Das neue Geschäftsmodell für Firmeninhaber: Insolvenz auf Kosten der Beschäftigten, Steuerzahler und Gläubiger

Da hatte sich die Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei Buchalik Brömmekamp etwas Tolles einfallen lassen. Um an neue Kunden zu kommen, boten sie Unternehmen an, mit ihrer Hilfe in die Insolvenz zu gehen, ihre Geschäfte wie bisher und unter Umständen sogar mit demselben Management fortzusetzen, um dann bei den Verhandlungen mit den Gläubigern eine Reihe von Sondervergünstigungen herauszuschlagen und für die Dauer von bis zu drei Monaten die Löhne und Gehälter aus den Mitteln des Insolvenzgelds zu finanzieren.

Beißen die Kunden an, wird ihnen das Ganze erläutert:

Zunächst einmal müssen sich die neuen Kunden der Wirtschaftskanzlei Buchalik Brömmekamp von dem eigenen Unternehmen eine, wenn möglich recht hohen Summe auszahlen lassen und diese auf Familienmitglieder übertragen. Die Familienmitglieder würden das Geld dann an den Firmeninhaber zu hohen Zinsen verleihen. Dann fordern sie nach einer gewissen Frist die gesamte Summe des Kredits zurück, wozu der Firmeninhaber, trotz guter Geschäfte, nicht in der Lage ist. Damit wäre dieser jedoch trotz aller Gewinne zahlungsunfähig.

Die Zahlungsunfähigkeit ist die Voraussetzung für die Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht.

Der Firmeninhaber beantragt das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, will heißen, dass bei dieser Form der Pleite er die Geschäfte wie bisher und unter Umständen sogar mit demselben Management fortsetzt kann. Dieses Verfahren bietet dem Unternehmen größere Spielräume zu Verhandlungen mit seinen Gläubigern und anderen Beteiligten. Nun könnten für die Dauer von bis zu drei Monaten die Löhne und Gehälter aus den Mitteln des Insolvenzgelds finanziert werden. Das sind wiederum Mittel, die von anderen Firmen aufgebracht und durch die Arbeitsverwaltung in Höhe von 60 Prozent vom Nettoentgelt ausgezahlt werden.  Zur „Gesundung“ des Unternehmens kann dann auch die Nichtabführung von Umsatzsteuern, Lohnsteuer und sonstiger Steuern zwischen dem Insolvenzantrag und der Eröffnung des Verfahrens beitragen.

Hinzu kommt, dass ein insolventes Unternehmen den Gläubigern, die keine Sicherheiten am Unternehmen haben, meist nur eine geringe Quote ihrer Forderungen zurückbezahlen müssen und der Rest erlassen wird, was zu einer massiven Stärkung des Eigenkapitals der zahlungsunfähigen Firma führt. Bei der Stärkung des Eigenkapitals kann man getrost von mehr als 50 Prozent ausgehen. Den so erzielten Sanierungsgewinn kann das Unternehmen dann steuerfrei einkassieren.

Doch die Anwälte haben sich bei einem gewünschten Neukunden grob verschätzt: bei Wolfgang Grupp, dem Eigentümer der Textilfirma Trigema Grupp. Der Mann ist jedem aus dem Werbefernsehen bekannt, dort tritt er im Spot persönlich auf, in Begleitung eines Affen. Der Filialleiter von Buchalik Brömmekamp in Stuttgart hatte am 11. Juli 2017 ausgerechnet den rührigen Textilunternehmer Grupp angeschrieben und vorgeschlagen, die Insolvenz in Eigenverantwortung als Möglichkeit zu nutzen, um sein Unternehmen auf Kosten der Steuerzahler zu sanieren.

Der schuldenfreie Familienunternehmer war erbost, er schrieb die Düsseldorfer Kanzleizentrale an und verwahrte sich dagegen, in dieser Form angeschrieben werden. Er empörte sich darüber, dass die Kanzlei mit der Insolvenz wirbt, bei der man dann problemlos Steuergelder erhalten und sich indirekt über die Insolvenz bereichern könne.

Gleichzeitig beschwerte sich der Textilfabrikant beim baden-württembergischen Innenminister und stellvertretenden Ministerpräsidenten Thomas Strobl (CDU): Es könne „doch nicht sein, dass diese Rechtsanwaltskanzlei Werbung für eine Eigeninsolvenz macht, mit dem Hinweis, dass man die Löhne nicht mehr zahlen müsste und dass man in dieser Eigeninsolvenz sich problemlos 50 Prozent Eigenkapital anschaffen kann“. Minister Strobl antwortete Grupp, er würde es in der Tat „für problematisch halten, wenn Anwaltskanzleien offensiv mit Eigeninsolvenzen Werbung betreiben.“

Damit war der Skandal in der Öffentlichkeit.

Die Vertreter der Kanzlei Buchalik Brömmekamp gaben kleinlaut zu, dass sie ungefähr 50 deutsche Textil- und Bekleidungshersteller angeschrieben hatten und auf diese Weise als Kunden gewinnen wollten.

Wie viele angebissen haben, sagten sie nicht.

 

Quelle: BILANZ Deutschland

Bild: bilanz