus Liechtenstein, Norwegen, Island und zukünftig die Schweiz). Die CO2 -Emissionen aus rund 12.000 Anlagen (u. a. Stromerzeugung, energieintensive Industrien, Zement) und der innereuropäische Luftverkehr werden im Umfang von etwa 45 Prozent der Gesamtemissionen der EU durch das EU-ETS erfasst. Jeder Emittent muss für jede ausgestoßene Tonne CO2 ein Zertifikat zugeteilt bekommen oder – so das zukünftig vorherrschende Verfahren – erwerben. Jeder Betreiber kann nach Bedarf Zertifikate frei handeln. Am Ende jedes Jahres muss er jedoch genügend Zertifikate nachweisen, sonst drohen hohe Strafgebühren. Die Gesamtmenge („cap“) dieser Zertifikate sinkt jährlich. Durch eine entsprechende Verknappung soll sichergestellt werden, dass der CO2 -Preis pro Zertifikat im Prinzip in die gewünschte Höhe steigt.

Das EU-ETS krankt daran, dass die ex-ante vorgegebene Menge an Zertifikaten viel zu hoch angesetzt wurde, sodass sich der Preis in den vergangenen Jahren auf einem Niveau von deutlich unter 10 Euro pro Tonne CO2 bewegte und damit viel zu gering war, um eine Lenkungswirkung auszuüben. Nach politischen Korrekturen hat er im Laufe des Jahres 2018 wieder die Marke von 20 Euro pro Tonne CO2 überschritten, aber auch von diesem Preis geht keine echte Lenkungswirkung wie der Übergang von der Kohle- zur Gasverstromung oder zu erneuerbaren Energien aus.

Durch die politische Senkung der Gesamtmenge müssen die bisherigen Angebotsüberschüsse abgebaut und es muss damit eine angemessene Knappheit erzeugt werden. Dadurch verstärkt sich der Druck, produktionstechnisch den Ausstoß an Treibhausgasen zu reduzieren. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen und der hohen Unsicherheit über den zukünftigen Preispfad sollte ein gesetzlicher Mindestpreis vorgeschrieben werden. Dieser sollte unter Berücksichtigung der aktuellen technologischen Möglichkeiten bei 30 Euro pro Tonne CO2 angesetzt werden.

2) Einführung einer CO2 -Steuer

Für die nicht vom EU-ETS erfassten Sektoren – bislang sind der Verkehr, die Gebäude, die Gewerbebetriebe, das Handwerk sowie öffentliche und private Dienstleister nicht erfasst – fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, die externalisierten ökologischen Kosten durch eine nationale CO2 -Steuer oder -Abgabe auf fossile Brennstoffe zu erfassen. Damit soll ein Anreiz für den Umstieg auf klimaverträgliche Produkte bzw. deren Entwicklung geschaffen werden, zudem können die Einnahmen zur Flankierung der Energiewende verwendet werden.

Auf der Basis vorhandener Studien schlägt die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik zum Einstieg in die CO2-Besteuerung einen Steuersatz von 30 Euro pro Tonne CO2 vor. Der Steuersatz soll bis 2030 stufenweise auf 50 Euro und bis 2040 auf 100 Euro steigen.

Gemäß der eingangs genannten Maxime, dass die Energiewende Spaltungen in der Gesellschaft nicht noch verschärfen und Ungerechtigkeiten abbauen helfen soll, ist auch auf die Verteilungswirkung der CO2 -Steuer zu achten. Eine regressive Wirkung der CO2 -Steuer lässt sich durch flankierende Maßnahmen vermeiden. Die Steuer ist zum einen im Kontext der anderen Maßnahmen der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik zu sehen ¬– wie dem Steuerkonzept, dem Ausbau des Sozialstaats und der Stärkung von Arbeit gegenüber dem Kapital. Darüber hinaus fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, die Hälfte der Einnahmen aus der CO2 -Steuer an die unteren Einkommensgruppen und wenig Vermögende zurückzugeben. Das leitende Prinzip lautet: Eine Grundversorgung mit Strom und Energie ist für diejenigen sicherzustellen, die diese aus eigener Kraft nicht bezahlen können. Die andere Hälfte der Einnahmen aus der CO2-Steuer ist für klima­freundliche Investitionen zu nutzen, insbesondere im Gebäudebereich.

Eine Neuausrichtung der EU

Im MEMORANDUM 2017 hatte die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik sieben Säulen einer radikalen Euro-Reform vorgestellt. Die damaligen Forderungen sind nach wie vor aktuell. Obwohl auch auf der Ebene der EU längst registriert wurde, dass es ein „weiter so“ nicht geben kann, fehlt es tiefergehenden Reformvorschlägen im Europäischen Rat an der notwendigen Unterstützung. Die Gelbwestenbewegung in Frankreich steht symbolisch dafür, dass Verteilungsprobleme auch in den Kernländern der EU virulent geworden sind. Bisher sind die Verteilungspolitik sowie die nachhaltige Armutsbekämpfung keineswegs explizite Ziele der Euro-Währungsgemeinschaft, sondern Aufgabe der Nationalstaaten.

Nach wie vor fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik eine Wende der EU-Fiskalpolitik. Der Fiskalpolitik muss wieder eine aktive Rolle zugewiesen werden, und die EU muss sich vom Dogma der Austeritätspolitik verabschieden. Dazu gehört ein öffentliches europäisches Investitionsprogramm. Dies würde aktuell die konjunkturelle Entwicklung stützen, aber auch den sozial-ökologischen Umbau der EU ermöglichen.

Dauerhaft hohe Leistungsbilanzüberschüsse sind keine sinnvolle gesamtwirtschaftliche Entwicklungsstrategie. Dies gilt für Deutschland genauso wie für alle anderen EU-Staaten und die EU insgesamt. Anhaltende Leistungsbilanzüberschüsse drängen andere Ökonomien in die Verschuldung, erzeugen so Abwärtsdruck auf Investitionen, Löhne und Sozialstandards und erschweren eine selbstbestimmte Entwicklung. Die EU und vor allem die einzelnen Mitgliedstaaten müssen aktiv in Richtung ausgeglichener Leistungsbilanzen gegensteuern.

Die straffe Orientierung der Fiskalpolitik an Austeritätsvorstellungen und dem Fiskalpakt hat ihre Wirkung in vielen Ländern gezeigt. Die Kosten dieser Politik fallen bei denjenigen an, die sie am wenigsten tragen können: Menschen, die auf funktionierende Bildungs- und Sozialsysteme ebenso wie auf eine leistungsfähige Infrastruktur angewiesen sind. Die Staaten, deren Haushalte am stärksten durch die Niedrigzinspolitik der EZB entlastet wurden, haben diese Entlastung allerdings keineswegs für Investitionen in den öffentlichen Sektor genutzt. Um die Staaten wieder handlungsfähig zu machen, müssen außerdem neue Haushaltsmittel aus einer Steuer­politik gewonnen werden, die schädlichen Steuerwettbewerb unterbindet und Reichtum umverteilt. Dazu gehören konzertierte Maßnahmen gegen Steuervermeidung und -hinterziehung genauso wie Initiativen zur stärkeren Besteuerung von hohen Einkommen, Vermögen und Unternehmensgewinnen.

Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik spricht sich dringend für die verbindliche Verfolgung von gemeinsamen sozialpolitischen Zielen aus (ausführlicher siehe MEMORANDUM 2017). Dabei sollen relevante Indikatoren aller EU-Staaten veröffentlicht und darauf aufbauend Instrumente zur Korrektur sozialpolitischer Ungleichgewichte durchgesetzt werden. Wichtige Ansatzpunkte dazu sind eine gemeinsame europäische Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, eine gemeinsame Lohn- und Einkommenspolitik und eine Koordinierung der sozialen Sicherungssysteme. Gemeinschaften – auch eine Gemeinschaftswährung – funktionieren eben vor allem dann, wenn auch auf Gemeinsamkeiten gesetzt wird. Soziale Schutz- und Arbeitnehmerrechte müssen ferner durch eine soziale Fortschrittsklausel aufgewertet und der Dienstleistungs- und Binnenmarktfreiheit gleichgestellt werden, um sie im Kollisionsfall u. a. vor der Rechtsprechung des EuGH zu schützen.

Alles in allem aber wird klar, dass die EU und die Eurozone vor allem dann eine nachhaltige Überlebenschance haben, wenn gerade der zentrale Markt des Finanzkapitalismus – der Finanzmarkt – gebändigt wird. Dazu gehören gleichermaßen strikte Regeln zur Schrumpfung der Finanzmärkte, die Abschirmung von Staaten gegen spekulative Attacken durch gemeinschaftlich begebene Euro-Anleihen sowie die Erlaubnis der Staatsfinanzierung in klar definiertem Ausmaß durch die Europäische Zentralbank.

Initiative für neuen kommunalen Wohnungsbau

Als Antwort auf die Wohnungsfrage ist eine Wohnungspolitik nötig, die die Wohnbedingungen für breite Bevölkerungsschichten verbessert. Es geht nicht bloß um eine Versorgung „einkommensschwacher Haushalte“, die von der Politik als Problemgruppen definiert und besonders betreut werden. Im Gegenteil: Es muss das Ziel sein, als Schritt zur Bekämpfung der Armut die Isolation der Armen zu verhindern. Der Aufbau eines öffentlichen Wohnungsbestands zielt auf einen Ausbau des Sozialstaats. Er richtet sich gegen den neoliberalen Abbau des Sozialstaats zu einer Armenbetreuung wie gegen die Ablösung staatlicher Verantwortung durch private Initiativen oder Wohltätigkeit. Dabei gilt: Ein großes Problem braucht große Lösungen.

Die Kosten im Wohnungsbau (ohne Grundstücke) liegen in der Bundesrepublik heute – mit gewissen regionalen Unterschieden – in der Regel jenseits der 2.000 Euro je Quadratmeter. Billig sind gute Wohnungen nie. Doch wie im MEMORANDUM 2018 gezeigt, lassen sich im öffentlichen Wohnungsbau die zu veranschlagenden Mieten drastisch senken: Die öffentliche Hand muss als gute Schuldnerin keine hohen Zinsen zahlen und auch keine hohe Rendite erzielen. Zudem kann öffentlicher Wohnungsbau durch den Aufbau entsprechender Kapazitäten im kostengünstigen seriellen Wohnungsbau die Baukosten deutlich senken. Mieten im Neubau unter 7 Euro pro Quadratmeter sind machbar – statt 11 Euro oder mehr pro Quadratmeter im freifinanzierten, renditeorientierten Wohnungsbau. Voraussetzung ist ein langfristig angelegtes Programm für einen neuen kommunalen Wohnungsbau.

Eine soziale Lösung der Wohnungsfrage muss die Eigentumsfrage ernst nehmen: Öffentlich bauen statt Private fördern! Es dürfen nicht wieder private Eigentümerinnen und Eigentümer beschenkt werden, wobei die Belegungsbindungen und Mietgrenzen lediglich einen befristeten Kollateralnutzen darstellen.

Öffentliche Aufgaben gehören in die öffentliche Hand. Deshalb sind öffentliche Gelder in den öffentlichen Wohnungsunternehmen zum Neubau guter Wohnungen einzusetzen, die dauerhaft in öffentlichem Eigentum verbleiben und damit einer politischen, demokratischen Kontrolle zugänglich sind. Die kommunale Selbstverwaltung sollte durch Formen der Mietermitbestimmung ergänzt werden. Ein neuer kommunaler Wohnungsbau bedarf einer Objektförderung, also des Einsatzes staatlicher Gelder für die Errichtung neuer, guter und bezahlbarer Wohnungen. Denn nur durch ein vergrößertes Angebot kann der Druck der Eigentümerinnen und Eigentümer auf die Mieterinnen und Mieter vermindert werden. Die Subjektförderung (Kosten der Unterkunft, Wohngeld) ist nötig. Sie allein kann aber das Wohnungsproblem nicht lösen.

Investitionssteuerung kann nicht im luftleeren Raum existieren, sie muss materiell unterfüttert sein. Es geht nicht um die mehr oder weniger guten Absichten von Investoren. Die in den vergangenen Jahren im Umfeld der Grünen und der LINKEN diskutierte „neue Gemeinnützigkeit“ hat hier ihre Grenzen, denn eine bloße Steuerentlastung reicht nicht aus. Nicht die Rechtsform der Gemeinnützigkeit, sondern nur eine massive öffentliche Förderung würde es gemeinnützigen Unternehmen ermöglichen, Neubauwohnungen zu sozial akzeptablen Bedingungen zu errichten und zu vermieten. Der Dreh- und Angelpunkt ist auch hier der direkte Einsatz öffentlicher Mittel. Um die bestehende Ungleichheit in der kommunalen Finanzausstattung nicht zu verstärken, muss die Finanzierung auf der Ebene des Bundes und der Länder sichergestellt werden.

Eine solche Veränderung wird nur durch eine demokratische Veränderung der Kräfteverhältnisse, nicht durch Lobbypolitik oder medienwirksame Symbolpolitik umgesetzt werden. Ebenso wie im Bereich der Umweltpolitik handelt es sich um einen langfristigen Prozess, in dem das Selbstverständnis der beteiligten sozialen Akteure sich ändern muss und ändern wird.

Als erster Schritt ist ein Sofortprogramm zur Errichtung von 100.000 neuen Wohnungen pro Jahr im öffentlichen Eigentum nötig und machbar: Das nötige Investitionsvolumen von 18 Milliarden Euro kann zu 40 Prozent – etwa 7 Milliarden Euro – von der öffentlichen Hand direkt aufgebracht werden. Die verbleibenden 60 Prozent sollten kreditfinanziert gedeckt, also von öffentlichen Investitionsbanken akquiriert und bereitgestellt werden.

Neue Regulierung für den Arbeitsmarkt

Ein wichtiges Problem für die Beschäftigten ist die lange Zeit voranschreitende Prekarisierung des Arbeitsmarktes. Sie konnte zwar gebremst und leicht zurückgedrängt werden, bleibt aber auf einem hohen Niveau. Mit einigen Regulierungen würden sich bessere Beschäftigungsbedingungen etablieren lassen: Öffentliche Investitionen könnten vor allem ländliche Regionen berücksichtigen, auch um deren Attraktivität für Ansiedlungen wieder zu stärken. Der Ausbau muss außerdem begleitet werden durch Qualifizierungsprogramme in der Berufsausbildung und Umschulung sowie durch bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen. Hunderttausende von Arbeitssuchenden könnten durch den dringend notwendigen Personalaufbau im öffentlichen Bereich eine qualifizierte Beschäftigung finden.

Arbeitszeitverkürzung ist gleichzeitig unverzichtbar, um einerseits Arbeitsplätze zu schaffen und andererseits abhängig Beschäftigten mehr Freiräume für ein Leben auch außerhalb der Erwerbsarbeit zu geben und Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. Trotz einer tariflichen Wochenarbeitszeit von 38 Stunden arbeiten die Vollzeitbeschäftigten heute im Schnitt 43,4 Stunden (Bundesanstalt für Arbeitsschutz). Eine Arbeitszeitverkürzung nicht nur mit Lohnausgleich, sondern auch mit Personalausgleich durchzusetzen, erfordert eine sehr viel breitere und härtere Auseinandersetzung. Eine stärkere Verknüpfung der Arbeitszeitbestimmungen mit den Regelungen zur Personalbemessung und Leistungsregulierung sind notwendig.

Ein erfolgversprechender Ansatz liegt in den neuen Formen der Arbeitszeitverkürzung, mit denen die Gewerkschaften wieder in die Offensive gehen: Beschäftigte sollen Rechtsansprüche auf eine Arbeitszeitverkürzung in Form verschiedener Wahlmöglichkeiten bekommen. All diese Wahloptionen sind ein erster Schritt in Richtung einer kurzen Vollzeit, in der Beschäftigte je nach Lebensphase ohne Verlust von Aufstiegschancen und sozialer sowie finanzieller Eigenständigkeit Arbeitszeiten reduzieren und wieder verlängern können. Das führt nicht nur zu einer generellen Reduzierung der Arbeitszeit, sondern baut auch den Unterschied zwischen der relativ gut regulierten Vollzeit und der „Teilzeitfalle“ ab. Die neue kurze Vollzeit sollte in Richtung einer allgemeinen 30-Stunden-Woche gehen. Diese neuen Ansätze müssen gesetzlich abgesichert werden, z. B. durch eine Herabsetzung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit auf zunächst 40 Stunden pro Woche.

Darüber hinaus müssen die Weiterbildungs- und Umschulungsaktivitäten der Bundesagentur für Arbeit ebenfalls auf eine präventive Politik umgestellt werden, statt erst bei drohender oder eingetretener Arbeitslosigkeit einzusetzen. Die verbesserten Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld bei einer Weiterbildung, die Ausweitung des Beratungsangebots und die Diskussion über einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung sind Schritte in die richtige Richtung. Vor allem Arbeitslose ohne Berufsausbildung, aber auch Arbeitssuchende mit veralteten Qualifikationen oder mit gesundheitlichen Problemen müssen die Chance auf eine Nachqualifizierung oder Umschulung bekommen. Ziel muss es sein, die berufsfachliche Durchlässigkeit des Arbeitsmarktes sowohl vertikal (Aufstieg) als auch horizontal (Umschulung) zu verbessern und die Segmentierung von Arbeitsmärkten zu reduzieren.

Zunächst müssen atypische Arbeitsverhältnisse eingeschränkt werden, indem die sachgrundlose Befristung von Arbeitsplätzen wieder verboten wird – hier plant die Bundesregierung gemäß Koalitionsvertrag erste, wenn auch unzureichende Schritte. Dies muss in den öffentlich finanzierten Branchen ergänzt werden durch eine Verstetigung der öffentlichen Finanzierung, damit die Träger nicht mehr in befristete Arbeitsverhältnisse mit der „sachlichen“ Begründung befristeter Finanzierungssicherheit ausweichen können. Leiharbeit muss nicht nur gleich entlohnt, sondern wie in Frankreich durch einen Zuschlag besser bezahlt werden, um den häufigen Arbeitsplatzwechsel auszugleichen. Die Sonderregelung für geringfügig Beschäftigte muss aufgehoben, Scheinselbständigkeit untersagt und der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben werden.

Kollektive Interessenvertretung durch Betriebs- bzw. Personalrätinnen und -räte und Tarifverträge müssen auf Solo-Selbstständige sowie auf Beamtinnen und Beamte ausgeweitet werden. Beschäftigte müssen einen Rechtsanspruch auf einen Wechsel zwischen Vollzeit, Teilzeit und Arbeitsunterbrechung haben, der für bestimmte Phasen (Care-Arbeit, Weiterbildung, Ehrenamt) sozialrechtlich und finanziell abgesichert werden muss. Der Wechsel zwischen Betrieben muss erleichtert werden, indem Transfergesellschaften und ein längerer ALG-I-Bezug die Umqualifizierung und die Arbeitssuche ohne Druck ermöglichen. Diese Ausweitung individueller Rechte muss durch den Schutz von Betriebsrätinnen und -räten sowie von Tarifverträgen abgesichert werden: Betriebsratswahlen müssen erleichtert und ihre Verhinderung muss schärfer sanktioniert werden.

Um Abstiegsdynamiken, soziale Ängste und Verfestigungen im Arbeitsmarkt zu vermeiden, bedarf es einer sozialen Sicherung im Falle der Arbeitslosigkeit, die die Marktabhängigkeit der Beschäftigten und damit den Druck zur Wiederbeschäftigung sowie die Akzeptanz qualitativ schlechterer Arbeitsbedingungen vermindert. Dabei müssen auch für ALG-II-Bezieherinnen und -Bezieher armutsfeste Leistungen herauskommen. Die von der SPD geplante Verbesserung des Vermögensvorbehaltes bei Grundsicherungsbezug ist ein Schritt in die richtige Richtung; überfällig ist aber vor allem die Anpassung der Leistungssätze der Grundsicherung an die tatsächlichen Bedarfe der Leistungsbezieherinnen und -bezieher.

Investitionen in die Infrastruktur

Seit Jahren fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik ein umfassendes Investitions- und Ausgabenprogramm. Dabei geht es nicht um kurzfristige, konjunkturelle Stimuli, sondern um die Deckung gesellschaftlicher Bedarfe und die Lösung gesellschaftlicher Probleme. Diese Aufgaben hätten unter günstigeren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sogar einfacher umgesetzt werden können. Diese Gelegenheit wurde nicht genutzt. Auf der anderen Seite würde die Umsetzung derzeit für eine Stabilisierung der konjunkturellen Lage sorgen.

Für den notwendigen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik ein Investitions- und Ausgabenprogramm von zusätzlich 120 Milliarden Euro jährlich. Sie verteilen sich auf die Bereiche Bildung (25 Milliarden Euro), Verkehrsinfrastruktur und Digitalisierung (15 Milliarden Euro), kommunale Ausgaben (20 Milliarden Euro), energetische Gebäudesanierung und sozialer Wohnungsbau (20 Milliarden Euro), lokale Pflegeinfrastruktur (20 Milliarden Euro) und zusätzliche Arbeitsmarktausgaben (20 Milliarden Euro, inklusive der Mittel für eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze).

Ausgangspunkt für ein solches Investitions- und Ausgabenprogramm sind ungedeckte gesellschaftliche Bedarfe. Bedarfe konzentrieren sich auf berechtigte Anliegen nach mehr und qualitativ besserer Bildung, nach einem geringeren Energie- und Ressourcenverbrauch, nach besseren Maßnahmen der Daseinsvorsorge und generell nach einer besseren Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen. Gleichzeitig zielt dieses Programm darauf, die Beschäftigung und die Masseneinkommen zu steigern. Es geht um den Abbau der Arbeitslosigkeit und zugleich um die Verbesserung der materiellen Lebenslage großer Teile der Bevölkerung.

Gerechte Steuerpolitik zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben

Für eine gerechtere Steuerpolitik und die langfristige Finanzierung eines leistungsfähigeren Sozialstaates und ausreichender öffentlicher Investitionen fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik:

  • Eine einmalige und auf zehn Jahre gestreckte Vermögensabgabe sollte eingeführt werden. Sie kommt ausschließlich dem Bundeshaushalt zugute. Bemessungsgrundlage ist das Nettovermögen, das oberhalb eines persönlichen Freibetrages von einer Million Euro und zwei Millionen Euro beim Betriebsvermögen liegt.
  • Die Vermögenssteuer sollte wiederbelebt werden. Der Steuersatz sollte ein Prozent betragen und auf Vermögen von mehr als 500.000 Euro (bei gemeinsamer Veranlagung von Ehepartnerinnen bzw. Ehepartnern, bis das Ehegattensplitting ausläuft, das Doppelte) erhoben werden.
  • Der Körperschaftssteuer sollte von derzeit 15 Prozent auf 30 Prozent erhöht werden. Die ausgeschütteten Gewinne aus der Veräußerung von inländischen Unternehmensbeteiligungen werden nicht mehr länger steuerfrei gestellt.
  • Die Gewerbesteuer ist zu einer Gemeindewirtschaftssteuer auszubauen.
  • Die Kapitaleinkünfte werden wieder mit dem persönlichen Einkommensteuersatz besteuert.
  • Eine breit angelegte Finanztransaktionssteuer sollte zügig eingeführt werden, notfalls im nationalen Alleingang.
  • Die Personalnot in den Finanzverwaltungen, insbesondere im Bereich der Betriebsprüfung, wird durch eine Aufstockung der Beschäftigten entsprechend der Personalbedarfsplanung beendet. Die bedingungslose Schließung aller Steueroasen ist mehr als überfällig.
  • Um die Besteuerung von Einkommen gerechter zu gestalten, fordert die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, den Tarifverlauf bei der Einkommensteuer (Grenzsteuersatz) oberhalb eines deutlich erhöhten Grundfreibetrages beginnen zu lassen und weitgehend linear bis zu einem Spitzensteuersatz von 53 Prozent festzuschreiben. Das Ehegattensplitting sollte schrittweise in Abhängigkeit von der Höhe des zu versteuernden Einkommens abgebaut und auf die Übertragung des nicht ausgeschöpften Freibetrages der Ehepartnerin bzw. des Ehepartners begrenzt werden.
  • Der Solidaritätszuschlag muss bleiben. Die Einnahmen werden zur Förderung strukturschwacher Regionen in Ost und West benötigt.

Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik spricht sich seit langem dafür aus, dass sich Wirtschaftspolitik an den vorhandenen Bedarfen orientiert und nicht an der Verwertungslogik des Kapitals. Eine solche gesellschaftliche Umgestaltung ist aber nur denkbar, wenn durch die Demokratisierung der Wirtschaft auch wirtschaftliche Macht zurückgedrängt wird. Autoritäre Strukturen und die Rückbesinnung auf abgeschottete Nationalstaaten sind dagegen kein Teil der Lösung. Demokratische Politik und die soziale Absicherung von Lebensrisiken jenseits von Profitinteressen kann nicht nur zur Lösung drängender Probleme führen, sie wird auch langfristig den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.

 

 

Bild und Quelle: © März 2019 Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. Die Langfassung dieses Textes enthält ausführliche Erläuterungen zu den wichtigsten Aussagen. Das MEMORANDUM 2019, d.h. die Kurz- und Langfassung sowie die Liste der Unterstützerinnen und Unterstützer, erschien Ende April 2019 als Buch.