Das Geschäftsmodell der Deutschen Wohnen: Geld für die Aktionäre ist da, aber im Bad fallen die Kacheln von der Wand und trotzdem kommt die Mieterhöhung

Der Immobilienkonzern Deutsche Wohnen ist bekannt dafür, dass ihm die Gewinne und die Aktionäre wichtiger sind als das Wohl der Menschen, die in seinen Objekten wohnen.

Die Deutsche Wohnen erwirtschaftete nach Steuern in den Jahren 2012 bis 2015 fast 2,5 Milliarden Euro, dies ist eine Steigerungsrate von 728 Prozent. Seine Steuerquote lag aber lediglich bei 24,1 Prozent durchschnittlich. Gleichzeitig schüttet die Deutsche Wohnen ungewöhnlich viel Geld an seine Aktionäre über Dividenden aus.

Finanziert wird dies mit einer aggressiven Mietsteigerungspolitik, während kaum Instandhaltungen vorgenommen werden.

Solange es kein soziales Mietrecht gibt, die Mietspiegel nicht rechtsicher sind, die Modernisierungsumlage nicht abgeschafft und der Kündigungsschutz nicht verbessert wurde, bleiben unsere Städte ein Eldorado für die internationale Immobilienspekulation.

In einigen Städten sind zahlreiche Initiativen entstanden, in denen Mieter sich zu wehren beginnen und sich gegen die Spekulation mit „Betongold“ organisieren. Die Studie zur Deutsche Wohnen soll auch dazu dienen, diese Initiativen zu unterstützen.

Von Heinz-J. Bontrup

Die „Deutsche Wohnen“ ist mit ihren vielen Tochtergesellschaften nach § 18 AktG ein Konzern und eine der fünf größten europäischen börsennotierten Immobilien-Aktiengesellschaften mit Hauptsitz in Frankfurt a.M. In Deutschland ist sie hinter der Vonovia SE1 die zweitgrößte Immobiliengesellschaft. Die Leitung der „Deutsche Wohnen“ besteht aus einem zweiköpfigen Vorstand und einem sechsköpfigen Aufsichtsrat.

Eine unternehmensbezogene Mitbestimmung findet bei der „Deutsche Wohnen“ nicht statt, obwohl der Konzern von den Beschäftigtenzahlen dem 76-er Mitbestimmungsgesetz und dem Drittelbeteiligungsgesetz von 2004 unterliegt. Auch eine betriebliche Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (Betriebsrat, Wirtschaftsschuss) liegt nicht vor.

Das Eigentum der DWAG befindet sich in Streubesitz. Ende März 2016 waren rund 337 Millionen Aktien ausgegeben. Die größten Aktionäre sind:

– Sun Life Financial Inc./Massachusetts Financial (9,94 %),

– BlackRock, Inc. (8,01 %),

– Norges Bank (Norwegische Zentralbank) (6,71 %)

und  – APG Asset Management N.V. (3,01 %).

Vergleicht man die „Deutsche Wohnen“ mit den Branchenwerten des „Grundstücks- und Wohnungswesens“, so ist ihre Bedeutung nur marginal. Der Marktanteil bezogen auf das gesamte Branchen-Nettoanlagevermögen liegt lediglich bei knapp 0,2 %. Auch bei einem Bezug auf das Gesamtkapital der „Deutsche Wohnen“ erhöht sich der Marktanteilswert nur auf  0,3 %.

Dennoch ist die „Deutsche Wohnen“ mit ihren vielen Tochtergesellschaften in der Immobilienbranche als ein regional bedeutender Marktakteur einzustufen. Hier hat der Konzern insbesondere im Großraum Berlin eine marktmächtige Stellung.

Die „Deutsche Wohnen“ profitiert in ihrer Marktverwertung von einer weltweit überreichlichen Liquidität (Überersparnis). Hierdurch herbeigeführte niedrigste Zinsen bei gleichzeitig eingeengten Anlagemöglichkeiten in der produzierenden Realwirtschaft haben Wohnimmobilien zu den beliebtesten Anlageobjekten gemacht. Der Handel mit Wohnungsbeständen erreicht Rekordhöhen. Deutsche Top-Städte sind dabei das Hauptziel für Investments. Berlin hat dabei eine Führungsgrolle. Allein in den ersten neun Monaten 2015 wurde hier ein Transaktionsvolumen von rund 4,7 Mrd. EUR und damit 75 % mehr als im Vorjahreszeitraum registriert.

Dabei verzeichneten in den vergangenen Jahren die Wohnungsmärkte in den Metropolen erhebliche Mietpreissteigerungen. Seit 2000 zog das Mietpreisniveau von Neubauwohnungen in den sieben Top-Standorten2 im Durchschnitt um mehr als 40 % an.

Auch die „Deutsche Wohnen“ setzt auf Mietpreissteigerungen bei ihren als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien. Hier weist der Konzern zum 31.12.2015 in der Bilanz einen Wert von 11.859,1 Mio. EUR aus. Bei einer Bilanzsumme von 13.700,1 Mio. EUR waren das    86,6 % des gesamten Vermögens. Die Eigentümer (Aktionäre) erwarten dabei gemäß der Shareholder-value-Ideologie eine Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital. Diese lag bei der „Deutsche Wohnen“ als Konzern von 2012 bis 2015 jahresdurchschnittlich als Eigenkapitalrentabilität vor Steuern bei 18,7 %. Dies ist für eine Wohnungsbaugesellschaft eine erstaunlich hohe Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals.

Die Geschäftsstrategie der „Deutsche Wohnen“ stellt auf sogenannte „Core-Regionen“ mit einem hohen wirtschaftlichen Entwicklungspotenzial ab. Dabei zeigen die Konzernabschlüsse von 2012 bis 2015 ein kumuliertes Ergebnis vor Ertragsteuern in Höhe von 3.232,5 Mio. EUR. Die Ertragsteuern auf diesen Gewinn lagen bei 778,1 Mio. EUR, so dass sich der kumulierte Gewinn nach Steuern auf 2.454,4 Mio. EUR belief. Die durchschnittliche Steuerquote betrug nur 24,1 %.

Seit 2012 ist beim Gewinn nach Steuern eine extreme Steigerung zu verzeichnen. Lag der Gewinn 2012 noch bei 145,7 Mio. EUR, so wurde 2015 ein Gewinn von 1.206,6 Mio. EUR realisiert. Dies entspricht einer Steigerungsrate von 728,1 %!

Eine differenzierte Ergebnisbetrachtung zeigt dabei, dass das Ergebnis der Wohnungsbewirtschaftung von 2012 bis 2015 kumuliert bei 1.511,8 Mio. EUR lag.   Daneben erzielte die „Deutsche Wohnen“ aus dem Verkauf von Wohnungseinheiten von 2012 bis 2015 einen kumulierten Überschuss von 164,3 Mio. EUR.  Auch das Ergebnis aus Pflege und betreutem Wohnen (unter der Marke „KATHARINENHOF®) war von 2012 bis 2015 mit kumulierten 55,0 Mio. EUR positiv.    Unter Berücksichtigung der allgemeinen Verwaltungs- und Personalkosten sowie sonstiger Aufwendungen und Erträgen erzielte die „Deutsche Wohnen“ von 2012 bis 2015 ein kumuliertes Betriebsergebnis (EBITDA3) in Höhe von 1.369,0 Mio. EUR.

Eine gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS) durch das Asset Management der „Deutsche Wohnen“ vorgenommene „Fair-Value-Anpassung“ erbrachte von 2012 bis 2015 kumuliert einen Bewertungsgewinn von 2.907,3 Mio. EUR.

Auf Grund der von 2012 bis 2015 nur gering angefallenen kumulierten Abschreibungen auf Sachanlagen in Höhe von 20,4 Mio. EUR zeigt das EBIT (Ergebnis vor Steuern und Zinsen) insgesamt einen kumulierten Ertrag von 4.255,9 Mio. EUR.

Das Finanzergebnis ist im gleichen Zeitraum mit 1.023,4 Mio. EUR negativ. Hier schlagen hohe Finanzaufwendungen von 714,8 Mio. EUR zu buche.

Zieht man vom EBIT-Ergebnis das Finanzergebnis ab, so erhält man den Jahresüberschuss vor Ertragsteuern. Dieser lag kumuliert von 2012 bis 2015 bei 3.232,5 Mio. EUR.

Bereinigt um die Buchwertgewinne sehen die Ergebnisse der „Deutsche Wohnen“ mit 68,3 Mio. EUR für 2014 und 51,3 Mio. EUR für 2015 nur bescheiden aus.

Durch die „Fair-Value-Anpassung“ erhöhte sich auch das Eigenkapital. Beigetragen hat dazu ebenfalls eine Kapitalerhöhung von rund 907 Mio. EUR. Gegenläufig zum Eigenkapitalaufbau wirkten sich Dividendenauszahlungen für das Geschäftsjahr 2014 und 2015 aus. 2014 betrug die Dividende 0,44 EUR und 2015 0,54 EUR je Aktie. Dies ist eine Steigerung um fast 23 %. Bei einem Börsenkurs von rund 30 EUR beträgt für 2015 die Rendite jedoch nur 1,8 %.  Die Dividendenausschüttung belief sich insgesamt für 2014 auf knapp 130 Mio. EUR und für 2015 auf 182 Mio. EUR. Sie berechnet sich jeweils auf Basis des „Funds from Operations“ (FFO I) in Höhe einer Ausschüttungsquote von 60 %. Für 2016 ist eine Quote von 65 % vorgesehen. Geht man bei der Dividendenausschüttung vom Ergebnis ohne Bewertungsgewinn aus, so waren die in 2014 und 2015 vorgenommenen Ausschüttungen eindeutig zu hoch. 2014 lag bezogen auf das bewertungsbereinigte Ergebnis eine Unterdeckung von 90,3 % und 2015 in Höhe von 254,8 % vor.

Eine derartig weit überzogene Ausschüttungspolitik läßt sich nur unter einer weiter verfolgten aggressiven Mietpreissteigerungspolitik bei gleichzeitig geringer Instandhaltung der Wohnungsbestände und trotzdem erhöhter Mietnebenkosten-Abrechnungen umsetzen. Aber selbst dies wird nicht reichen! Entweder wird man mehr Schulden machen müssen oder das Eigenkapital der Gesellschaft aufzehren. Natürlich geht auch eine Kombination aus beidem, wie es schon 2014 und 2015 der Fall war. Eine nochmalige Kapitalerhöhung wie in 2015 (als „last exit“) dürfte bei einer schlechter werdenden realwirtschaftlichen Performance und einem operativen Ergebnis von rund 300 bis 350 Mio. EUR p.a. schwer werden. Auch bestehen im Finanzergebnis noch latente Risiken aus womöglich wieder steigenden Zinssätzen im Hinblick auf bestehende hohe Finanzverbindlichkeiten von fast 3,8 Mrd. EUR per 31.12.2015.

Die heutigen Profitraten der „Deutsche Wohnen“ als Konzern fallen vor dem Hintergrund der Bewertungsgewinne üppig aus. So lag die jahresdurchschnittliche Eigenkapitalrentabilität nach Steuern von 2012 bis 2015 bei 18,7 %. Nach Steuern waren es noch 14,2 %. Und auch die jahresdurchschnittliche Gesamtkapitalrendite vor Steuern betrug 8,0 %. Nach Steuern waren es hier 6,1 %. Besonders hoch fielen dabei bei einem Bewertungsertrag von 1.734,1 Mio. EUR die Profitraten im Jahr 2015 aus.

Neben dem Konzernabschluss bilanziert die „Deutsche Wohnen“ auch einen Einzelabschluss für die Deutsche Wohnen AG (DWAG) als Holdingsgesellschaft. Dabei findet die Bewertung des Vermögens und des Kapitals nicht nach IFRS, sondern nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) statt.

Die Umsatzerlöse sind hier von 2014 bis 2015 von 18,2 auf 26,4 Mio. EUR, um 45,1 % gestiegen. Die Gesamtleistung nahm um 83 % zu. Die Wertschöpfung der DWAG war dagegen 2014 und 2015 negativ. Der Personalaufwand konnte in beiden Jahren nicht aus der Wertschöpfung gedeckt werden.

Nur durch die Beteiligungsergebnisse (Ausschüttungen der Tochtergesellschaften) fiel das Jahresergebnis der DWAG positiv aus. Dabei wurden 2015 neben dem Jahresüberschuss von 127,6 Mio. EUR auch ein Gewinnvortrag von 47,5 Mio. EUR und eine Entnahme aus den Kapitalrückrücklagen von 50,0 Mio. EUR ausgewiesen. Dies führte insgesamt zu einem Bilanzgewinn in Höhe von 225,1 Mio. EUR.

Vom Bilanzgewinn wurden 2014 129,8 Mio. EUR und 2015 182,2 Mio. EUR an die Aktionäre ausgeschüttet. Der jeweilige Rest wurde als Gewinn vorgetragen. Dies waren 2014 47,5 Mio. EUR und 2015 42,8 Mio. EUR.

Die Eigenkapitalquote der DWAG hat sich von 65,2 % (2014) auf 60,1 % (2015), um 5,1 Prozentpunkte verschlechtert.

Auch die Eigenkapitalrendite ging von 5,4 % auf 3,1 % zurück. Die Eigenkapitalrendite ist hier im Verhältnis zum Konzernergebnis so niedrig, weil im Einzelabschluss keine Bewertungsgewinne aus der Höherbewertung der als Finanzinvestitionen gehaltenen Immobilien einfließen.

 

 

Die Studie kann hier runtgergeladen werden.::http://www.die-linke.de/fileadmin/download/nachrichten/2017/2017-04-10_deutsche_wohnen_gutachten.pdf

 

 

Quelle: linke.de

Bild:  stadtmission-nuernberg.de