Über die konkrete Lebenssituation armer Menschen in der Großstadt – Vom Leben an der Pfändungsfreigrenze

Immer mehr der rund sieben Millionen überschuldeten  Menschen werden dazu gezwungen oder entschließen sich aus der Situation heraus dazu, ihre konkrete Lebenssituation an der, in der Zivilprozessordnung (ZPO) festgelegten Pfändungsfreigrenze auszurichten. Die Einhaltung dieser Grenzen bei Pfändungen sollte ursprünglich trotz Schulden das Existenzminimum garantieren.

Die Einkommensgrenze des Arbeitseinkommens, das nicht gepfändet werden darf, liegt derzeit bei monatlich 1.330,16 Euro für eine Einzelperson, bei Unterhaltsverpflichtungen erhöht sich der Betrag. Aber auch Sozialleistungen können wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Dies gilt insbesondere für sogenannte Sozialleistungen mit Lohnersatzfunktion, wie Arbeitslosengeld, Renten, Krankengeld, Übergangsgeld oder Unterhaltsgeld.

Menschen, deren Einkommen gepfändet wird, leben in einer existentiellen Dauerstresssituation, der sie meistens allein nicht entkommen können und nicht selten endet das Schuldnerleben in der Selbsttötung.

Richtig organisiert, gibt es sogar ein würdevolles und selbstbewusstes Leben an und mit der Pfändungsgrenze.

Im Gegensatz zu anderen Ländern wird in Deutschland die Überschuldung mit dem persönlichen Versagen im calvinistischen Sinn angesehen und hat einen religiösen Überbau, dass nach den fetten Jahren, in denen man in Saus und Braus gelebt hat, magere Jahre folgen müssen, der Einzelne bestraft wird und Reue zeigen muss, indem er sich „wohlverhalten“ soll.

Als überschuldet gilt derjenige Mensch, bei dem die zu leistenden monatlichen Gesamtausgaben höher sind, als die Einnahmen. Gesellschaftlich wird den überschuldeten Personen unterstellt, dass sie nicht mit Geld umgehen können, „über ihre Verhältnisse“ gelebt haben „unwirtschaftlich haushalten“ und nicht dem Ideal der „schwäbischen Hausfrau“ entsprechen.

Bei der Häufigkeit der Faktoren für die Überschuldung ist dieses Vorurteil auf dem vorletzten Platz, bei nur knapp 8 Prozent der Überschuldeten ist die unwirtschaftliche Haushaltung der maßgebliche Überschuldungsgrund.

Verschuldete Menschen müssen sich unter den Beobachtungsschirm der „Institution“ Schufa stellen, fühlen sich ihr völlig ausgeliefert und haben Angst vor den Konsequenzen ihrer Einträge.

Konnten sich diese Menschen früher noch vertrauensvoll an die öffentlichen kommunalen Behörden und Sozialversicherungsträger wenden, die ihnen im Rahmen der Beratungs- und Auskunftspflicht weiterhelfen konnten, ist ihnen mittlerweile diese Möglichkeit völlig versperrt.

Im Gegenteil, die öffentlichen Stellen geben finanzielle Hilfen in der Regel nur noch als Darlehen und lassen die Ratsuchenden als „Bittsteller“ im Regen stehen. Durch die Einführung der Schuldenbremse und nur noch betriebswirtschaftliches Denken sind diese Institutionen zu ganz normalen Gläubigern geworden, die mit privaten Inkassofirmen zusammenarbeiten, selbst gnadenlos vollstrecken und dabei immer öfter neben Recht und Gesetz stehen.

Mithilfe des Verbraucherinsolvenzverfahrens sollten einmal die Gläubiger eines Schuldners gleichmäßig befriedigt und zum anderen dem „redlichen Schuldner“ Gelegenheit gegeben werden, sich von seinen Verbindlichkeiten zu befreien und dann ein von den Altschulden befreites Leben zu führen.

Doch werden dem Schuldner seit einigen Jahren während des Insolvenzverfahrens zunehmend Steine in den Weg gelegt, das Verfahren restriktiver, er erlebt die ihn abstrafenden Institutionen hautnah als bedrohlich und wird in seiner Existenz gefährdet. Auch deshalb entschließen sich immer mehr überschuldete Menschen zu einem „Leben an der Pfändungsfreigrenze“. So ein Leben kann aber mit dem Verfolgungsdruck, mangelnder rechtlicher Schutzmöglichkeiten und Bußetun zur Hölle werden.

Einrichtung eines Kontos muss erkämpft werden

Es ist mittlerweile unstrittig, dass ein Konto für jeden Menschen in Deutschland notwendig ist. Die Betriebe zahlen den Lohn auf das Giro-Konto ein, die Miete geht vom Giro-Konto ab und auch die Giro-card ist mit dem Konto verknüpft: Ohne Giro-Konto werden finanzielle Kleinigkeiten zum großen Problem, eine Teilhabe am normalen Geschäftsleben ist unmöglich.

Früher mussten nur die damals noch gemeinnützigen Sparkassen in einigen Bundesländern jedem Verbraucher ein Giro-Konto eröffnen, soweit dies für sie zumutbar war. Grund dafür ist der „Kontrahierungszwang “, der in den Sparkassengesetzen dieser Bundesländer festgelegt ist und sie dazu verpflichtet, allen Menschen ein Konto anzubieten. Außerdem verpflichteten sich die Sparkassen seit dem Jahr 2012, Verbrauchern auf Wunsch ein sogenanntes Bürgerkonto zu eröffnen, ein Girokonto auf Guthabenbasis. Für die Privatbanken gab es seit 1995 lediglich eine unverbindliche Empfehlung der Deutschen Kreditwirtschaft, ein Konto für jedermann, oft auch als Jedermann-Konto bezeichnet, anzubieten.

Für die meisten armen Menschen, war das Konto bei der Sparkasse über Jahrzehnte die einzige Möglichkeit, überhaupt ein Konto zu bekommen. Jeder konnte sich darauf verlassen, dort ein Konto zu erhalten, denn es war und ist z.B. im Sparkassengesetz NRW festgelegt.

Für viele arme, verschuldete und überschuldete Menschen bestand früher die einzige Möglichkeit für einen Kontowechsel, die Einrichtung eines Kontos bei der Sparkasse, auch um mit dem neuen Sparkassenkonto Schutz vor der Verrechnung des Einkommens mit dem Dispo zu erhalten oder um zusätzliche Miet- und Energieschulden zu vermeiden.

Spätestens nach der Einführung des Basis-Kontos haben die Sparkassen in vielen Fällen den gesetzlichen Auftrag missachtet, Kunden, die ein Konto eröffnen wollten, einfach weggeschickt und sie sehen hier eine Möglichkeit, ärmere Menschen als neue Kunden abzuweisen.

Seit dem 19. Juni 2016 können alle Menschen, die sich legal in der Europäischen Union aufhalten, ein Basis-Konto bei einer Bank eröffnen. Die Banken sind verpflichtet, solche Konten bereitzuhalten. Sie dürfen Kunden aber aus gesetzlich festgelegten Gründen ablehnen, zum Beispiel falls diese bereits ein Basis-Konto haben.

Basis-Konten haben grundsätzliche Funktionen, die auch ein normales Giro-Konto hat, zum Beispiel Geld abheben und überweisen oder mit Karte zahlen. Anspruch auf einen Dispo oder  eine Kreditkarte haben die Kunden dabei nicht.

Sollte ein Geldinstitut es ablehnen, ein Konto zu eröffnen oder kündigt es das Konto, muss es dem Kunden die Gründe dafür nennen. Ausnahmen gibt es nur, falls die Bank damit den Kampf gegen Geldwäsche oder Terrorfinanzierung gefährdet.

Soweit die Theorie.

Bei den Sparkassen werden häufig Kunden, die ein Konto eröffnen wollen, ohne Nennung von Gründen für die Ablehnung, weggeschickt. Wird dann einmal nachgehakt, wird argumentiert, der Kunde habe ein Konto und zwei Konten seien nicht erlaubt. Selbst wenn das Konto bei einer Bank bereits im Kündigungsverfahren ist, weigert sich die Sparkasse weiterhin.

Fakt ist aber, das jeder so viele Konten haben kann, wie er möchte und das Einkommen auf ein neues Konto fließen muss, damit es auf dem bisherigen Konto nicht verrechnet wird und der zukünftige Sparkassenkunde den Monat über nicht mittellos da steht.

Diese Diskussion mit der Sparkasse ist für die ärmeren Menschen würdelos, da scheut man sich nicht, sie zu beleidigen „warum haben sie denn Schulden gemacht“ oder „erst zurückzahlen und dann gibt es etwas Neues“ sind noch die harmloseren der vor Publikum ausgetragenen Auseinandersetzungen.

Wird das Problem offiziell angefragt, lautet die Antwort: „Wenn Kunden Problem mit anderen Instituten haben, ist das nicht ein Problem der Sparkasse“.

Inkassofirmen schicken als Geldeintreiber mit staatlicher Lizenz Hunderttausende in die Schuldenfalle

Für die Inkassoindustrie ist die Überschuldung der Menschen ein extrem lukratives Geschäft. Rund fünf Milliarden Euro setzt sie in Deutschland jährlich um, Tendenz steigend. Der Onlinehandel und ein wachsender Konsum bringen immer mehr unbezahlte Rechnungen mit sich.

Wer eine Inkassofirma aufmacht, braucht kaum mehr als eine Registrierung, kann aber für seine „Dienstleistungen“ dasselbe fordern, wie ein Anwalt, der jahrelang Jura studiert haben muss. Die Inkassounternehmen umgab und umgibt immer schon eine unseriöse Aura, weil niemand zugibt, sie zu kennen, es keine amtliche Statistik für diese Unternehmen gibt und die Branche bei Verfehlungen lediglich von „schwarzen Schafen“ spricht.

Nach Angaben des Bundes Deutscher Inkasso Unternehmen (BDIU) sind derzeit in Deutschland knapp über 2.000 Registrierungen für Inkassodienstleistungen hinterlegt, die ein Forderungsvolumen von fast 27 Milliarden Euro hielten und in dem vergangenen Jahr  daraus fünf Milliarden Euro eingezogen haben. Es handelt sich hierbei überwiegend um regional tätige kleinere Unternehmen. Angenommen wird, dass über zwei Drittel aller Inkassofirmen maximal fünf Angestellte beschäftigen. Im BDIU waren zu dieser Zeit 560 Unternehmen als Mitglied organisiert, der somit etwa 90 Prozent des Forderungsvolumens repräsentierte.

Die Hauptaufgabe von Inkassodienstleistern ist das Einziehen von Forderungen, die kaufmännisch ausgemahnt, aber noch nicht gerichtlich geltend gemacht wurden. Dabei können die Forderungen von den Ursprungsgläubigern abgetreten, verkauft oder mit einem Factoringauftrag versehen worden sein. Bei Bevollmächtigungen endet die Vertretungsbefugnis von Inkassounternehmen, wenn es im Mahnverfahren zu einer Abgabe an das Streitgericht gekommen ist und wenn im Rahmen von Zwangsvollstreckungen Handlungen zu einer Einleitung eines streitigen Verfahrens führen würden oder wenn Handlungen in einem streitigen Verfahren notwendig sind. Viele Inkassounternehmen bieten noch zusätzliche Dienstleistungen wie kaufmännische Hilfstätigkeiten im Bereich der Angebots- und Rechnungserstellung und auch die langfristige Überwachung derzeit nicht einbringbarer titulierter Forderungen an. Dabei kommt es fast immer zu teurer Doppelbeauftragung von Inkassounternehmen und Rechtsanwälten.

Inkassounternehmen stehen in Konkurrenz zu Rechtsanwälten und den unternehmenseigenen Mahnabteilungen und müssen offensiv zeigen, dass sie „effektiver“ arbeiten.

Wie bei allen lukrativen Geschäften, hier geht man von einem Forderungsvolumen von geschätzt über 50 Milliarden Euro jährlich aus, hat sich eine Eigendynamik mit rechtlichen Grauzonen entwickelt. Mittlerweile gibt es einen regelrechten Handel mit den Forderungen, bei dem Forderungen weiterverkauft, als Pakete verschnürt weitergegeben und manchmal eine Forderung von verschiedenen Unternehmen mehrmals einzogen wird. Die Schuldner wissen häufig gar nicht, wer aktuell die Ursprungsforderung bearbeitet und wann sie an wen weitergegeben wurde. Dabei landen oft bezahlte Forderungen als Schulden auf dem Inkassomarkt, werden von neuen Besitzern als alte Forderung neu erhoben, mehrfach weiterverkauft, so dass es oft vorkommt, dass es Forderungen mehrfach gibt, die verjährt sind und die dann neu geltend gemacht werden.

Aus Unkenntnis, Angst vor einem Schufa-Eintrag und schlechtem Gewissen der Schuldner wird meistens ungeprüft bezahlt und somit die wichtige materielle Grundlage für das Inkassogewerbe geschaffen.

In den letzten Jahren hat sich eine lebhafte Diskussion um die Praktiken der Inkassounternehmen entfacht. Viele Überschuldungssituationen wären nicht so drastisch oder überhaupt erst entstanden, wenn die Inkassofirmen nicht mit ungerechtfertigten und unzulässig hohen Gebühren und Kosten Verschuldungssituationen schaffen oder verschärfen würden. Oft verdoppeln oder verdreifachen diese Kosten die ursprüngliche Forderung und früher übliche kostenlose Mahnungen werden gar nicht erst verschickt, sondern bei Zahlungsverzug die Forderung direkt an das Inkassounternehmen abgegeben.

Viele Verbraucherorganisationen und Initiativen bieten online einen „Inkasso Check“ an, bei dem Forderungen kostenlos überprüft, die Höhe der Kosten nachgerechnet und die Notwendigkeit der teuren Maßnahmen infrage gestellt wird. Jede fünfte Person, die sich durch die Schritte des Online-Instruments geklickt hat, gab in Befragungen an, dass die Forderungen des Inkassounternehmens entweder gänzlich unbekannt waren oder schlicht falsch und deshalb auch nicht bezahlt wurden.

Immer mehr Schuldner beschweren sich über nicht gerechtfertigte Kosten und rüpelhafte Vorgehensweisen der Inkassounternehmen. Viele Firmen werden durch die Rechtsprechung in die Schranken verwiesen, allerdings immer auf den jeweiligen Einzelfall bezogen.

Da die Aufsicht über die Inkassounternehmen den Ländern obliegt, sind zentrale bundesweite Maßnahmen und die Zusammenführung von Daten nicht gewährleistet.

Um die Inkassounternehmen an einer etwas kürzeren Leine zu führen, hatte der Bundestag das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht zum 01.10.2021 beschlossen.

Durch die Gesetzesänderung sinken die Gebühren, die Inkassofirmen verlangen dürfen, jedoch nicht durchgängig. Nach wie vor orientieren sich die Gebühren, das ist der Hauptkritikpunkt, an den Vergütungsregeln von Anwälten.

Wer die Forderung auf eine erste Mahnung hin begleicht, zahlt noch einen Gebührensatz von 0,5. Derzeit wird im Durchschnitt ein Satz von 1,1 geltend gemacht. Verbesserungen gibt es auch bei geringen Forderungen, bei denen die Inkassokosten bisher oft über der ursprünglichen Forderung lagen. Eingeführt wurde auch ein Wert von 0,9, auf den die Gebühr für die Einziehung einer unbestrittenen Forderung begrenzt ist. In Fällen, die als besonders schwierig oder umfangreich gelten, können die Inkassofirmen dagegen wie bisher kräftig zulangen.

Die neuen Regelungen werden vermutlich nichts daran ändern, dass die Praktiken der Inkassobranche bei vielen Haushalten dazu beitragen, dass sie in der Schuldenfalle festsitzen. Die Inkassounternehmen bleiben Kostentreiber und sind weiterhin für eine erhebliche Verschärfung der finanziellen Probleme verantwortlich und viele Menschen sind den staatlich lizensierten Geldeintreibern hilflos ausgeliefert.

Trouble um das P-Konto

Mit der Einführung des Pfändungsschutzkontos (P-Konto) im Jahr 2010 sollte der Pfändungsschutz unbürokratischer und verbraucherfreundlicher als früher ablaufen.

Bevor es das Pfändungsschutzkonto gab, wurden Konten vollständig gesperrt, sobald der Kontoinhaber eine Pfändung bekommen hatte. Die Schuldner mussten vor Gericht ziehen und dort einen Freibetrag für sich feststellen lassen und das dauerte oft Wochen.

Das P-Konto ist das Girokonto einer natürlichen Person, das im Falle einer Kontopfändung dem Schuldner die Verfügung über den monatlichen pfändungsfreien Betrag möglich macht. Es bietet den Schutz eines pfändungsfreien (Grund-) Freibetrags und dient der Umsetzung des Sozialstaatsgebots, in dem es die Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums gewährleistet. Es wird in der Regel nur als Guthabenkonto geführt.

Für Guthaben gibt es automatisch einen pauschalen Basisschutz von 1.340 Euro je Kalendermonat. Weitere Beträge können auf Nachweis freigegeben werden. Nur in speziellen Fällen ist noch eine gerichtliche Entscheidung bzw. bei öffentlichen Gläubigern eine Entscheidung der vollstreckenden Behörde erforderlich.

Auf diese Weise sind Arbeitseinkommen, Renten und Sozialleistungen genauso geschützt, wie beispielsweise finanzielle Unterstützungen durch Dritte. Bei einer Kontopfändung hat der Kontoinhaber in Höhe der geschützten Freibeträge weiterhin vollen Zugang zum Konto und kann zum Beispiel Überweisungen vornehmen. Am Monatsende darf allerdings der Freibetrag nicht überschritten sein. Da Sozialleistungen mit Lohnersatzfunktion (z. B. Arbeitslosengeld, Sozialhilfe oder Sozialrenten) sowie Lohn oft am letzten Werktag eines Monats für den nächsten Monat auf den Konten gutgeschrieben werden, kann folgende Situation eintreten: Der Freibetrag für den Monat, in dem die Gutschrift erfolgt, ist bereits verbraucht. Der Freibetrag für den nächsten Monat, für den die Sozialleistung oder der Lohn gezahlt worden ist, kann die Gutschrift noch nicht schützen, da die Gutschrift bereits im Vormonat erfolgt ist. Somit kommt es zum so genannten Monatsanfangsproblem: Ohne entsprechende Schutzmaßnahmen müsste die Bank als Drittschuldner im schlechtesten Fall den gesamten Betrag dem pfändenden Gläubiger überweisen. Der Schuldner steht dann ohne ausreichende Mittel zum Lebensunterhalt da. Diese Situation wurde auch vom Gesetzgeber als problematisch gesehen, der es dann ermöglichte, dass der überschüssige Betrag einmal mit in den nächsten Monat genommen werden kann.

Dennoch läuft die Handhabung des P-Kontos nicht rund. Hier sind Kunden der Sparkasse besonders betroffen, was die Beispiele, die als „viele Einzelfälle“ vorkommen zeigen:

  • Bei der Einrichtung des P-Kontos werden die Leute, trotz Beratungspflicht der Sparkasse, oft gar nicht oder falsch informiert.
  • Immer wieder kommt es vor, dass Menschen ihr Konto in ein P-Konto umwandeln lassen wollen und die Sparkasse sich dabei weigert, mit der Begründung z.B. „das P-Konto trifft für sie nicht zu“/ „es muss erst eine Pfändung platziert sein“ oder es werden unnötige Hürden aufgebaut. Dabei besteht ein gesetzlicher Anspruch auf diese Umwandlung und das Geld ist im schlimmsten Fall für den Kontoinhaber verloren, wenn es die Bank an den Gläubigern überwiesen hat.
  • Nach der Umwandlung in ein P-Konto wurde nicht nur die Kredit-, sondern auch Geldkarten der Kunden eingezogen, obwohl eigentlich der Girovertrag durch die Umwandlung nicht verändert wird.
  • Eltern mit unterhaltsberechtigten Kindern z.B. wurde nur der Grundfreibetrag zugestanden, obwohl ein Kindergeldbeleg oder Jobcenterbescheid vorgelegt wird, woraus die unterhaltsberechtigten Personen ersichtlich sind.
  • Wurde eine Bescheinigung zur Erhöhung des Freibetrags eingereicht, kann es bis zu 7 Tage dauern, bis der Kunde über sein Geld verfügen kann.
  • Der Grundfreibetrag je Kalendermonat wird trotz Vorlage der Bescheinigung § 850 K Abs. 5 der ZPO, ausgestellt durch eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle, nicht angenommen oder nicht in der Kontoakte hinterlegt und so dem Kunden über Monate nicht den erhöhten Freibetrag und das Kindergeld angerechnet wurde.
  • Kunden im eröffneten Insolvenzverfahren, ist es passiert, dass sie an ihr Geld nicht herankommen, da die Sparkasse auf die Freigabe durch den Insolvenzverwalter in einigen Fällen bis zu 2 Wochen wartet. Diese Freigabe wird bei einem P-Konto aber gar nicht für die Auszahlung benötigt.
  • Das Debet des Schuldners wurde mit Zahlungseingängen verrechnet, selbst dann, wenn diese Beträge eigentlich nach § 850k ZPO vor einer Pfändung eines Gläubigers oder dem Insolvenzbeschlag geschützt sind.
  • Der Kunde wurde von einem Kontenwechsel ausgeschlossen, solange das Debet nicht zurückgeführt war. Offenbar soll der Saldo dann auf dem Konto auch weiterhin mit dem Überziehungszins und nicht mit dem deutlich niedrigeren Verzugszins verzinst werden.
  • Probleme gab es, wenn ein Kunde zusätzlich einmalige Sozialleistungen erhält oder Nachzahlungen von Sozialleistungen. Oft wird die Auszahlung verweigert und der Leistungsempfänger zum Vollstreckungsgericht geschickt. Dort wird ihm aber die Freigabe verweigert. Er muss dann eine anerkannte Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle, Sozialleistungsträger, Rechtsanwälte oder die Familienkasse finden, die bereit sind, die Bescheinigung auszustellen. Die Sparkasse müsste aber mit dem Bewilligungsbescheid zufrieden sein, der zugleich auch als Freigabebescheinigung dient.
  • Zum Jahresende wurden die Kunden nicht darauf hingewiesen, dass das Weihnachtsgeld/Jahressonderzahlung auf Antrag beim Amtsgericht bis zu einem Betrag von 500  Euro zusätzlich freigegeben, sondern an die Gläubiger abgeführt wurde.
  • Gänge Praxis war es auch, dass nicht vor dem Monatsersten über die auf dem P-Konto am Monatsende gutgeschriebenen Bezüge verfügt werden kann, ohne dass es hierfür eine gesetzliche oder vertragliche Grundlage gibt, sondern der Kontoinhaber mit dem Datum der Gutschrift über das pfändungsfreie Guthaben verfügen kann, da zum Monatsende z.B. Rechnungen beglichen werden müssen.
  • Das Monatsende wurde für viele verschuldete Menschen zum schwierigen Zeitpunkt, da am 30. oder 31. also am Monatsende durch die Sparkasse geprüft wird ob der Freibetrag überschritten wird und das Geld an die Gläubiger ausgekehrt oder zunächst festgehalten wird. Fällt das Monatsende auf ein Wochenende oder Feiertage, ist es besonders fatal.
  • Das Feiertagsproblem ist vielen Sparkassenkunden noch in schlechter Erinnerung. Fiel z.B. der 01. Mai z.B. auf einen Dienstag und war ein Feiertag. Der 30. April fiel als Monatsende auf einen Montag, einem normalen Werktag. Die Sparkasse hatte wegen des Wochenendes „Samstag, 28. April und Sonntag 29 April“ schon den Donnerstag 26. April bzw. Freitag 27. April zum Monatsende deklariert, an dem dann geprüft wurde, ob der Freibetrag überschritten war und die Menschen nicht mehr bis zum Mittwoch, dem 02. Mai an ihr Geld kamen.
  • Den Kunden wurde immer wieder erläutert, dass eine Rückwandelung des P-Kontos nicht möglich ist, auch wenn sie sich schon in der Wohlverhaltensphase des Verbraucherinsolvenzverfahrens befinden.
  • Bei Beschwerden kam es öfter zu übergriffigen, verbalen Auseinandersetzungen mit den Beschäftigten. So wurde den Kunden vor Publik vorgehalten „warum haben sie denn auch Schulden gemacht“ oder „erst zurückzahlen und dann gibt es etwas Neues“

und wenn der Kunde weiterhin protestiert, wird er vom Sicherheitsdienst aus der Sparkasseneinrichtung verwiesen und nach draußen geführt.

Viele ärmere und verschuldete Menschen bereuen es, dass sie ihr Giro-Konto in ein P-Konto umgewandelt haben, sie sind einfach nur genervt über das willkürliche Handeln ihrer früher so geschätzten gemeinwohlorientierten Sparkasse. Die heute aber immer wieder versucht, systematisch arme und verschuldete Menschen als Kunden fern zu halten.

Seit dem 01.12.2021 ist das neue PKoFoG (Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes) in Kraft, wie sich das in der Praxis für Menschen, die an der Pfändungsfreigrenze leben auswirkt, ist derzeit noch nicht zu übersehen.

Schufa  Holding AG 

In den Augen vieler Verbraucher ist die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) ein Datenkrake, der auf undurchsichtige Weise zu Bewertungen kommt, die sich direkt auf ihr Leben auswirken können.

Ein negatives Ranking bei der Schufa kann dazu führen, dass Banken ihren Kunden keinen Kredit gewähren, sie einen höheren Zinssatz zahlen müssen oder dass Telekommunikationsfirmen sich weigern, ihnen einen Internetanschluss bereitzustellen.

Verschuldete Menschen haben oft einen unglaublichen Respekt vor der „Institution“ Schufa, die eigentlich das Geschäftsmodell der Bewertung der Kreditwürdigkeit verfolgt. Sie wissen nicht wie die Bewertungen zustande kommen und fühlen sich ihr völlig ausgeliefert. Sie haben diese Angst zu Recht, da die Schufa durch das sogenannte Scoring zu ihren Bewertungen kommt. Das erstellte Profil wird mit einer geheimen Formel berechnet und es ist unklar, welche Daten in welcher Gewichtung ins Scoring einfließen. Verbraucherschützer meinen entschlüsselt zu haben, dass Bürger besser bewertet werden, je weniger Konten oder Handyverträge sie haben und dass häufige Umzüge eher zu einer negativen Bewertung beitragen.

Rund zehn Prozent der 70 Millionen Menschen in Deutschland, die nach Angaben der Schufa dort ein Profil haben, haben einen oder mehrere negative Einträge. Eine Überprüfung der Einträge findet allerdings nicht statt, Fehleinträge sind so durchaus möglich. Zu den möglichen Falscheinträgen im Schufa-Algorithmus kommen noch fehleranfällige Schnittstellen bei den rund 9.000 Vertragspartnern wie Banken, Telekommunikationsanbietern und Versandhändlern hinzu.

Fast jeder Vermieter will die Schufa-Auskunft zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des künftigen Mieters sehen. Versandhändler und Banken rufen sie ab, ohne dass der Betroffene etwas mitbekommt. Die Datenauskunft soll Aufschluss darüber geben, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand seine Rechnungen begleichen, die Miete zahlen oder einen Kredit bedienen kann.

Die Schufa sieht sich selbst als Dienstleister, der den Unternehmen zu soliden Geschäftsabschlüssen verhelfen will. Doch das umstritten Scouring zeigt, welche anonyme Macht die Schufa ist. Der einzelne Kunde wird nicht nach seinen persönlichen Daten bewertet, sondern nach den Daten einer Vergleichsgruppe mit ähnlichen Daten. Der Score soll rein statistisch prognostizieren, ob ein bestimmter Kreditvertrag sich ähnlich entwickeln wird wie die Kreditverträge von Vergleichspersonen in der Vergangenheit. Wichtige Daten, wie fester Arbeitsplatz und hohes Einkommen werden nicht berücksichtigt, weil die Schufa zu Vermögen und Beruf keine Daten sammeln darf.

Der Score (Punktestand) wird dann mit einem Prozentwert zwischen eins und Hundert angegeben, den der Computer ermittelt hat.

Auch wer sich nichts zuschulden kommen lässt, kann einen schlechteren Score erhalten und seine Bonität angezweifelt werden. Der Grund dafür ist das Prognoseverfahren der Schufa. Je niedriger der Wert, desto schlechter ist die finanzielle Prognose. Die Prognose betrifft die prozentuale Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls. Ein hoher Wert sagt aus, dass die Rückzahlung etwa eines Kredits sehr wahrscheinlich ist, ein niedriger, dass die Rückzahlung fraglich sein kann.

Das genaue Scoring-Verfahren ist unter Verschluss. Es basiert angeblich „auf einem logistischen Regressionsmodell, das die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Zufallsereignisses mit zwei möglichen Ausgängen modelliert“.

Das geheimnisvolle Scoring hat dazu geführt, dass

  • es durchaus möglich ist, dass die Schufa einen Verbraucher gar nicht kennt bzw. nicht in ihren Datenbänken führt und der erst durch die Anfrage z.B. des Telekommunikationsuunternehmens in die Datenbank kommt.
  • das Einholen von Kreditangeboten als äußerst negatives Merkmal in das Scoring einfließt, wenn die Bank bei der Schufa-Anfrage den Anfragegrund „Anfrage Kredit“ statt „Anfrage Kreditkondition“ angibt. Diese Praxis ist inzwischen verboten, wirkt aber im Alltag immer noch nach.
  • Informationen aus sozialen Medien, z. B. Facebook, genutzt und auch Daten zur Wohngegend bei den Berechnungen herangezogen werden. Die Schufa bestreitet das zwar und versichert, dass dies in fast 99 Prozent der Berechnungen nicht der Fall sei.
  • Telekommunikations-Unternehmen ihren Kunden mit einem Schufa-Eintrag drohen und diesen dann vornahmen, wenn die Kunden wegen ausbleibender Leistungen den Vertrag kündigten. Bei widersprochenen Forderungen darf zwar gemäß § 28a Abs. 1, S. 1 Ziff. 4 Bundesdatenschutz keine Datenübermittlung und auch nach den Schufa-Richtlinien kein Eintrag erfolgen, die Schufa prüft dies aber nicht selbst.
  • der Betroffene, vorzugsweise über einen Anwalt, der Schufa einen Widerspruch eingereicht hat, dann löscht die Schufa den Eintrag zwar, der Rufschaden bleibt aber meistens bestehen. Strafanzeigen gegen das meldende Unternehmen wegen Verleumdung gemäß § 187 Strafgesetzbuch werden von den Staatsanwaltschaften regelmäßig eingestellt mit der Begründung, dass der Verursacher, also die einzelne Person in dem Unternehmen kaum zu ermitteln sei.
  • die Schufa eine sehr hohe Fehlerquote hat. Dies attestierte das Bundesverbraucherschutzministerium zuletzt 2009 als es eine Studie über die Fehlerquoten verschiedener Auskunfteien erstellte.
  • die Stiftung Warentest für ihre Zeitschrift Finanztest schon 2003 eine Untersuchung durchgeführt und herausgefunden hat, dass 69 Prozent der Daten unvollständig, veraltet oder falsch waren.
  • das Amtsgericht Hamburg (Aktenzeichen 9 C 168/01) die Schufa dazu verurteilte, es zu unterlassen, den Score-Wert eines Kaufmanns an ihre Vertragspartner weiterzugeben. Das Urteil betrifft jedoch nur diesen Einzelfall. Wer verhindern will, dass die Schufa den persönlichen Score-Wert weitergibt, muss ihr das unter Verweis auf das Urteil selbst untersagen

und

wenn es verhindert wird, den Score-Wert der Schufa an ihre Vertragspartner weiterzugeben, dann bei der Schufa-Abfrage kein Score-Ergebnis erscheint. Der Bankangestellte wird dann keinen Kredit geben, seine Vorgabe lautet: ohne Score keinen Kredit.

Es gibt zwar neben der Schufa noch weitere Auskunfteien wie etwa Creditreform oder Arvato Infoscore, doch für die meisten Verbraucher ist die Schufa die bekannteste und manche Menschen halten sie sogar für eine Behörde.

Ein würdevolles Leben an der Pfändungsfreigrenze ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich

Viele Menschen haben nicht die Möglichkeit, ihre Schulden mangels Geld zu regulieren oder möchten die Insolvenz nicht durchlaufen, auch weil sie nicht gerne unter der Knute des Insolvenzverwalters stehen möchten.

Mit Hilfe des gerichtlichen Mahnverfahrens und dem Eintrag ins Schuldnerverzeichnis können Personen, bei denen nichts pfändbar ist, für gewisse Zeiträume unbehelligt von ihren Gläubigern weitgehend stressfrei leben.

Voraussetzung dafür ist eine professionelle Begleitung durch gemeinnützige Stellen und das Selbstbewusstsein, dass die eigenen Schulden erst das Vermögen der anderen ermöglichen und durch Zahlungen, frühere Ratenzahlungen und Gebühren oft die Schuld schon lange getilgt ist.

Das gerichtliche Mahnverfahren beginnt mit dem Mahnbescheid, der durch das zuständige Amtsgericht auf Antrag des Gläubigers zugestellt wird. Falls die Rechtmäßigkeit oder die Höhe angezweifelt wird, kann gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt werden und das Gericht prüft die Forderung dann.

Wird kein Widerspruch eingelegt, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen, den das Gericht dann ebenfalls beim verschuldeten Menschen zustellt. Gegen den Vollstreckungsbescheid kann Einspruch erhoben werden, z.B. dann wenn die Forderung bereits verjährt ist. Dann entscheidet das Gericht, ob die Forderung besteht oder nicht. Wird kein Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid eingelegt, kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher schicken, der pfändbares Vermögen/Einkommen oder pfändbare Gegenstände mitnimmt, um dem Gläubiger die Schuldsumme ganz oder zum Teil zu begleichen.

Auf Antrag kann der Gerichtsvollzieher auch das Vermögensverzeichnis des säumigen Schuldners abnehmen, das heißt, mit einem ausführlichen Fragebogen wird ermittelt, ob einzelne pfändbare Gegenstände oder Einkommen/Vermögen vorhanden sind.

Das Vermögensverzeichnis wird beim zuständigen Amtsgericht im Schuldnerverzeichnis hinterlegt, andere Gläubiger können es einsehen. Ändert sich an der Einkommens/Vermögenssituation in den nächsten 24 Monaten nichts gravierend, darf in diesem Zeitraum nicht vollstreckt werden und die verschuldete Person hat erst einmal Ruhe. Nichts gravierend lässt aber gewissen Spielraum für kreative Ideen, die dazu beitragen, das Einkommen zu erhöhen.

In der Praxis kann die 2 Jahresfrist beliebig oft genutzt werden, vor allem bei denjenigen Menschen, deren Einkommen sowieso dauerhaft unter der Pfändungsgrenze liegt und es keinen Vermögenszugewinn geben wird.

Mit Hilfe der immer geringeren Anzahl gemeinnütziger und engagierter Beratungsstellen kann das Verhalten gegenüber Gerichtsvollziehern eingeübt und aus der früheren Stresssituation kann eine gemütliche Kaffeerunde mit ihm werden. Auch den Empfang der Gerichtspost lässt sich stressfrei einüben, so dass ein langfristig ausgerichtetes Leben an der Pfändungsfreigrenze mit Würde und Selbstbewusstsein möglich wird.

 

 

 

 

 

 

Quelle: AG Schuldnerberatung, SCHUFA, BDIU, Bundesamt für Statistik, Sparkasse Dortmund, WAZ, Rechtspflegerportal, Insolvenzordnung 
Bild: wikimedia cco