Über die Sisyphosarbeit zum Aufbau gewerkschaftlicher Strukturen in Kirchlichen Unternehmen

Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.

Mahatma Gandhi

Im Rahmen der Vermarktwirtschaftlichung sozialer Hilfebedarfe wurde seit Mitte der 1990er Jahre der Sozialstaat mit seinem Budget von über 100 Milliarden Euro systematisch dem Verwertungsprozess zugeführt.

Die zwei christlichen Kirchen übernahmen die betriebswirtschaftlichen Grundzüge in ihren vormals gemeinnützigen Unternehmungen und sprachen nun von ihren „Sozialbetrieben“. Sie verschrieben sich dem Wettbewerb am Markt, nannten nun die Ratsuchenden und Klienten „Kunden“ und konkurrierten mit ihren deformierten pädagogischen und sozialen Einrichtungen als ein Dienstleistungsunternehmen um Marktanteile.

Aufgrund der mangelnden Mitbestimmung und der Selbstdefinition als „Dienstgemeinschaft“ – ein Begriff, der aus dem deutschen Faschismus stammt – konnten Veränderungsprozesse von „oben“ angeregt und umgesetzt werden. Das garantiert einen handfesten Konkurrenzvorteil, wenn unternehmerische Entscheidungen nach „Gutsherrenart“ gefällt werden können.

In ihren Unternehmen nutzen sie die möglichen prekären Arbeitsverhältnisse mit den unmenschlichen Bedingungen für ihre Beschäftigten aus, um ihren Profit zu sichern. Gleichzeitig unterbinden sie jegliche Gegenwehr, Selbstorganisation oder gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten in ihren Reihen.

Immer wieder kommt es zu Skandalen, denn dort, wo es keine Kontrollmöglichkeiten und Aufsicht gibt, werden auch große, kostenintensive Projekte, an denen eine Vielzahl von Arbeitsplätzen hängen, in den Sand gesetzt. Nur ganz selten werden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, die Vorgänge strafrechtlich geahndet und über den Verbleib öffentlicher Mittel Rechenschaft abgelegt.

Solche Strukturen können aber auch beim Aufbau einer konfliktorientierten, betrieblichen Gewerkschaftsarbeit genutzt werden.

Kirchliches Selbstbestimmungsrecht

Das kirchliche Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht – auch als Selbstbestimmungsrecht bezeichnet – wird von den Kirchen arbeitsrechtlich insbesondere in drei Richtungen ausgeübt:

  • Für eine Mitarbeit in kirchlichen Einrichtungen wird von den mehr als 1,3 Millionen Beschäftigten eine Übereinstimmung mit den kirchlichen Glaubens- und Moralvorstellungen erwartet. Ein Verstoß gegen diese Loyalitätspflichten zieht arbeitsrechtliche Konsequenzen – bis hin zur Kündigung – nach sich.
  • Anstelle eines Betriebs- oder Personalrates werden die kirchlichen Beschäftigten durch eine Mitarbeitervertretung an den betrieblichen Entscheidungen vorgeblich beteiligt.
  • Die Löhne und andere grundlegende Arbeitsbedingungen werden  nicht im Rahmen von Tarifverhandlungen („zweiter Weg“) oder einseitig vom Arbeitgeber („erster Weg“) festgelegt, sondern durch Gremien, die paritätisch aus den Reihen der Beschäftigten und der Unternehmensleitung besetzt werden („dritter Weg“). Arbeitskampfmaßnahmen (Streik und Aussperrung) sind nach Ansicht der Kirchen mit dem Dienst am Nächsten unvereinbar und werden deshalb ausgeschlossen.
Die Beschäftigten im kirchlichen Bereich

Der Wettbewerb zwischen katholischen und evangelischen Einrichtungen und die Konkurrenz zu anderen Wohlfahrtsverbänden und privaten und öffentlichen Trägern prägt die Situation der kirchlichen Beschäftigten. Der Wettbewerb wird vor allem über die Löhne ausgetragen.

Bei der Gestaltung des Arbeitsrechts berufen sich die Kirchen auf die ihnen im Grundgesetz zugesicherte Kirchenautonomie und bestehen nach wie vor darauf, dass auf ihre Krankenhäuser, Altenheime und Beratungsstellen das Betriebsverfassungs- und das Mitbestimmungsgesetz nicht angewendet werden.

Das bedeutet,

  • die Beschäftigten in kirchlichen Einrichtungen können keine Betriebsräte wählen, sondern nur Mitarbeitervertretungen, deren Rechte gegenüber den Betriebsräten stark eingeschränkt sind. Wenn es zu Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung dieser Mitbestimmungsrechte kommt, entscheiden nicht die staatlichen Arbeitsgerichte, sondern innerkirchliche Schlichtungsstellen. Die Entscheidungen der Schlichtungsstellen haben lediglich Empfehlungscharakter, da es keinerlei Durchsetzungsmittel wie im staatlichen Recht gibt,
  • Arbeitskampfmaßnahmen wie Streiks sind bei den Kirchen ausgeschlossen. Um das Streikrecht wird seit Jahrzehnten vor Gerichten gestritten, ohne dass ein Durchbruch erzielt wurde,
  • die Beteiligung der Mitarbeitervertretungen und oder gar der Gewerkschaften in Aufsichtsräten bzw. entsprechenden Aufsichtsgremien ist nicht vorgesehen. Anders als in der Industrie oder im Öffentlichen Dienst schieben kirchliche Regelungen der Mitbestimmung einen großen Riegel vor. Dies widerspricht dem sonst von den Kirchen vorgetragenen Gedanken der „Dienstgemeinschaft“ aller Beschäftigten, einschließlich der Leitungen,
  • diese Dienstgemeinschaft, übrigens ein Begriff aus dem deutschen Faschismus, wird als Begründung herangezogen, weshalb mit Gewerkschaften keine Tarifverträge abgeschlossen werden (es gibt einige wenige Ausnahmen),
  • Tarifverhandlungen mit einem möglichen Streikrecht sind nicht vorgesehen, mehr noch, den Gewerkschaften wird vorgeworfen, durch ihre Interessenvertretungspolitik den Gegensatz zwischen Beschäftigten und Unternehmen zu verschärfen, den es so in kirchlichen Einrichtungen gar nicht geben würde,
  • statt über Tarifverträge wird das kirchliche Arbeitsrecht in innerkirchlichen Arbeitsrechtlichen Kommissionen (ARK) festgelegt, die zwar von der Anzahl her paritätisch besetzt sind, den kirchlichen Unternehmen aber einen bequemen strukturellen Vorteil bieten. Sie verhandeln ja nicht mit unabhängigen Gewerkschaftsfunktionären mit entsprechender Ausbildung, Erfahrung und Organisation im Rücken, sondern mit von ihnen abhängig beschäftigten Arbeitskräften. Sollte man sich in diesen Kommissionen nicht einigen, steht am Ende eine Zwangsschlichtung, deren Regularien wiederum die Kirche bestimmt,
  • die Mitarbeitervertretungen können den Druck im Betrieb oft nicht aushalten, weil sie durch ihr abhängiges Beschäftigungsverhältnis erpressbar sind,
  • Vorreiter für Lohnabsenkungen und prekäre Beschäftigung war ein Großteil der diakonischen Einrichtungen bereits 1998 bei der Einführung von „Leichtlohngruppen“, das kirchliche Arbeitsrecht, der sogenannte dritte Weg, wurde dafür missbraucht,
  • mittlerweile hat jeder vierte Beschäftigte unter 34 Jahren, der bei der Kirche arbeitet, ein begrenztes Arbeitsverhältnis und der Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit in kirchlichen Einrichtungen hat extrem große Ausmaße erreicht
  • zunehmend viele Arbeitskräfte in den kirchlichen Einrichtungen arbeiten als Ein – Euro – Kräfte in den Maßnahmen oder als Programmkräfte in dem „Sozialen Arbeitsmarkt“ und werden bewusst vom ersten Arbeitsmarkt ferngehalten, auch weil sie für die Kirche gut eingearbeitete vollwertige Beschäftigte sind und in den sogenannten Zweckbetrieben für Profit sorgen. Da sie rechtlich gesehen in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen, haben sie auch keine Rechte, die sich aus einem regulären Normalarbeitsverhältnis ergeben

und

der Trend zum Outsourcing wurde bei kirchlichen Einrichtungen eingeläutet, wobei die Ausgliederung von Tätigkeiten in eigene Tochterunternehmen zur Lohnsenkung genutzt und die Entfernung unerwünschter langjährig Beschäftigter durch ein Insolvenzverfahren in den ausgesourcten Betrieben möglich wird.

Kirchliche Akteure auf dem Arbeitsmarkt

Seit rund 30 Jahren treten die kirchlichen Unternehmen und ihre neu gegründeten Beschäftigungs- und Maßnahmeunternehmungen auf dem Arbeitsmarkt auf und nutzen vor allem langzeitarbeitslose Menschen in den gut geförderten Maßnahmen brutal aus.

Die Arbeitskräfte in den Maßnahmen werden bewusst vom ersten Arbeitsmarkt ferngehalten, auch weil sie für den Maßnahmeträger gut eingearbeitete vollwertige Beschäftigte sind und in den sogenannten Zweckbetrieben für Profit sorgen. Da die Menschen rechtlich gesehen in keinem Beschäftigungsverhältnis stehen, haben sie auch keine Rechte, die sich aus einem regulären Normalarbeitsverhältnis ergeben. Sie sind den im Sozialgesetzbuch festgeschriebenen Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter ausgeliefert und damit verstoßen diese Maßnahmen gleich gegen mehrere Artikel des Grundgesetzes, wie gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Berufsfreiheit oder das Koalitionsrecht.

Ihre sogenannten Stammkräfte werden in der Regel nicht nach Tarif bezahlt und unterliegen nicht den allgemein gültigen arbeitsrechtlichen Standards.

Kirchliche Unternehmen fürchten die Gewerkschaftsarbeit wie der Teufel das Weihwasser

Seit Mitte der 1970er Jahre sind gewerkschaftlich organisierte Beschäftigte meistens mit Hilfe der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di dabei, immer wieder zu klären, inwieweit kirchliche Anstellungsträger die Gewerkschaftsarbeit unterbinden bzw. behindern dürfen.

Dabei ging und geht es meistens um

–        das Werberecht, also um das Recht, neue Mitglieder zu werben und diese werbewirksam und agitatorisch zu informieren und Schriften, wie Flugblätter und Plakate zu verteilen und auszuhängen.

–        das Informationsrecht, das bedeutet neben dem Ausbringen von Informationsmaterial aber auch, dass die Mitglieder ihre Gewerkschaft über Belange der Arbeitsverhältnisse oder des Betriebes informieren können, um ihr eine sachgerechte Interessenvertretung zu ermöglichen.

–        das Aushangrecht, es umfasst besonders auch das Recht, Info-Material am Schwarzen Brett anzubringen. Es besteht ein Anspruch darauf, ein gewerkschaftseigenes Schwarzes Brett an einer, allen Beschäftigten leicht zugänglichen Stelle anbringen zu lassen.

Es bleibt laut Bundesverfassungsgericht den gewerkschaftlich organisierten Betriebsangehörigen unbenommen, sich innerhalb des Betriebes werbend und unterrichtend zu betätigen.

Doch in der Praxis muss z.B. die Anbringung eines Informationsbretts als elementares Recht vor dem Arbeitsgericht für jede Einrichtung erstritten werden.

Für die gewerkschaftlich aktiven Beschäftigten eine zermürbende Sisyphosarbeit, die nach jeder Niederlage ganz von vorne wieder begonnen werden muss.

Der Aufbau einer Gewerkschaftsarbeit bei den Kirchen ist eine Sisyphosarbeit

Die gesamten Aktivitäten der Gewerkschaftsaktivisten wurden von den kirchlichen Unternehmen in der Stadt von Anfang an argwöhnisch beobachtet und wo man konnte, die Verantwortlichen mit allen Sanktionen überzogen, die das Arbeitsrecht bietet. Diese Konflikte wurden mutig angenommen und ausgetragen, sodass einige Abmahnungen vor dem Arbeitsgericht zurückgenommen werden mussten.

Besonders belastend für die Aktivisten war, dass sie permanent über die Jahre mit dem Arbeitsplatzverlust, unter anderem wegen Störung des Betriebsfriedens und Geheimnisverrats, bedroht wurden.

Als ein guter Beginn der Gewerkschaftsarbeit in kirchlichen Unternehmen hat sich auf Basis der ehrenamtlichen Arbeit der Aufbau einer ver.di-Betriebsgruppe/Vertrauensleutegruppe erwiesen.

Die gewerkschaftlichen Aktivitäten beschränkten sich zunächst auf die Betriebe Diakonisches Werk und Vereinigte Kirchenkreise. Einige Zeit später wurden auch die ver.di-Mitglieder der katholischen Einrichtungen gezielt angesprochen und einbezogen. Die Betriebsgruppe wurde dann in die Fachgruppe Kirche und später satzungsgemäß in Fachkommission Kirche umbenannt. Die Gruppe als Herzstück der gewerkschaftlichen Arbeit hat über die Jahre hin kontinuierlich und selbständig auf ehrenamtlicher Basis sehr erfolgreich gearbeitet.

Durch die Aktivitäten insbesondere der letzten Jahre konnte erreicht werden, dass die besondere Situation der kirchlichen Beschäftigten in ver.di, in die DGB- Einzelgewerkschaften und auch in die breite Öffentlichkeit getragen wurde.

Die angespannte personelle Situation der hauptamtlichen ver.di – Beschäftigten im damaligen ver.di – Fachbereich 3 trug mit dazu bei, dass ein Teil der Arbeit, besonders die „Mitgliederpflege“ mehr und mehr durch ehrenamtliche Mitglieder abgedeckt wurde. Auch das monatlich stattfindende Treffen entwickelte sich schnell zu einem Forum, in dem Problemanzeigen gemacht werden konnten, mit der Aussicht, dass ver.di diese aufnimmt, Partei für die Mitglieder ergreift und versucht, die Bedingungen in den Betrieben zu ändern.

Schon nach einem Jahr hatten sich eigenständige ehrenamtliche Arbeitsbereiche entwickelt:

  •  Arbeitsbereich: „Aufbau und Pflege eines E-mail-Verteilers“
  •  Arbeitsbereich: Beratungsangebot „Rat und Hilfe“
  •  Arbeitsbereich: Stadtteilarbeit
  •  Arbeitsbereich: Info-Brief/Newsletter
  •  Arbeitsschwerpunkt: Kampagne – Situation der Kolleginnen und Kollegen in den Evangelischen Kindertageseinrichtungen und dem Ganztag in Grundschulen

und der Arbeitsbereich Kirchenaktionstage.

Der zeitintensivste und konfliktträchtigste Arbeitsbereich der ver.di Betriebsgruppe/Vertrauensleutegruppe war aber der Kampf um das Zutrittsrecht der Gewerkschaft ver.di in den evangelischen und katholischen Einrichtungen, der von den kirchlichen Unternehmen erbittert, unfair und teilweise mit unlauteren Mitteln geführt wurde.

Den Zutritt der Gewerkschaften in ihre Einrichtungen fürchten die Kirchen so, wie der Teufel das Weihwasser und bekämpfen die Aktivitäten für ein Werbe-, Informations- und Aushangrecht unglaublich hart, weil die Gewerkschaften dann einen „Fuß in der Kirchentür“ haben.

Auseinandersetzung um gewerkschaftliche Aktivitäten bei den Vereinigten Evangelischen Kirchenkreisen und des Diakonischen Werkes um das Werbe-, Informations- und Aushangrecht

Der Beginn der Auseinandersetzung um das Info-Brett (genauer gesagt um das Zutrittsrecht/Duldung von gewerkschaftlichen Aktivitäten beim Diakonischen Werk) war auch der Beginn der konfliktorientierten und konfrontativen praktischen Gewerkschaftsarbeit. Hier wurde mit harten Bandagen und Tricks seitens der Geschäftsführung versucht, die Präsenz von ver.di im Betrieb Diakonisches Werk möglichst zu unterbinden. Die Auseinandersetzung manifestierte sich um den Ort, an dem das Info-Brett angebracht werden sollte und war seitdem auch immer wieder ein Streitpunkt.

Während es bei den Vereinigten Kirchenkreisen kaum Widerstand gegen die Anbringung des Info-Bretts gab, die große ver.di Tafel hing sogar im Eingangsbereich der Kantine, blockierte die Geschäftsführung des Diakonischen Werkes stur jegliche Zusammenarbeit und Gespräche und biss sich an der Standortfrage fest.

Beim Arbeitsgericht wurde Klage eingereicht und der Gütetermin hatte keine abschließende Einigung über die Anbringung generell und den Standort des Info-Bretts erbracht. Alles zog sich in die Länge. Auch der Kammertermin brachte keinen Kompromiss für den Standort und deshalb wurde die Durchführung einer Augenscheinnahme vor Ort von Amts wegen beantragt. Der Ortstermin fand im großen Gefolge und mit dem zuständigen Arbeitsrichter statt. Für diesen Termin hatte die Geschäftsführung ein in dem hintersten Winkel im Erdgeschoss befindliches dunkles Flurloch, das von niemanden, außer dem Hausmeister, aufgesucht wird, als zukünftigen Standort des Info-Bretts ausgewählt.

Trotz der immer wieder ins Spiel gebrachten Brandschutzauflagen wurde ein Potemkinsches Dorf aufgebaut. Mit einer großen Stelltafel die sonst im Eingangsbereich steht und die Angebote der Einrichtung zeigt. Alles wurde aufgeräumt und die Stelle an der das Info-Brett nach Ansicht der Geschäftsführung angebracht werden könnte strahlte im Neonlicht mit ganz frischer weißer Farbe.

Am nächsten Tag konnte fotografisch dokumentiert werden, dass die weiße Fläche wieder zugestellt war und die Stelltafel fehlte. Wie der Arbeitsrichter bei der DGB-Kundgebung zum 1. Mai dem Autor mit einem Lächeln erzählte, fühlte er sich schon ziemlich vernatzt und fand den schrillen Ortstermin sehr peinlich für das Diakonische Werk. Dann folgte schnell sein Beschluss für den Standort des Info-Bretts und zwar dort, wo die Gewerkschaftsaktivisten es forderten.

So konnte das Werbe-, Informations- und Aushangrecht ausgeübt und mit Inhalten gefüllt werden – die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hatte einen großen Fuß in der evangelischen Kirchentür!

Auseinandersetzung um gewerkschaftliche Aktivitäten bei der Katholischen St. Lukas Gesellschaft um das Werbe-, Informations- und Aushangrecht

Ähnlich wie bei der Evangelischen Kirche wurde bei der Katholischen Kirche vorgegangen und auch dort wurde die Anbringung des Info-Bretts, in Wirklichkeit aber das Zugangsrecht der Gewerkschaft, heftig bekämpft.

Die Auseinandersetzung über die Anbringung eines Informationsbretts/Erkämpfung des Zutrittrechts im St. Josefs-Hospital, ein Krankenhaus unter dem Dach der Katholische St. Lukas-Gesellschaft mbH Dortmund, kochte mit der Zeit immer höher.

Die Gegenseite sah kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die eigenen Mitarbeiter keinen Wunsch danach geäußert hätten und dass es bei dem Unternehmen keine „Gewerkschaftsbeauftragte“ gebe. Vor allem aber würde das Selbstverwaltungsrecht der Kirchen verfassungsrechtlich über der grundgesetzlich geschützten Koalitionsfreiheit stehen.

Letztlich kam es zum Arbeitsgerichtsverfahren ver.di./.Kath. St. Lukas Gesellschaft, in dem geklärt werden sollte, ob die Anbringung eines Informationsbretts der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di rechtens sei, in Wirklichkeit aber ging es doch wieder um das Zugangsrecht der Gewerkschaft, dass die St. Lukas-Gesellschaft heftig bekämpfte.

Diese Auseinandersetzung wurde, ähnlich wie bei der evangelischen Seite, recht heftig geführt – die Katholische St. Lukas Gesellschaft führte immer wieder an, dass betriebsfremde linke Gewerkschafter den bisherigen Betriebsfrieden der „Dienstgemeinschaft“ stören wollten. In der Klageschrift war wieder der Satz „Störung des Betriebsfriedens durch betriebsfremde Gewerkschafter“ zu finden.

In den Unterlagen der Klageschrift tauchte ein Foto des Autors im Gespräch mit einem früheren Ratsmitglied der DKP auf, mit dem Angst geschürt werden sollte, nach dem Motto: `Gewährt man ver.di den Zutritt, hat man diese Leute im Haus´.

In dem Verfahren selbst ging es um „die Duldung des Anbringens eines sogenannten Schwarzen Bretts für gewerkschaftliche Informationen im St. Josefs-Hospital“.  Die Katholische St. Lukas Gesellschaft war mit großem Bahnhof angereist, zwei Anwälte, zwei Geschäftsführer und zwei Personalmanager, die wieder das Lied von der „Störung des Betriebsfriedens durch betriebsfremde Gewerkschafter“ anstimmten.

Schließlich wurde vor dem Arbeitsgericht für Recht erkannt: „Die Beklagte wird verurteilt, das Anbringen eines sogenannten „Schwarzen Bretts“ für gewerkschaftliche Informationen im St. Josefs-Hospital an einer Stelle, die für alle Beschäftigten gut sichtbar und regelmäßig von allen Beschäftigten frequentiert wird… zu dulden“.

Die Niederlage der Katholische St. Lukas-Gesellschaft mbH Dortmund vor dem Arbeitsgericht steckte der Krankenhausgesellschaft noch lange in den Knochen.

Es ist zu befürchten, dass nach der kürzlich vollzogenen Mega-Fusion mit aktuell 9.869 Beschäftigten und einer stationären Belegung von 134.790 Menschen in insgesamt 12 Krankenhäusern und 5 weiteren Einrichtungen, die neue Katholische St. Paulus Gesellschaft alles daran setzen wird, um die Gewerkschaften aus den Einrichtungen heraus zu halten. Sie wird wieder vehement darauf pochen, dass das Selbstverwaltungsrecht der Kirchen ihrer Meinung nach verfassungsrechtlich über der grundgesetzlich geschützten Koalitionsfreiheit steht.

So konnte das Werbe-, Informations- und Aushangrecht ausgeübt und mit Inhalten gefüllt werden – die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hatte einen großen Fuß in der katholischen Kirchentür!

Der Staat päppelt die Kirchlichen Unternehmen auf, ohne sie groß zu kontrollieren

Der Staat zahlt den Kirchlichen Unternehmen jährlich Zig-Milliarden Euro für die Beratung, Betreuung, Beschäftigung, Pflege und Gesundheit von Menschen. Allein an Kirchensteuern haben die beiden christlichen Kirchen 2021 mehr als 12,7 Milliarden Euro eingenommen. Zuletzt stiegen bundesweit ihre Einnahmen sogar, obwohl sich immer mehr Menschen von der Kirche abwenden. Hinzu kommen die sogenannten Staatsleistungen mit insgesamt jährlich rund 550 Millionen Euro. Somit finanziert jeder Steuerzahler, auch wenn er keiner Konfession angehört, die Kirchen mit. Rechtlich stehen diese Staatsleistungen den Kirchen als Entschädigung für die Enteignung kirchlicher Besitztümer im 19. Jahrhundert im Zuge der Säkularisation zu.

Trotz dieser riesigen Summen, die der Staat gibt, prüft er allerdings nicht, ob die Gelder auch dem Bedarf und den Richtlinien entsprechend, bestmöglich eingesetzt werden. Für systematische Prüfungen der Mittelverwendung fehlt den Gemeinden, Kreisen und Kommunen das Geld und das entsprechende Personal. Den eigentlich zuständigen Landesrechnungshöfen, die im Auftrag der Kommunen solche Prüfungen bei sozialen Trägern durchführen könnten, fehlt die Legitimation dazu. Die Akteure der Unternehmen sind außerdem recht gut in der kommunalen Politik vernetzt.

Missbrauch und Betrug sind so Tür und Tor geöffnet. Es kommt immer wieder zu Skandalen, die nicht durch die Aufsichtsinstitutionen und Kontrollgremien aufgedeckt werden, sondern die Sozialbehörden werden zum Teil nur „per Zufall“ auf die Unregelmäßigkeiten aufmerksam oder unter großer Gefahr durch die Beschäftigten in den kirchlichen Konzernen, Verbänden und Vereinen.

So wundert es auch nicht, dass das Selbstverwaltungsrecht der Kirchen ihrer Meinung nach verfassungsrechtlich über der grundgesetzlich geschützten Koalitionsfreiheit steht. Grundgesetzlich geschützte Koalitionsfreiheit heißt aber auch, dass Gewerkschaften der Zutritt in Kirchliche Unternehmen gewährt wird und nicht immer wieder zu klären ist, inwieweit kirchliche Anstellungsträger die Gewerkschaftsarbeit unterbinden bzw. behindern dürfen.

 

 

 

 

 

Quellen: Stadt Dortmund, WAZ, AWO, Paritätische, Diakonie, Caritas, Report Mainz, Monitor, RN, K.P. Schwarz: Die Vermarktwirtschaftlichung sozialer Hilfebedarfe, Bundesarbeitsgericht, ver.di, Paulus Gesellschaft

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