Sozialreportagen 2016

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich monopolartige, private Medienkonzerne entwickelt, die teilweise von einzelnen Familien beherrscht werden und deren Meinungen auch von den angestellten journalistisch tätigen Beschäftigten vertreten werden müssen. Ein objektiv berichtender und urteilender Journalismus kann so nicht mehr gewährleistet und aufrechterhalten werden.

Die Medienunternehmen sind ganz normale Dienstleistungsunternehmen, die Informationen bereitstellen und gleichzeitig auf Gewinn zielende Betriebe.

Um den möglichst größten Profit zu erzielen, setzen die Medienkonzerne auf Werbung, Sport und seichte Unterhaltung. Sensations-Journalismus ist an der Stelle der Berichterstattung getreten. Jeder schreibt mittlerweile von jedem ab und kann so politische Kampagnen gegenüber Einzelpersonen, Gesellschaftsgruppen und auch Staaten initiieren.

Die zunehmende Macht, Konzentration und Kommerzialisierung der Medien wurde noch einmal durch die digitalen Kommunikationssysteme gepusht.

Der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung war in Dortmund die Entlassung von allen 120 Redakteuren und noch einmal so vielen freien Mitarbeitern bei der Westfälischen Rundschau (WR) im Januar 2013. Seitdem erscheint die WR zwar in vielen Städten weiter – aber ohne eigene Redaktion.

Nach dem Kahlschlag in der Dortmunder Presselandschaft wurde das gewerkschaftsforum-do.de Ende 2013 gegründet, ein Internetjournal, das sich vorrangig mit gewerkschaftlichen Themen, aber auch mit sozial- und wirtschaftspolitischen Fragen kritisch auseinandersetzt.

Mittlerweile wurden rund 600 Einzelbeiträge veröffentlicht.

Die Sozialreportagen gründen auf den Traditionen der journalistischen Reportage, schließen sich der Grundlage der dokumentarischen Methode an und leben von ihrer sozialraum-, lebenswelt- und milieubezogene Themenvielfalt.

Das gewerkschaftsforum-do.de möchte auf die Interessen der Mächtigen aufmerksam machen, den gewerkschaftlichen Kampf der Beschäftigten begleiten und den immer leiser gewordenen erwerbslosen Menschen eine Stimme geben.

Die folgenden Sozialreportagen beziehen sich auf das Jahr  2016 und werden ständig erweitert und als Jahresausgaben im Internetportal www.gewerkschaftsforum-do.de herausgegeben.

Sicherheitswahn als Standortfaktor – hat die Politik Angst vor den Bürgern?

Seit einiger Zeit hat man in Dortmund parteiübergreifend die Sicherheitspolitik entdeckt. Nachdem es in der Nordstadt andauernd zu Übergriffen von Sicherheitskräften auf Bewohner kommt und ganze Quartiere hermetisch abgeriegelt werden, um Kontrollen durchzuführen, möchte der Vorsitzende des Westfälischen Industrieklubs, J. Punge, ganz im Sinne einer Selbstjustiz, eine „Fangprämie“ für Bürger ausloben, die dabei helfen soll, Diebe oder Einbrecher zu stellen.

Die Stimmung wurde noch einmal durch eine Terrorwarnung Ende November angeheizt. Es wurde gewarnt, dass Leute aus dem IS-Umfeld in Dortmund einen Anschlag planen – der „dringende Tatverdacht“ wurde schnell in einen „einfachen Tatverdacht“ herabgestuft und verflüchtigte sich im Ungefähren.
Damit etwas „gegen den Terror von Morgen“ schon heute getan werden muss, hat OB Ullrich Sierau, in Anwesenheit von NRW-Innenminister Ralf Jäger und dem Präsidenten des NRW-Verfassungsschutzes Burkhard Freier, eine neue Beratungsstelle in Dortmund vorgestellt, die helfen soll, junge Menschen vom Abdriften in die gewaltbereite Salafismus-Szene abzuhalten, die es nach Meinung vieler Experte in Dortmund schlichtweg nicht gibt.

Nun meint auch die Stadt Dortmund ein Problem zu haben: Sie ist besorgt, weil die objektive Sicherheitslage und das subjektive Sicherheitsempfinden häufig nicht mehr übereinander zu bringen sind. Damit dies in Zukunft besser gelingt, will sie einen Masterplan „Kommunale Sicherheit“ erarbeiten.

Soll hier etwas vorangetrieben werden, damit die Bürger eher bereit sind, freiheitseinschränkende Maßnahmen zu akzeptieren, weil sie sich bedroht fühlen? Soll das erlebte Unsicherheitsgefühl die aktuelle Sicherheitspolitik legitimieren und umgekehrt sich das rechtspolitische Handeln verstärkt am Sicherheitsgefühl der Bürger orientieren und dass dann, wie im Stadtteil Nord, das Handeln bezüglich der objektiven Bedrohungslage völlig unangemessen entwickelt? Sicherheitswahn als Standortfaktor – hat die Politik Angst vor den Bürgern? weiterlesen →

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Jobcenter treiben Erwerbslose in die Armut – die Jobcenter-Darlehens-Falle

Niemand weiß genau, wie viele Menschen wegen Rückzahlungen an die Jobcenter unter dem Existenzminimum leben müssen. Sicher ist aber, dass in den vergangen sieben Jahren die Zahl der Hartz-IV-Empfänger, die Jobcenter-Kredite aufnahmen auf fast 19.000 Personen angestiegen ist. Die Höhe der Schulden stieg ebenfalls im Durchschnitt von 216 auf 365 Euro pro Personen an. Immer mehr auf Hartz-IV angewiesene Menschen können ihre alltäglichen Ausgaben nicht mit dem Regelsatz bestreiten und müssen daher ein Darlehen beim Jobcenter aufnehmen. Im vergangenen Jahr wurden dazu jeden Monat 6,8 Millionen Euro verliehen.

Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits fünf Stützpunkte in Recklinghausen, Bogen, Hannover, Halle und Kiel geschaffen, in denen sich Mitarbeiter auf das Eintreiben von Außenständen konzentrieren. Das soll nun noch effektiver werden. Ein neues “Fachkonzept Inkasso” soll in Zukunft einen „besseren Einziehungserfolg“ erreichen. Von 2015 bis 2020 verspricht sich die Agentur dadurch Mehreinnahmen von rund 70 Millionen Euro pro Jahr. Auch überlegt man schon, private Inkassounternehmen zu beauftragen.

Für die betroffenen Menschen hat diese Entwicklung fatale Folgen: Sie erreichen oft schon seit Jahren das Existenzminimum nicht mehr und der gesetzliche Pfändungsschutz gilt für sie nicht, sie werden so zu Schuldnern der Jobcenter gemacht. Jobcenter treiben Erwerbslose in die Armut – die Jobcenter-Darlehens-Falle weiterlesen →

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Werden wir in Zukunft nur noch teil-krank?

In den vergangen 10 Jahren sind die Ausgaben für das Krankengeld um rund 8,1 Prozent angestiegen, weil immer mehr Menschen den Arbeitsstress nicht mehr aushalten. Die zweithäufigste Krankschreibung erfolgt aufgrund seelischer Erkrankung, deren Genesung den Kostenträgern zu lange dauert.
Das kann die Bundesregierung so nicht tatenlos durchgehen lassen.
Sie beauftragte den Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, ein Sondergutachten zum Thema Krankengeld zu erstellen. Das Gutachten mit dem Namen „Krankengeld – Entwicklung, Ursachen und Steuerungsmöglichkeiten“ ist nun fertig und rät, dass es in Deutschland möglich sein sollte, die im Rahmen einer Krankschreibung festgestellte Arbeitsunfähigkeit prozentual zu differenzieren. Auch möglich werden sollte, dass Arbeitnehmer zu 25 Prozent oder 50 Prozent krankgeschrieben werden und die Teilarbeitsunfähigkeit bzw. das Teilkrankengeld eingeführt werden.
Das läuft real auf Leistungskürzungen hinaus und war sicherlich auch Sinn der Übung.
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Gewerkschaftliche Lohnpolitik ist mehr als die Ankurbelung der Binnennachfrage

Die erste Verhandlungsrunde im öffentlichen Dienst mit den Arbeitgebern von Bund und Kommunen ist für den 21. März 2016 in Potsdam verabredet. Die Bundestarifkommission der Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geht mit der Forderung nach 6 Prozent mehr Entgelt und einer Anhebung der Ausbildungsvergütungen um 100 Euro pro Monat in die Tarif- und Besoldungsrunde 2016. Die Laufzeit des neuen Tarifvertrags für die 2,14 Millionen Beschäftigten soll zwölf Monate betragen.

Die IG Metall geht mit der Forderung von 5 Prozent in die Verhandlungen. Nach dem Auftakt in Niedersachsen folgen bis zum 22. März die übrigen Tarifgebiete. Am 31. März laufen die bestehenden Entgelt-Tarifverträge aus und in der Nacht vom 28. auf den 29. April endet um Null Uhr die Friedenspflicht.

„Der private Konsum ist der Motor der guten Konjunkturentwicklung und muss weiter gestärkt werden. Das ist angesichts anhaltend steigender Steuereinnahmen auch machbar“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske.

Da sollte er doch deutlicher werden, dieses Thema etwas vertiefen und offensiver in die Öffentlichkeit bringen. Nämlich, dass die Lohnentwicklung mehr ist, als ein Motor für die Konjunktur und wachsender Binnennachfrage. So ist die Entwicklung der Arbeitsentgelte z.B. mit verantwortlich für die Verschuldung der anderen Staaten uns gegenüber, für die Öffnung der Schere zwischen arm und reich und für den befürchteten Niedergang der „Mittelschicht“. Die Umverteilung von unten nach oben, ist die Ursache und nicht die Lösung der derzeitigen Krisen im Wirtschafts- und Finanzbereich und der weltweite Anstieg der Ungleichheiten hat erst zur Entfesselung der Finanzkrise von 2008 geführt.

Nicht das Schielen auf die Prozentpunkte bei den Tarifauseinandersetzungen, sondern die Wichtigkeit der Lohnpolitik im gesamtwirtschaftlichen Kontext und in der Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit muss bei vielen Gewerkschaftern wieder in den Vordergrund rücken.

Es scheint, als würden unsere Gewerkschaften sich damit satt und zufriedengeben, dass ihre Mitgliedszahlen sich nicht mehr so schnell verringern, wie es vor einigen Jahren noch der Fall war. Es scheint auch, dass an ihnen die lauter werdende Diskussion über Ungleichheit und das Scheitern und Versagen des Neoliberalismus gänzlich vorbeigeht.

Wir sollten die anstehenden Tarifauseinandersetzungen nutzen, die Bedeutung der Lohnpolitik der Gewerkschaften wieder stärker in den gesamtgesellschaftlichen Fokus zu rücken. Gewerkschaftliche Lohnpolitik ist mehr als die Ankurbelung der Binnennachfrage weiterlesen →

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Verankerung eines Kommunalwahlrechts für Nicht EU-Ausländer in der Landesverfassung – vor 32 Jahren besetzten Aktivisten bei der Kommunalwahl das Wahllokal im Keuning-Haus in Dortmund

Der Landesintegrationsrat NRW und der DGB fordern die Verankerung eines Kommunalwahlrechts für Nicht EU-Ausländer in der Landesverfassung. Nach 5 Jahren legalem Aufenthalt sollten zumindest auf lokaler Ebene die Menschen ohne deutschen Pass die Möglichkeit zur politischen Mitgestaltung erhalten.

Für Gewerkschafter in Dortmund ist die Forderung nach dem Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Ausländer seit 35 Jahren nicht vom Tisch gefallen, eher gehörte sie zu den Querschnittsaufgeben der politischen Arbeit vor Ort. Verankerung eines Kommunalwahlrechts für Nicht EU-Ausländer in der Landesverfassung – vor 32 Jahren besetzten Aktivisten bei der Kommunalwahl das Wahllokal im Keuning-Haus in Dortmund weiterlesen →

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Dortmunder Polizei macht Vorschläge zum Ausbau der Videoüberwachung – die Versendung von jährlich über 100.000 stillen SMS reicht ihr nicht

Die Silvesternacht von Köln lässt grüßen. Das Innenministerium NRW will mit der Ausweitung der Videoüberwachung beginnen. Der Dortmunder Polizeipräsident hat dazu Vorschläge eingereicht, die bisher aber nicht öffentlich gemacht wurden. Aber die Notwendigkeit wird schon einmal aufgezeigt: Angesichts vieler attraktiver Veranstaltung sei die Stadt gefordert, den zahlreichen Besuchern Sicherheit zu vermittelt. Vielleicht würden die zahlreichen Besucher sich sicherer fühlen, wenn sie wüssten, dass im Zeitraum von Januar 2014 bis Mai 2015 die Dortmunder Polizei 107.669 stille SMS zur Ortung von Verdächtigen verschickt hat. Dortmunder Polizei macht Vorschläge zum Ausbau der Videoüberwachung – die Versendung von jährlich über 100.000 stillen SMS reicht ihr nicht weiterlesen →

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ver.di: organizing war gestern – machen bald Drückerkolonnen die Mitgliederwerbung?

Da würde sich Joe Hill in seinem Grab herumdrehen. Der US-amerikanische Arbeiterführer, Gewerkschaftsaktivist, Sänger und Liedermacher, dessen letzte Worte vor seiner Hinrichtung don’t mourn – organize (trauert nicht-organisiert euch) waren, war quasi der Vater der neuen erfolgversprechende Methode der gewerkschaftlichen Mitgliedergewinnung. Viele hauptamtliche Gewerkschafter waren zur Schulung in dieser Methode extra für einige Wochen in die USA geflogen.

Dem Joe Hill würde ganz sauer aufstoßen, dass ver.di nun „ein junges Unternehmen spezialisiert auf Dialogmarketing“ engagiert, das „realisierenden Face-to-Face-Kampagnen zur Mitgliederwerbung“ entwickelt hat. Einfach ausgedrückt heißt das, dass anstelle Mitgliederwerbung durch eine gute Gewerkschaftsarbeit im Betrieb, ver.di nun auf öffentlichen Straßen und Plätzen Mitglieder gewinnen will, wie man es z.B. von den Tierschutzvereinen kennt, die vor den Kaufhallen stehen. ver.di: organizing war gestern – machen bald Drückerkolonnen die Mitgliederwerbung?

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Wege aus der Wohnungsnot – kommt nun Sozialer Wohnungsbau light?

Es fehlen derzeit mindestens 4 Millionen Sozialwohnungen. Laut Deutscher Mieterbund wird bis 2017 der Fehlbedarf um weitere 825.000 Sozialwohnungen steigen. Mittlerweile wohnen nur noch 9 Prozent der Mieter in Wohnungen von Genossenschaften oder Stiftungen. Der Sozialwohnungsbau in den Ländern ist faktisch zum Erliegen gekommen und für Finanzinvestoren lohnt sich der Aufkauf ganzer Pakete von Mietwohnungsbeständen, begleitet von den großzügigen Gewinnversprechen der Hedgefonds.

Das zu einer Zeit, in der es immer mehr Geringverdiener gibt, die wie auch die wachsende Zahl von Zuwanderern, auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen sind. Die Wohnungsnot wird die Integration der Flüchtlinge gefährden und auch zu erheblichen Spannungen zwischen Flüchtlingen und gering verdienenden Einheimischen bei der Wohnungssuche führen.

Viele Vordenker aus der Planer- und Architektenzunft warnen heute schon vor den angeblich überzogenen Erwartungen finanzschwacher Menschen an das Wohnungsangebot und entwickeln Ideen vom „Wohnungsbau light“. Wege aus der Wohnungsnot – kommt nun Sozialer Wohnungsbau light? weiterlesen →

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Die neuen Engel auf dem Spendenmarkt – vom Spenden und Stiften

Seit über 10 Jahren gibt es die Hartz IV Gesetze.

Seit über10 Jahren gibt es in Dortmund die Tafel.

Seit über 10 Jahren hat sich eine Parallelgesellschaft weiter herausgebildet, deren Mitglieder in den „Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbearf“ leben.

Seit über 10 Jahren können sich diese Menschen in Suppenküchen oder auch in Lebensmitteltafeln ernähren, ihr Bier im „Trinkraum“, inklusive Sozialarbeiterbegleitung trinken , versuchen, ihr Einkommen durch das Sammeln von Pfandflaschen aufzubessern, Wäsche aus den Kleiderkammern der Kirchen und Wohlfahrtsverbände holen, gebrauchte Kleidung in den Second  – Hand – Läden der Verbände anprobieren, Gegenstände für die Wohnungseinrichtung in den gemeinnützigen Möbellagern abholen, in verschiedenen „Tauschbörsen“  für sie Nützliches erhandeln und was sie sonst noch gebrauchen in dem großen Sozialkaufhaus erstehen.

Seit über 10 Jahren hat sich ein riesiger Markt der karitativen Arbeit und Barmherzigkeit ausgebreitet.

Seit über 10 Jahren hat sich der Staat immer mehr aus seiner sozialstaatlichen Verantwortung zurückgezogen und vieles dem bürgerschaftlichen Engagement überlassen.

Seit über 10 Jahren gibt es die „Hartz-Vierer“, die Leidtragenden, die im Arbeitslosengeld 2-Bezug festsitzen, kaum Aussichten auf eine Arbeit haben von der man leben kann und sich mittlerweile selbst als „überflüssig“ bezeichnen.

Seit über 10 Jahren hat sich eine Szenerie entwickelt, die durch Benefiz-Veranstaltungen, Charity-Galas und Sammlungen ganz viel „stiftet“, spendet und sich möglichst öffentlichkeitswirksam  selbst vermarktet.

In den vergangenen 10 Jahren ist die Anzahl der Stiftungen erheblich angestiegen. Dieser Anstieg hat hauptsächlich damit zu tun, dass seit der Jahrhundertwende Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts und des Stiftungszivilrechts erfolgten und die Vermögenswerte in privater Hand stark angewachsen sind. In einem Jahr werden etwa so viele Stiftungen gegründet, wie vor 20 Jahren in einem Jahrzehnt. So treten vor allem privaten Stifter vermehrt auf, aber auch Unternehmen, Vereine, Verbände und Gebietskörperschaften.

Gefördert werden Kinder, Flüchtlinge, Museen, Kunstwerke und Denkmäler, alles Bereiche für die der Staat nicht mehr aufkommen möchte oder aufkommen kann. Die neuen Engel auf dem Spendenmarkt – vom Spenden und Stiften weiterlesen →

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Dietrich Keuning Haus – vom offenen stadtteilorientierten Kinder- und Jugendhaus zum eingezäunten Kinder- und Jugendgehege

Es muss Anfang der 1980er Jahre gewesen sein, da nahm der Autor allen Mut zusammen und gab dem selbstherrlichen Leiter des Dietrich Keuning Haus/Begenungszentrum Nord vor den für den Abend dienstverpflichteten rund 50 pädagogischen Fachkräften der Stadt Dortmund kontra.

Seine Fragen lauteten, welche Auswirkungen das riesige Haus mit seiner generationen- übergreifenden Konzeption für die Angebote und die Initiativen im soziokulturellen und pädagogischen Bereich der Nordstadt haben würde, auch auf die zukünftige Anerkennung als Träger der Jugendhilfe durch die Jugendverwaltung/politik und ob noch weitere wohnbereichsbezogene Jugendfreizeitstätten, wie die in der Schützenstraße geschlossen würden, weil der Riese vieles abdecken,  effektiver arbeiten und damit billiger sein sollte.

Dem Leiter des neuen Zentrums stieg die Zornesröte ins Gesicht und er machte den schon äußerlich als jungen Mann aus dem linksalternativen Milieu erkennbar, zur Minna. Dem kam niemand zur Hilfe, denn der Leiter des Keuninghauses war dafür bekannt, niemals so etwas zu vergessen und fürchterlich nachtragend zu sein.

Das große Zentrum machte dann alle Mainstreams der Jugendhilfe und Pädagogik mit, von dem Abbau der offenen Kinder- und Jugendarbeit, über die Kulturarbeit, der multikulturellen Arbeit bis zur Aufsichtserziehung mit eingestellten Security-Leuten.

Vorläufiges Ende der Entwicklung ist die Idee der neuen Leitung und des Programmmanagements, einen Zaun um einen Teil der Einrichtung zu ziehen, der die unliebsamen Menschen erst gar nicht hineinlässt und die Kinder- und Jugendlichen im Betreuungsangebot von der Außenwelt abschottet. Sie meinen, dass sie um den Zaun nicht rumkommen, da die Zukunftsfähigkeit des Hauses sonst gefährdet ist.

Nun liegt der Entwurf vor und bildet einen Höhepunkt in der Geschichte des Keuninghauses in der Dortmunder Nordstadt. Dietrich Keuning Haus – vom offenen stadtteilorientierten Kinder- und Jugendhaus zum eingezäunten Kinder- und Jugendgehege weiterlesen →

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Die dynamische Kultur- und Kreativwirtschaft – nur eine Luftblase?

Die Kreativwirtschaft ist seit einigen Jahren in aller Munde. Besonders beliebt ist sie bei den Wirtschaftsförderern, die sich ganz viel davon versprechen.
Unter dem Begriff Kultur- und Kreativwirtschaft tummelt sich derzeit alles das, was produktiv aus Kultur hervorgeht und sich irgendwie mit Kultur beschäftigt. Es werden großzügig diejenigen Kultur- und Kreativunternehmen erfasst, die überwiegend erwerbswirtschaftlich orientiert sind und sich mit der Schaffung, Produktion, Verteilung oder medialen Verbreitung von kulturellen und kreativen Gütern und Dienstleistungen befassen.
Vor allem jungen Menschen, die mit ihren Start up-Unternehmen „irgendwas mit Medien“ machen wollen oder „irgendwie Kulturarbeiter“ sind, versuchen sich auf diesem Feld und hoffen, dass sie demnächst von ihrer Tätigkeit als Kulturunternehmer leben können.
Die Akteure der Branche sehen sich selbst als Kreative und eben auch als Unternehmer, die in dem neuen Wirtschaftszweig ihr Glück und Auskommen suchen. Dieser Entwicklung kommt entgegen, dass immer mehr öffentliche Leistungen, auch im Kunst- und Kulturbereich, gekürzt werden und die Kunst sich dem Markt unterordnen muss. Mit Hilfe der Werbeindustrie wird dieser Prozess als Zukunftschance verkauft und nennt sich dann Kreativwirtschaft.
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Die Altlasten kommen aus der Versenkung – 1/7 der Dortmunder Stadtfläche sind Verdachtsflächen

In diesem Frühjahr wurde bekannt, dass bei den Bewohnern der ehemaligen Altlasten-Skandal-Siedlung Dorstfeld-Süd auffallend viele Krebserkrankungen aufgetreten sind.

Das Gesundheitsamt der Stadt Dortmund hatte eine Umfrage gestartet, um diesen Verdacht zu überprüfen. Jetzt liegt das Ergebnis auf dem Tisch. Von 1.202 angeschriebenen Bewohnern der Siedlung haben 354 Personen den knappen, einseitigen Fragebogen ausgefüllt und zurückgeschickt. Das Ergebnis lautet, dass es seit den 1980er Jahren 109 Krebsfälle in der Siedlung, in der 220 Häuser stehen, gegeben hatte. Angesichts dieser relativ hohen Zahl empfiehlt das Gesundheitsamt der Stadt, die auffällige Häufung der Krebserkrankungen jetzt wissenschaftlich untersuchen zu lassen.

Die Anwohner fordern, dass auch flächendeckend Luft- und Bodenmessungen durchgeführt werden, um jedes Risiko auszuschließen, dass noch Altlasten im Boden schlummern.

Das Thema Altlasten war jahrelang vom Tisch, nicht aber für die engagierten Leute, die sich in den vergangenen Jahren um die Umweltskandale im Dortmunder Hafen kümmerten, der ja selbst insgesamt eine riesige Altlast ist, weil die gesamte Hafenfläche bei ihrem Bau, aus allen möglichen, auch belasteten Restflächen der Stadt aufgeschüttet wurde.

Ende der 1990er Jahre wurden in Dortmund nahezu 2.000 Altstandorte und Altablagerungen erfasst. Die Verdachtsflächen machen insgesamt ca. 1/7 der Stadtfläche aus. Die Altlasten kommen aus der Versenkung – 1/7 der Dortmunder Stadtfläche sind Verdachtsflächen weiterlesen →

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Sommerfest der Wirtschaftsverbände in Dortmund – Fortsetzung oder schon Ende der schmierigen Willkommenskultur?

Das diesjährige Sommerfest der Wirtschaftsverbände fand inmitten der Regenzeit statt. Das tat aber der guten Stimmung keinen Abbruch. Auch gab es wieder ein aktuelles Thema. Während beim 6. Sommerfest im vergangenen Jahr die Diskussion um die „Innere Sicherheit in Dortmund zwischen Gefühl und Realität“ ging, war das Thema des 7. Festes Ende Juni 2016: „Integration – Wie schaffen wir das?“

Gab es da vielleicht einen Zusammenhang?

Möglich, denn die 200 Gäste hörten von dem jovialen Moderator René Scheer doch die Frage an die Diskussionsrunde: “Mit dem Integrationswillen vieler junger, männlicher Flüchtlinge sei es, wie man höre, ja nicht so weit her?”

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Wie Arbeiterkinder schon während des Studiums in die Schuldenfalle getrieben werden – möglichst gleiche Bildungschancen, das war einmal

Als am 1. September 1971 das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Kraft trat, konnte man noch von einer Reform sprechen, die auch ihren Namen verdiente. Das BAföG gab es als Vollzuschuss, es musste nichts zurückgezahlt werden. Individuell bedürftigen  Studierenden wurde ein garantierter Rechtsanspruch auf Förderung zugesprochen, damit war diese Förderung einklagbar.

Erst das BAföG ermöglichte in den 1970er Jahren es den Kindern, einen Bildungsweg einzuschlagen, der in ein Studium münden konnte und den Arbeiterfamilien die reale Chance, in die Mittelschicht aufzusteigen. Die jungen Menschen hatten das Gefühl, in eine Gesellschaft hineinzuwachsen, die an ihnen interessiert ist und sie als Vollmitglied integrieren will. Wie Arbeiterkinder schon während des Studiums in die Schuldenfalle getrieben werden – möglichst gleiche Bildungschancen, das war einmal weiterlesen →

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Wieder mehr junge Menschen im HARTZ-IV-System – die im Dunkeln sieht man nicht

Vor zwei Jahren war das Thema Griechenland noch in aller Munde, ebenso war die Rede von einer verlorenen Generation, von den arbeitslosen Jugendlichen in den südlichen EU-Ländern, man sprach von Europas Tragödie.

Beide Themen sind aus den Schlagzeilen raus. Dabei ist in Italien immer noch mehr als jeder dritte der unter 25-Jährigen arbeitslos, in Griechenland jeder zweite, in Frankreich immer noch jeder vierte. Die Verarmung der jungen Menschen schreitet voran.

In Deutschland ist die Zahl der HARTZ-IV-Empfänger zwischen 15 und 24 Jahren von 2014 zu 2015 erstmals seit Jahren wieder gestiegen. Der DGB spricht von einer Verfestigung von Armutslagen im Hinterhof unserer Wohlstandsgesellschaft. Wieder mehr junge Menschen im HARTZ-IV-System – die im Dunkeln sieht man nicht weiterlesen →

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Menschen mit Behinderung sind vom Arbeitsmarkt abgehängt – ihre Lebenssituation verbessert sich nicht

Die meisten Menschen wünschen sich, mit einem sicheren Arbeitsplatz den Lebensunterhalt selbst zu verdienen, wenn möglich sogar mit einer Arbeit, die den eigenen Fähigkeiten und Interessen entspricht.

Doch wer behindert ist, hat es auf dem deutschen Arbeitsmarkt schwer, eine seinen Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung zu finden. Die Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten sind zwar gesetzlich verpflichtet, fünf Prozent ihrer Stellen mit Schwerbehinderten zu besetzen, doch viele Arbeitgeber zahlen lieber eine Ausgleichsabgabe, als dass Menschen mit Behinderungen einstellen.

Seit einigen Jahrzehnten be­we­gt sich we­nig in die­ser Grup­pe. Die Arbeitslosenquote von Menschen mit einer Schwerbehinderung ist fast doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Behinderung und genau das nimmt kaum jemand wahr.

Viele behinderte Menschen hatten ursprünglich große Hoffnungen in das neue Bundesteilhabegesetz gesetzt und wurden herbe enttäuscht. Das umstrittene Gesetz soll nun Anfang 2017 in Kraft treten.

Nun haben sich viele Betroffene zusammengetan und machten Druck auf die Bundestagsabgeordneten und auf die Länder, um deren Zustimmung für das Bundesteilhabegesetz im Bundesrat zu verhindern, leider ohne Erfolg. Menschen mit Behinderung sind vom Arbeitsmarkt abgehängt – ihre Lebenssituation verbessert sich nicht weiterlesen →

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Das Drei-Säulen-Modell der Altersvorsorge – zwei von drei Säulen wackeln schon

Zu Beginn dieses Jahrhunderts wurde das alte Ziel der Rentenversicherung, der Sicherung des Lebensstandards nach einem langen Erwerbsleben, verlassen und die Beitragsstabilität, sprich Senkung der „Lohnnebenkosten“ in den Vordergrund gestellt. Die Beiträge sollen bis zum Jahr 2030 nicht über 22 Prozent steigen und bis zu diesem Zeitpunkt das Rentenniveau um 20 Prozent sinken. Für die Beschäftigten heißt das, dass die gesetzliche Rente an Wert verlieren wird und sie privat und betrieblich vorsorgen sollen.

Das neue System wird das „Drei-Säulen-Modell“ genannt. Die Gesetzliche Rentenversicherung als erste Säule der Altersversorgung beruht auf dem Umlageverfahren, das heißt, die Erwerbstätigen zahlen mit ihren Beiträgen die laufenden Renten. Dagegen basieren die betriebliche Altersversorgung und die private Altersvorsorge auf dem Kapitaldeckungsverfahren. Die Beiträge der Versicherten werden dabei auf einem persönlichen Beitragskonto zuzüglich Zinsen und Zinseszinsen, sowie der von den Versicherungsunternehmen erwirtschafteten Überschüsse angesammelt. Hieraus werden dann die Versicherungsleistungen entweder in einer einzigen Summe oder als monatliche private Rente ausgezahlt. Der Staat unterstützt die betriebliche und private Altersvorsorge mit Zuschüssen. Das Drei-Säulen-Modell der Altersvorsorge – zwei von drei Säulen wackeln schon weiterlesen →

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OGS: Die bildungspolitische Fehlkonstruktion – die Kinder, Eltern und die pädagogischen Fachkräfte werden im Regen stehen gelassen

Konzipiert hatte man Anfang dieses Jahrhunderts die Offene Ganztagsschule (OGS) als Übergangslösung zum gebundenen Ganztag (Schulpflicht am Nachmittag), aber 13 Jahre danach gilt die Übergangslösung immer noch. Es gibt immer noch keine landesweiten Regeln oder Standards zu Kosten, Betreuungsstandards, Qualifikation des Betreuungspersonals. Alles  ist von der Kommune und deren finanziellem Zuschuss oder dem jeweiligen Träger der OGS abhängig. Die Stadt schließt mit den freien Trägern Leistungsvereinbarungen, die in der Regel nur den Umfang der Betreuung festschreibt, den Trägern aber das programmatische und personale Planen komplett überlässt.

Einen Rechtsanspruch auf einen Platz ihrer Kinder in der Tagesbetreuung, wie in den Vorschuleinrichtungen, haben die Eltern in der Grundschule nicht. Die Versorgung mit Ganztagsplätzen ist von Stadt zu Stadt unterschiedlich, genauso unterschiedlich sind auch die Rahmenbedingungen für die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte. OGS: Die bildungspolitische Fehlkonstruktion – die Kinder, Eltern und die pädagogischen Fachkräfte werden im Regen stehen gelassen weiterlesen →

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Bei der Bespitzelung von Hartz-IV-Beziehern erhalten Jobcenter ähnliche Kompetenzen wie die Staatsanwaltschaft

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hat eine neue Weisung für die Bußgeldparagraphen 63 und 64 im Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) herausgegeben, die es in sich hat.

Die neue Weisung regelt das Bußgeldverfahren gegen Hartz-IV-Bezieher.

Vorgegangen werden soll damit gegen Bezieher von SGB II-Leistungen ab dem 14. Lebensjahr, denen vorgeworfen wird, mangelhaft mitgewirkt zu haben. Dies geschieht alles unter dem Dach des Jobcenters. Einmal wird dort der Verdacht der mangelnden Mitwirkung bzw. des ordnungswidrigen Verhaltens festgestellt, dann werden dort weitere Ermittlungen durchgeführt und schließlich die Geldbuße festgesetzt.

Die für die Betroffenen zuständigen Sachbearbeiter sollen mit der neuen Weisung Verdachtsfälle besserer erkennen können und an die hausinterne Bearbeitungsstelle für Ordnungswidrigkeiten (OWi) weiterleiten, die dann die monatlichen automatischen Datenabgleiche erstellt.

Die ermittelnden Sachbearbeiter besitzen weitgehend dieselben Rechte und Pflichten, wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten. Die Weisung empfiehlt ihnen, sich nach den Vorschriften der Staatsanwaltschaft, z.B. der Strafprozessordnung, zu richten.

Selbst wenn sich der Verdacht nicht bestätigt und das Bußgeldverfahren eingestellt wird, ist nicht alles gut. Die Weisung sieht vor, dass der Betroffene, seine Auslagen, etwa die Rechtsanwaltskosten, selbst zu tragen hat. Nur auf Antrag kann das Jobcenter nach eigenem Gutdünken entscheiden, ob der Staat doch diese Kosten übernimmt. Bei der Bespitzelung von Hartz-IV-Beziehern erhalten Jobcenter ähnliche Kompetenzen wie die Staatsanwaltschaft weiterlesen →

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Die Bundeswehr – der zukünftige Modellarbeitgeber?

Die Bundeswehr soll mehr Verantwortung übernehmen. So verklausuliert meint man den immensen Schub bei der Aufrüstung zur Kriegsvorbereitung.

Nachdem es nur noch die Berufsarmee gibt, hat die Bundeswehr jetzt schon einen riesengroßen Personalmangel. Das liegt auch daran, dass die jungen Menschen, nachdem sie auf die bunten Werbebroschüren hereingefallen sind, nach den Alltagserfahrungen im Dienst, schnell wieder ins Zivilleben wechseln.

Um die zukünftigen Aufgaben personell überhaupt annähernd bewältigen zu können, wird nun nicht gekleckert, sondern richtig geklotzt. Die Bundeswehr – der zukünftige Modellarbeitgeber? weiterlesen →

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Amazon kommt nach Dortmund – ist das gut? Ja, aber!

An das neue Logistik-Zentrum von Amazon sind in Dortmund große Hoffnungen geknüpft. Alle erwarten, dass ein spürbarer Beitrag geleistet wird, die hohe Arbeitslosigkeit in Dortmund und in der Region zu senken. Bei der geplanten Ansiedlung von Amazon sollen 27 Millionen Euro investiert werden, 2.000 Arbeitsplätze entstehen und Dortmund wird dann nach Werne und Rheinberg der dritte Amazon Standort in NRW.

Die Euphorie bekommt aber einen Dämpfer, wenn man sich einmal das Unternehmen selbst und die Arbeitsbedingungen in den Amazon Betrieben genauer anschaut.

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Freie Berufswahl oder marktkonforme Berufsberatung für Jugendliche

Wer bis 1997 als junger Mensch einen Termin bei der Berufsberatung hatte, konnte davon ausgehen, dass er dort eine vernünftige, seinen Eigenschaften, Neigungen, Interessen und persönlichen Situation entsprechende Beratung erhielt. Die Belange einzelner Wirtschaftszweige und ihrer Berufe waren zweitrangig. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich dann aber deutlich verändert. Als 1998 das Sozialgesetzbuch III (SGB III) in Kraft trat, sollte die Berufsberatung die Erteilung von Auskunft und Rat zur Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Berufe umfassen.

Seit dem Inkrafttreten des Job-AQTIV-Gesetzes zu Beginn des Jahres 2002 musste mit den jungen Ratsuchenden sogar eine schriftliche Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden, in der das Eingliederungsziel und konkrete Eigenbemühungen mit Nachweisen festgehalten werden. Wenn dann eine Einigung über die Ziele nicht möglich ist, sind „erforderliche Eigenbemühungen durch Verwaltungsakt“ festzusetzen. Das ist schockierend für die jungen Menschen, die eigentlich nur etwas Unterstützung bei der Berufswahl erwarten und nicht der Wucht einer Behörde ausgesetzt sein möchten.

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Die Berufsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung ist weg – das ist Verfassungsbruch!

Von den Nichtbetroffenen kaum bemerkt, ist im Rahmen der damaligen rot-grünen sozialen Kahlschlagpolitik schon seit 16 Jahren die Berufsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung verschwunden und das, obwohl jeder Vierte im Laufe seines Arbeitslebens berufsunfähig wird.

Die Berufsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurde zum 31.12.2000 abgeschafft und durch die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Erwerbsminderungsrente) ersetzt.

Laut Verbraucherzentrale NRW konnten im vergangen Jahr 40 Prozent aller Ratsuchenden keine vernünftige Berufsunfähigkeitsversicherung auf dem Versicherungsmarkt finden. Betroffen sind nicht die Menschen in Risikoberufen, sondern es geht hier um die einfache Krankenschwester oder den Mechatroniker.

Versicherungswissenschaftler behaupten, dass die damalige Regierung beim Zerfleddern der gesetzlichen Rente Verfassungsbruch begangen hat, denn das Sozialstaatsprinzip, das in Artikel 20 des Grundgesetzes verankert ist, wurde verletzt. Außerdem hat der Staat als Rechtstaat auch seine – ebenfalls aus Artikel 20 resultierende – Gewährleistungsverantwortung verletzt. Die Berufsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung ist weg – das ist Verfassungsbruch! weiterlesen →

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KAPOVAZ und das Märchen vom deutschen Jobwunder

Als der DGB Ende September 2016 die Ergebnisse seiner Untersuchung über die Arbeit auf Abruf vorstellte, wunderten sich alle Beteiligten über das Ausmaß, die dieser Beschäftigungsbereich mittlerweile bei uns erreicht hat. Bis zu 1,9 Millionen Menschen arbeiten in solchen Arbeitsverhältnissen. Sie sind zwar festangestellt, aber den Beschäftigten reicht ihr Entgelt nicht aus. Sie haben einen Arbeitsvertrag mit flexiblen Einsatzzeiten. Der Arbeitgeber sichert den Beschäftigten nur eine Mindeststundenzahl zu. Gleichzeitig müssen sie sich jedoch dafür bereithalten, jederzeit mehr zu arbeiten.

Diese aus den USA übernommene Form der Teilzeitarbeit wird KAPOVAZ (Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit) genannt und wurde bisher vor allem im Einzelhandel angewandt.

Die offiziell niedrigeren Arbeitslosenzahlen wurden dadurch erkauft, dass die Arbeitsmarktpolitik einen Graubereich im Niedriglohnsektor offenlässt, in dem Menschen auf Arbeitsplätzen zweiter und dritter Klasse arbeiten. So kann man auf sie auch komplett das betriebswirtschaftliche Risiko abwälzen.

Von einer Gegenwehr hat man bislang erstaunlich wenig gehört. KAPOVAZ und das Märchen vom deutschen Jobwunder weiterlesen →

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Sick out – ein effektives Arbeitskampfmittel

So etwas kommt doch gut. Arbeitskampfmaßnahmen, die wie ein Streik wirken, aber ohne, dass gestreikt wird.

Das gab es in der Luftfahrtbranche schon öfter. Im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen meldeten sich 1972, pünktlich zu den Olympischen Spielen in München, komplette Arbeitsgruppen geschlossen krank. Damals fielen in Westdeutschland 40.000 Flüge aus, rund 80.000 starteten mit Verspätung.

Als nun Anfang Oktober 2016 die Geheimverhandlungen zum Verkauf der TUIfly ins Ausland bekannt wurden und die schlechte Kommunikation seitens des Arbeitgebers zu den geplanten Umstrukturierungen, wiederholten sich die Aktionen.

Die Beschäftigten hatten in den früheren Sparpaketen und Arbeitsplatzabbaumaßnahmen schon reichlich Opfer bringen müssen, sie erfuhren nun aus der Presse, dass ihre Stellen gefährdet sind. So etwas macht krank, denn diese ständigen, nervenaufreibenden Wechselprozesse zwischen Hoffnung und Angst führen dazu, dass der Körper signalisiert, jetzt reicht es, ich kann nun nicht mehr.

Erst nach dem die Tuifly-Beschäftigten eine hohe Zahl an Krankheitstagen angesammelt hatte, war der Konzern zu Verhandlungen bereit. Die Krankheitswelle konnte dann mit Hilfe der Gewerkschaften ver.di und Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) eingedämmt werden, der TUI Konzern knickte ein und sagte am Ende sogar Arbeitsplatzgarantien und einen Bestandsschutz für drei Jahre zu. Sick out – ein effektives Arbeitskampfmittel weiterlesen →

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Die Stadt Dortmund erhöht die Fördersumme für die Schuldnerberatung – das ist gut, aber für die überschuldeten Menschen nicht ausreichend

Die Schuldnerberatung ist eine Pflichtaufgabe der Kommune. Mit der Beratung sind in Dortmund das Diakonische Werk, die Verbraucherzentrale und der Sozialdienst katholischer Männer und Frauen betraut, außerdem eine private Schuldnerberatung und die Beratung der Grünbau gGmbH.

Unter den 10 größten deutschen Städten ist Dortmund bei der Privatverschuldung hinter Duisburg auf Platz 2. Jeder siebte Dortmunder ist nach dem aktuellen Schuldner-Atlas überschuldet. Im Vergleich zu anderen Städten mit mehr als 400 000 Einwohnern wird für Dortmund die zweithöchste Schuldnerquote in Höhe von 14,01 Prozent ausgewiesen. Im Postleitzahlbezirk 44145 sind es sogar 28 Prozent, dort ist mehr als jeder 4. Bewohner überschuldet.

So, wie die Überschuldung in den vergangenen Jahren zugenommen hat, hat auch, trotz gestiegener Fördersummen, das gemeinnützige und kostenlose Beratungsangebot abgenommen. Die Stadt Dortmund erhöht die Fördersumme für die Schuldnerberatung – das ist gut, aber für die überschuldeten Menschen nicht ausreichend weiterlesen →

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Energiewende als Transformationsprozess – die Kosten der Konzerne werden in öffentliche Mittel umgewandelt

Was sich da in Washington abspielte, war nicht der Vorgriff auf die Praxis von TTIP, sondern eine Inszenierung, die es nach Ansicht vieler Freihandelsgegner eigentlich gar nicht geben dürfte. Ein Konzern, der schwedische Energieriese Vattenfall und ein Staat, die Bundesrepublik Deutschland, treffen sich zur mündlichen Verhandlung vor einem US-amerikanischen Schiedsgericht.

2011 wurde beschlossen, dass Deutschland aus der Atomenergie aussteigt. Vattenfall, eines der vier großen Energieunternehmen meint, dadurch enteignet zu werden und dass Deutschland gegen die internationale Energiecharta verstoßen habe. Deshalb verlangt der Energieriese 4,7 Milliarden Euro vom Bund.

Hier wird deutlich, wie Konzerne ihre Macht gebrauchen, um sich mit horrenden Schadenersatzforderungen über Entscheidungen demokratisch gewählter Parlamente hinwegzusetzen. Was uns bei der Energiewende noch erwarten kann, zeigen der Ausstieg aus der Atomenergie und das Ende der Kohleverstromung, wobei die Verluste der Unternehmen in öffentliche Mittel transformiert werden. Energiewende als Transformationsprozess – die Kosten der Konzerne werden in öffentliche Mittel umgewandelt weiterlesen →

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Der gesetzliche Mindestlohn wird zum 1. Januar 2017 um 34 Cent auf 8,84 Euro angehoben – ein Desaster für die Beschäftigten

Der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von derzeit 8,50 Euro brutto pro Stunde wird zum 1. Januar 2017 um 34 Cent auf 8,84 Euro angehoben, was einer Steigerungsrate von 4 Prozent entspricht.

Anfang 2015 wurde der gesetzliche Mindestlohn eingeführt, um die steigende Armut und Lohnungleichheit in Deutschland zu verringern, doch der Mindestlohn ist bislang wirkungslos geblieben, er hat weder die Armut gesenkt, noch die Lohnungleichheit verringert und verhindert keinesfalls die Altersarmut ganzer Bevölkerungsgruppen. Der gesetzliche Mindestlohn wird zum 1. Januar 2017 um 34 Cent auf 8,84 Euro angehoben – ein Desaster für die Beschäftigten weiterlesen →

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Die Gelbe Hand wird 30 Jahre alt – ein kleines Ständchen

Vor über 30 Jahren entstand in der Bundesrepublik ein Projekt der Gewerkschaftsjugend für Auszubildende und die jüngeren Beschäftigten, das sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit richtete. Die jungen Leute stellten sich im Betrieb, auf der Straße und überall im Alltag vor ihre zugewanderten Kolleginnen und Kollegen und nahmen sie vor Angriffen und aggressiven Sprüchen in Schutz. Aus dem Projekt entwickelte sich ein Verein der Gewerkschaften, sein Erkennungszeichen war die gelbe Hand und der Slogan „Mach meinen Kumpel nicht an“ war schnell in aller Munde.

Mit ihren Maßnahmen und Aktionen gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextremismus sowie für Gleichbehandlung in der Arbeitswelt spricht die Gelbe Hand vor allem junge Menschen an.

Der Verein, liebevoll kurz der “Kumpelverein” genannt, besteht nach wie vor, er bietet Service für alle, die etwas gegen Rassismus tun möchten. Die Gelbe Hand wird 30 Jahre alt – ein kleines Ständchen weiterlesen →

 

 

Bildbearbeitung: L.N.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.1.2017