Griechenland nach Ende des EU-Memorandums: Welche Chancen? Not und Widerstand, Solidarkliniken als Teil einer Graswurzelbewegung

Von Joachim Sohns

Am 21. August endete das dritte EU-Memorandum für Griechenland und damit das seit 2010 geltende EU-Reform und -Sparprogramm. Die Einigung mit der Eurogruppe über die Zeit nach dem Memorandum sei gleichbedeutend mit einer „endgültigen Lösung der GriechenlandKrise,“ erkärte Ministerpräsident Tsipras. Ähnliche Äußerungen gab es von der EU-Kommission in Brüssel. Tsipras versprach, ab 2019 die Steuern zu senken und den Sozialstaat zu stärken.

Was brachte Einigung mit den übrigen Euro-Ländern für Griechenland?

Positiv: – Es gibt keine neuen Spar- und Reformvorgaben. Die direkte, detaillierte Kontrolle der griechischen Haushaltspolitik durch die Troika wird beendet.

– Mit Hilfe eines 15 Milliarden-Darlehens und sechs Milliarden nicht in Anspruch genommenen EU-Krediten wird eine Reserve geschaffen, die für alle Zahlungen bis 2020 ausreichen würde.

– Griechenland bekommt von den EU-Ländern bis 2022 in acht Raten 4,8 Milliarden Euro Zinnach eigenen Vorstellungen Kredite auf dem Kapitalmarkt aufnehmen, allerdings für erhöhte Zinsen.

– Bis 2033 müssen für Kredite in Höhe von 100 Milliarden Euro weder Zinsen noch Tilgungsraten gezahlt werden, für Altschulden insgesamt wird der Tilgungszeitraum um zehn Jahre verlängert – eine echte Lockerung, aber…

Negativ: … es gibt keinen Schuldenschnitt. Seit 2010 sind die Staatsschulden von 301 auf 326 Milliarden Euro angewachsen, auf 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das Land soll alle zurückzahlen. Damit das rechnerisch möglich ist, erhält Athen die Auflage, bis 2022 jährlich einen Haushaltsüberschuss von 3,5 Prozent und danach bis 2060 ein durchschnittliches Plus von 2,2 Prozent zu erwirtschaften. Das ist nur Ölförderländern gelungen. Die griechische Regierung hatte als Vorgriff auf die Zinsrückzahlung den griechischen Inseln einen Aufschub bei der Mehrwertsteuererhöhung gewährt, in Absprache mit der Brüsseler Kommission und dem französischen EU-Finanzkommissar. Aber nicht mit Berlin (3). Finanzminister Scholz veranlasste daraufhin die Sperrung der 15 Mrd. Euro, bis sich Athen verpflichtete, die Steuersumme an anderer Stelle wieder einzusparen (4).

Die Botschaft: Die Spielregeln bestimmen wir hier in Berlin. Wir werden auch in Zukunft keine Abweichung vom vereinbarten Programm oder eigenmächtige soziale „Wohltaten“ tolerieren.

Das Druckmittel: Die acht Halbjahresraten der 4,8 Mill- iarden Euro griechischer Zinsen fließen nur dann nach Athen zurück, wenn alle Auflagen sowie die zugesagten Reformen rea lisiert werden und – wenn die Begutachtung positiv ausfällt, ob die Bedin- gungen für die Auszahlung erfüllt sind. Es wird vier Inspektionen der EU-Institutionen im Jahr geben. Griechenland unterliegt also weiterhin einer „verschärften Aufsicht“.

Die Investoren am Kapitalmarkt werden negative Aussagen der Gutachten mit entsprechenden Zinserhöhungen für Kredite begleiten ein weiteres Druckmittel.

Milliardenschulden innerhalb Griechenlands

Wird unter diesen Bedingungen eine langfristige Kreditaufnahme am Kapitalmarkt mit erträglichen Zinsen möglich sein? Das ist sehr zweifelhaft: Seit dem Brüsseler Beschluss sind die Marktzinsen für die griechische 10-JahresAnleihe zwar bis zum September von 4,8 Prozent auf 4,4 Prozent gesunken – immer noch zu hoch für das klamme Land, höher als die anderer EU-Länder. Und die Aussichten sind düster: Die massive Neuverschuldung der USA, die Beendigung des Aufkaufs von Staatsanleihen durch die EZB, der Handelskrieg EU-USA-China, alles deutet auf steigende Zinsen hin.

Ein weiterer Grund für die schlechte Bonität aber ist, dass die griechischen Banken bisher nicht in der Lage waren, ihre riesigen Immobilien-Kredite, die nicht mehr bedient werden, zu Geld zu machen. 47 % aller vergebenen Kredite gelten als „faul“ (5). Die Summe fauler Bankkredite, die mehr als 90 Tage nicht bedient wurden, ist seit Ende 2009 von rund 20 Milliarden auf 102 Milliarden Euro angestiegen (6). Aber auch dem Fiskus schulden die Griechen fast 100 Mrd. Euro (7). Über vier Millionen, d. h. zwei von drei griechischen Steuerpflichtigen, können nicht zahlen, will heißen: sind pleite (8). Etwa die Hälfte von ihnen schuldet dem Finanzamt zwischen einem Cent und 500 Euro, ist also nicht einmal in der Lage, solch eine kleine Summe zu erübrigen. Nicht verwunderlich, dass auch offene Stromrechnungen in Höhe von gut zwei Milliarden und offene Wasserrechnungen in Höhe von etwa 300 Millionen Euro ausstehen. Und die offenen Sozialbeiträge bei
den gesetzlichen Sozialkassen, die von Selbstständigen, Freiberuflern oder Arbeitgebern nicht entrichtet wurden, belaufen sich mittlerweile auf mehr als 35 Milliarden Euro.

Die Konsequenzen für Steuerschuldner sind dramatisch: Allein 2017 führte der Fiskus 721.911 Konto-Pfändungen und 16.789 Zwangsversteigerungen durch. Ab einer Schuld von 500 Euro ist der Staat berechtigt, eine Eigentumswohnung einer Zwangsversteigerung zuzuführen (8).

Wirtschaftsentwicklung und Möglichkeiten der Veränderung

Die offizielle Arbeitslosenquote sank auf ca. 20 Prozent, verharrte aber bei den jungen Leuten auf 40 Prozent. Ihr Rückgang ist zum großen Teil der Emigration von fast einer halben Million Griechen zu verdanken (9).

Die traditionell hohe Zahl von Unterbeschäftigten hat sich seit Beginn der Krise auf 267.000 fast verdreifacht. Gleichzeitig sind die unbezahlten Überstunden rasant angestiegen (10). Unter der Krise haben die Kleinstunternehmen besonders gelitten: Ihre Wertschöpfung sank um 60 Prozent (11). Die privaten und öffentlichen Bruttoanlageninvestitionen hatten sich in der Krise mehr als halbiert (12). Das Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent im letzten Jahr – hauptsächlich dem Boom im Fremdenverkehr und der Türkeikrise geschuldet – änderte daran nicht viel. Aber auch gegenüber 2016 gingen im dritten Quartal 2017 die Bruttoanlageinvestitionen um 8,5 Prozent zurück.

„Der Privatkonsum macht weiter mehr als 70 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung aus“ (13). Der Export spielt keine große Rolle. Deshalb könnte nur die Ausweitung der Inlandsnachfrage dem Land ein spürbares Wachstum bringen – doch die ist offensichtlich nicht in Sicht. Auch 2017 hat sich der Konsum der Griechen weiter reduziert, 2018 ist Ähnliches zu erwarten (14). Infolgedessen sind alle Experten von links bis rechts einhellig der Meinung, dass die von der EU angenommenen Wachstumsraten viel zu hoch sind und Griechenland nicht in der Lage sein wird, langfristig solch einen hohen Überschuss zu erwirtschaften – es sei denn, die Sozialkürzungen und die Umverteilung nach oben werden fortgesetzt. Ein Ökonom vermutet deshalb in der Zeitschrift „Capital“: „Ich halte es für wahrscheinlicher, dass Griechenland in den nächsten 10 Jahren auf ein weiteres finanzielles Hilfsprogramm angewiesen sein wird.“ (15)

Soziale Lage trostlos, Stimmung gedrückt…

Nach acht Jahren direkter EU- und IWF-Einwirkung verdienen 50 Prozent der Beschäftigten im privaten Sektor nur noch „unter 800 Euro netto“. „Entfielen 2009 nur 21 Prozent der Neueinstellungen auf Teilzeitarbeitsplätze, waren es 2017 schon fast 55 Prozent“ (16). Die Griechen verloren durch die Finanzkrise seit 2010 durchschnittlich fast ein Drittel ihrer Einkommen (17). „Viele Löhne liegen unter dem ohnehin nicht zum Leben ausreichenden gesetzlichen Mindestlohn“ von 3,39 €, bei etwa gleichen Lebenshaltungskosten wie in Deutschland (10). Wer keinen Arbeitsplatz findet oder nicht genügend Einkommen hat, dem bleibt nur die Hilfe der Familie. Während in Mitteleuropa 13 Prozent der über 65-Jährigen mit einem ihrer erwachsenen Kinder zusammen wohnen, „leben 27 Prozent der Älteren in Griechenland in einem solchen Familienverbund“, Tendenz steigend. (18)

Fast ein Drittel der Bevölkerung kann im Winter seine Wohnung nicht heizen (19). Sozialhilfe gibt es nicht, und die Unterstützung von Arbeitslosen endet nach zwei Jahren – nur noch wenige erhalten Hilfe. Eineinhalb Millionen GriechInnen leben derzeit unter der Armutsgrenze von 4.500 Euro Einkommen im Jahr. Mehr als ein Drittel sind unmittelbar an dieser Grenze (20).

… doch auch Widerstand, z. T. mit Erfolgen

Trotz dieses Ergebnisses von Krise und acht Jahren EU-Austerität hören Griechen nicht auf, Widerstand zu leisten. Auch 2018 gab es mehrere Demonstrationen und Kurzstreiks (21). Am 30. Mai ist ein Generalstreik gegen die neuen Sparbeschlüsse ausgerufen worden. Der soziale Widerstand hat „in der letzten Zeit wieder an Dynamik gewonnen“ (22). Die Wohnungsfrage habe dabei „eine zentrale Bedeutung, da gut 70 Prozent der Menschen in
Griechenland eine eigene Wohnung besitzen“ und der Verkauf von Häusern, deren Besitzer zahlungsunfähig sind, das zentrale Mittel zur Senkung der Quote der faulen Kredite ist, auf denen die griechischen Banken sitzen. „Bisher waren selbstbewohnte Immobilien gesetzlich vor Zwangsversteigerungen geschützt. Diese Schutzbestimmungen wurden im letzten Jahr auf Druck der Troika abgeschafft.

Bisher ist es den Aktionskomitees gegen die Zwangsversteigerungen, die in den letzten zwei Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, meist gelungen, die entsprechenden Amtsgerichtsverfahren zu verhindern.“ Fast alle öffentlichen Versteigerungen wurden erfolgreich gesprengt. „Die Behinderung von Notaren und Richtern wurde daraufhin auf Geheiß der Troika kriminalisiert; dies ist nun mit Haftstrafen bedroht. Zudem wurden elektronische Verfahren zur Zwangsversteigerung eingeführt,“ diese wird jetzt nicht mehr öffentlich mit persönlicher Anwesenheit durchgeführt, sondern im Internet. Selbst für eine Steuerschuld von wenigen hundert Euro oder im Fall eines Zahlungsverzugs gegenüber der Bank von wenigen Monaten“ können nun Wohnungen mit einem Mausklick unter den Hammer kommen (23)). Es wird eine Frage der öffentlichen Auseinandersetzung vor den nächsten Wahlen sein, ob dies so durchsetzbar ist.

Kürzungen im Gesundheitswesen

Besonders verheerend haben die von EU und IWF verordneten Sparprogramme das öffentliche Gesundheitswesen getroffen. „Die öffentlichen Ausgaben für den Gesundheitssektor sind von 16,2 Milliarden Euro im Jahr 2009 auf 8,6 Milliarden Euro im Jahr 2016 gesunken.“ (12) „Viele Krankenhäuser und städtische Gesundheitszentren mussten schließen, 30 000 Stellen wurden abgebaut, davon fast ein Drittel Ärzte…“ (24)

„In den öffentlichen Krankenhäusern können selbst lebensnotwendige Operationen erst mit monatelanger Verzögerung durchgeführt werden, Ärzte und Krankenschwestern sind völlig überlastet“(25). „Für 40 Patienten gebe es nur einen Krankenpfleger oder eine Krankenschwester.“ Junge Ärzte verlassen zu Tausenden das Land – bisher sind es 18.000 -, „um in Deutschland oder anderen europäischen Ländern zu arbeiten.“(25) Rund 6000 ÄrztePlanstellen sind zurzeit nicht besetzt (26). Wegen fehlender Pflegekräfte betreuen oft Angehörige die Patienten. „Bis heute müssen Patienten Bettwäsche, Verbandszeug und Klopapier mitbringen….“ (24)

„Teilweise spielen sich in griechischen Krankenhäusern bizarre Szenen ab, wenn zum Beispiel die Angehörigen von Unfallverletzten zusammen mit der Nachricht vom Unfall die Aufforderung erhalten, doch schleunigst auch noch Verbandsmaterial, Spritzen, Fäden und Medizin zu besorgen.“ Viele Geräte wurden in der Krise verkauft, um laufende Kosten zu decken. Nach Angaben von Gewerkschaftsvertretern sind 70 Prozent der verbliebenen Geräte veraltet (27). Für Operationen gibt es monatelange Wartelisten. Moderne Krebsbehandlungen sind in staatlichen Krankenhäusern z. T. nicht möglich, weil die modernen Geräte fehlen. Leute müssen sie in privaten Kliniken selber bezahlen. „Wer nicht genug verdient, um sich in einer Privatklinik behandeln zu lassen, für den ist Kranksein ein existenzielles Risiko.“(28) „Die HIV-Infektionen haben sich verdreißigfacht, die Kindersterblichkeit ist (bis 2017) um 40 Prozent gestiegen …“ (33)

Für Versicherte wurde der Eigenanteil bei Medikamenten auf bis zu 25 Prozent erhöht, viele können diesen nicht bezahlen. Insgesamt werden über 35 Prozent der gesamten Gesundheitsaufwendungen von den Patienten aus eigener Tasche bestritten (29), einer der höchsten Werte in Europa (30).

Erfolg solidarischen Widerstands durch die Bewegung der Sozialkliniken

In dieser katastrophalen Situation entstand die Bewegung der ehrenamtlich betriebenen Sozialen Kliniken und Apotheken, in denen Menschen, die sonst keine Hilfe finden, kostenlos medzinisch versorgt werden. Sie erreichte, dass auch viele Privatärzte und sogar Krankenhäuser von ihnen geschickte Patienten kostenlos behandeln. Der bislang größte politische Erfolg des Netzwerkes der 50 Solidarischen Kliniken aber ist, dass der Syriza-Gesundheitsminister seit Juni 2016 den über drei Millionen Nichtversicherten wieder Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem einräumte: »Jetzt haben per Gesetz alle das Recht auf Zugang zu Gesundheit (24) Syriza konnte die Zustimmung von EU und IWF dafür erreichen, dass für 2018 ca. 100 Mio Euro zur Deckung der Ausgaben von Unversicherten eingeplant werden. Trotzdem wurden in der letzten Runde der Streichungen auf Verlangen von EU und IWF auch für 2018 weitreichende Kürzungen im Gesundheitsetat beschlossen (31).

Doch in der Haushaltsdebatte widersprach der Gesundheitsminister dem Vorwurf der ersatzlosen Kürzungen. Diese sollen durch gestiegene Einnahmen aus den Sozialversicherungen ausgeglichen werden (10). 80 Millionen zusätzlich sollen in Personal und in Ausgaben für Unversicherte fließen. Die Kosten sollen also auf die Versicherten verlagert werden (32). Doch die hohe Verschuldung der Griechen bei den verschiedenen Institutionen setzt auch hinter dieses kritikwürdige Ziel der Umverteilung einige Fragezeichen.

Ausblick

„Von Anfang an waren die Solidarischen Kliniken nicht als reine Nothilfe gedacht, sondern auch als ein Versuchslabor für ein neues, gerechtes und demokratisches Gesundheitssystem.“ „Die Solidarischen Apotheken tauschen Medikamente, in einem Computersystem sind alle erfasst.“ So sind die Medikamente nicht mehr Privatbesitz, sondern Gemeingüter. „Die Solidarischen Kliniken sind das Herzstück der Graswurzelbewegung“, die unter dem Motto „Niemand ist allein in der Krise“ aus den Protesten nach 2008 entstanden ist (33). „Sie hat in ganz Griechenland insgesamt 400 verschiedene Formen von Selbstorganisation hervorgebracht: ‚Märkte ohne Mittelsmänner‘, in denen Produzenten direkt an Konsumenten verkaufen, EssensKooperativen, Bildungsinitiativen, Gemeinschaftsgärten, Juristischer Beistand, Energie-Strukturen, selbstverwaltete Fabriken“ und auch eine Milchkooperative, die frische Milch an Automaten in den Städten verkauft, „am Vortag eingesammelt von den Bauernhöfen, pasteurisiert und in der Nacht verteilt.“ Der Clou: Die Kooperative „kommt ohne Zwischenhändler und besondere Verpackung aus.“(34)

In einer Studie haben Wissenschaftler nachgewiesen, dass das bürgerschaftliche Engagement in Griechenland allgemein zugenommen hat (35). Bisher vertrauten die Menschen hauptsächlich auf den Klientelismus, symptomatisch dafür lange Schlangen von Bittstellern vor den Büros der örtlichen Abgeordneten. Heute sind zahlreiche Initiativen selbstorganisiert in die Bresche gesprungen, die der Sozialrückzug des Staates hinterließ.

„Die Solidarischen Kliniken haben die Leute, die zu ihnen gekommen sind, nie nur als Patienten betrachtet, sondern immer versucht, ganzheitlich zu helfen. So haben sie Menschen, die ohne Heizung, Strom und Essen waren, die Schulden hatten und mit Räumungsklagen konfrontiert waren, in den jeweils zuständigen Initiativen untergebracht. … Mit ihren offenen Strukturen erreicht diese Graswurzelbewegung inzwischen mindestens ein Drittel der griechischen Bevölkerung. Diese zahllosen Initiativen haben einen Raum für soziale Beziehungen erschaffen, der für alle zugänglich ist. Ein Raum, in dem auch politischer Widerstand wächst….“ (24)

Es bleibt zu hoffen, dass auf Basis dieser Strukturen in nächster Zeit massenhafte Räumungen verhindert und soziale Verbesserungen, z. B. im Gesundheitswesen, durchgesetzt werden können. Die griechische Regierung verfügt für die nächsten zwei Jahre über ausreichende Reserven für Zins- und Schuldenzahlungen und könnte den einen oder anderen Streit mit Finanzminister Scholz riskieren. Bald stehen Wahlen an – Syriza liegt in den letzten Umfragen zehn Prozent hinter der Nea Dimokratia und muss liefern. Offen ist aber, ob es die Rechten in dem aktuellen Konflikt um die Mazedonienfrage schaffen, den Nationalismus zu einem alles übertönenden Thema zu verstärken und so Syriza und die linken Gruppen mit ihren Themen zu marginalisieren.

 

Quelle:  Quer 22-2018 file:///C:/Users/Admin/AppData/Local/Packages/Microsoft.MicrosoftEdge_8wekyb3d8bbwe/TempState/Downloads/Zeitschrift_quer22_2018_Druck%20(1).pdf

Bildbearbeitung: L.N.

 

Anmerkungen:
1. Griechenlandzeitung (GZ) 27.6.18
2.. Vgl. Nordwestzeitung (NWZ) 16.8.18
3. Die AfD beantragte, die Vereinbarung mit Griechenland und das „Geschenk eines 15 Milliarden-Cash-Puffers“ abzulehnen. AfD und FDP forderten eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses. Der stimmte für einen Aufschub der Auszahlung, vgl. Anm. 4
4. Vgl. Kadritzke in https://monde-diplomatique.de/shop_content. php?coID=100130
5. Vgl. Frankfurter Rundschau (FR) 19.7.2018
6. Vgl. http://www.fr.de/wirtschaft/griechenland-der-staat-gesundet-das-volk-ist-pleite-a-1446648
7. Das entspricht noch einmal 60 Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung.
8. Vgl. https://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/ regierung-peitscht-reformen-durchs-parlament-70-prozent-weniger-rente-heute-nacht-kommt-der-neue-griechen-hammer_ id_8018117.html
9. Vgl. GZ 18.7.2018
10. Vgl. https://griechenlandsoli.com/2018/05/01/herren-im-fremden-haus-griechenland-abgruende-von-demuetigung-berge-vonschulden/
11. Vgl. FR 19.7.18
12. Vgl. https://oxiblog.de/halbierte-gesundheitsausgaben-um- ein-viertel-gekuerzte-bildungsgelder-um-milliarden- einbrechen de-investitionen-zur-bilanz-der-hilfsprogramme/
13. https://www.stern.de/politik/ausland/griechenland–wie- immer-neue-sparpakete-viele-an-den-rand-ihrer-existenz-brin gen-7457868.html
14. Vgl. GZ 4.7.2018
15. https://www.capital.de/wirtschaft-politik/griechenland-rheto risch-inszenierte-erfolgsgeschichte
16. https://oxiblog.de/griechenland-schuldenerleichterungen- esm-iwf-kreditprogramm-syriza/ „Von den 1,7 Millionen Beschäftigten in der Privatwirtschaft arbeitet jeder Dritte in Teilzeit – für durchschnittlich 394 Euro netto im Monat.“ (FR 20.8.18)
17. Vgl. FR 20.8.2018. „Zudem hat die zunehmende Entrechtung der abhängig Beschäftigten dazu geführt, dass der Bereich der grauen bzw. schwarzen Ökonomie sich rasant ausgeweitet hat.“ (Oxiblog….)
18. „Vor allem nahm … der Anteil der 80+ zu, die im Haushalt eines ihrer Kinder leben. Hier sind auch jene Fälle inbegriffen, bei denen hochaltrige Eltern aus Altenheimen zurück in die Familie geholt wurden, weil die Heimkosten nicht mehr tragbar waren und die Rente des alten Vaters oder der Mutter für das alltägliche Überleben mit verwendet werden muss.“ ( GZ 11.7.2018)
19. Vgl. http://www.griechenland-blog.gr/2018/04/armut-undmangelnde-medizinische-versorgung-in-griechenland/2142188/
20.Vgl.http://www.arbeitwirtschaft.at/servlet/ ContentServerpagename=X03/Page/Index&n=X03_0.a&c id=1501725613103
21. Z. B. von Ärzten und Pflegekräften, vgl.https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_international/ article/962675/lohnkuerzungen-krankenhauspersonal-streiktgriechenland.html?sh=19&h=1238625479), von Bahnangestellten, Nahverkehrsbeschäftigten und Müllarbeitern, von Arbeitern in Häfen und auf Fähren
22. Gregor Kritidis in Freitag, 22.6.18, Nr. 142. An dem Generalstreik beteiligten sich hauptsächlich öffentlich Bedienstete wie Lehrer und Busfahrer, Hafenbarbeiter und Fährenangestellte. Besonders empörte die Gewerkschaften, dass die Regierung in dieser schwierigen Situation für Arbeitskämpfe auf Geheiß der EU nun auch noch das Streikrecht einschränkte.
23. https://griechenlandsoli.com/2018/05/01/herren-im-fremdenhaus-griechenland-abgruende-von-demuetigung-berge-vonschulden/. Dies hat die Athener Regierung mit den öffentlichen Gläubigern als Auflage für die Freigabe von Kredittranchen aus dem 3. Kreditprogramm vereinbart, vgl. http://www.fr.de/wirtschaft/ griechenland-der-staat-gesundet-das-volk-ist-pleite-a-1446648.
24. https://oxiblog.de/die-solidarischen-kliniken/
25. https://www.zdf.de/politik/frontal-21/griechenland-krank-gespart-100.html
26. Nach Angaben des gesamtgriechischen Ärzteverbandes, siehe https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_international/article/960944/griechenland-fast-jeder-dritte-arzt-arbeit.html?sh=26&h=-860356197, vgl. auch https://www. aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_inter
nationall/article/962675/lohnkuerzungen-krankenhauspersonalstreikt-griechenland.html?sh=19&h=1238625479
27.https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/ gesundheitspolitik_international/article/962675/lohnkuerzungen-krankenhauspersonal-streikt-griechenland. html?sh=19&h=1238625479
28. https://www.zdf.de/politik/frontal-21/griechenland-krank-gespart-100.html
29. Vgl. http://www.griechenland-blog.gr/2017/06/patienten-tragen-1-drittel-der-gesundheitsausgaben-in-griechenland/2139999/
30. Vgl. Xeni Dassiou, Griechenland in der Wirtschaftskrise: der Gesundheits- und Bildungssektor, Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung
31. Vgl. https://griechenlandsoli.com/2018/05/01/herren-im-fremden-haus-griechenland-abgruende-von-demuetigung-berge-vonschulden/
Auf Verlangen des IWF muss Athen in diesem Jahr zusätzlich 143 Mio. Zuschüsse zur gesetzlichen Sozialversicherung einsparen, vgl. http://www.griechenland-blog.gr/2018/06/griechenland-mussweitere-milliarden-aus-dem-volk-pressen/2142492/. Der Steuerrabatt von bis zu 10% für Gesundheitsausgaben wurde gestrichen, vgl. https://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/ regierung-peitscht-reformen-durchs-parlament-70-prozent-weniger-rente-heute-nacht-kommt-der-neue-griechen-hammer_ id_8018117.html. Nach Berichten griechischer Zeitungen – vgl. http://www.efsyn.gr/arthro/o-proypologismos-fernei-psalidi-stisdapanes-ygeias – sollen die staatlichen Zuschüsse zur Nationalen Institution der Gewährung der Gesundheitsdienstleistungen um 68% sinken. Der staatliche Haushalt 2018 sieht für die Krankenhäuser eine Kürzung von 373 Mio, d. h. um 28,6% vor . Die Ausgaben des Gesundheitsministeriums sinken um 561 Mio oder fast 13 % gegenüber 2017 (von 4,321 Mrd 2017 auf 3,760 Mio 2018). Die Investitionen im Gesundheitssektor werden um 45,31% auf 35 Mio € reduziert.
32. So stiegen die Sozialversicherungsbeiträge der Rentner von 1,72 Mrd auf 5,95 Mrd.
33. Kathrin Hartmann am 14.3.2017 in „Solidarität auf Ruinen“ in https://oxiblog.de/die-solidarischen-kliniken/
34.http://www.arbeitwirtschaft.at/servlet/ ContentServerpagename=X03/Page/Index&n=X03_0.a&c id=1501725613103 Die Milch füllt man am Automaten in Glas- oder Plastikflaschen ab. 90 Cent kostet der Liter in Larisa, einen Euro in Athen. Es ist ein Drittel weniger als in den griechischen Supermarktketten.
35. Vgl. GZ 11.7.2018